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Das erste Opfer des Irak-Referendums

Rüdiger Lentz9. August 2006

Die Connecticut-Wahl, sonst eher ein lokales Ereignis, schlägt hohe Wellen. Sie wird die Innenpolitik der USA und die bevorstehenden Kongresswahlen im November massiv beeinflussen.

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"Nein, nein, nein, ich gebe nicht auf!" Mit diesen Worten begründete Senator Joe Liebermann, gerade bei den Vorwahlen der demokratischen Partei in Connecticut an seinem Gegenkandidaten Ned Lamont gescheitert, seine Absicht im November als Unabhängiger zu kandidieren.

Senator Lieberman ist kein Unbekannter in der amerikanischen Politik. Bei den Präsidentschaftwahlen 2000 war er Vizepräsidentschaftskandidat auf dem Ticket von Al Gore. Er ist einer der einflussreichsten Senatoren in Washington, gilt als Vertreter des "main stream", der politischen Mitte, und ist ein erklärter Befürworter des Irak Krieges. Und genau das wurde ihm jetzt zum Verhängnis. Denn bei den im November anstehenden Kongress- und Senatswahlen, bei denen die Demokraten hoffen die Mehrheit in beiden Häusern zurück zu gewinnen, geht es voranging um ein Thema: Für oder gegen den Irak Krieg, für oder gegen die Politik von Präsident Bush.

Wer wird der Nächste?

Liebermann, seit 18 Jahren Mitglied des US-Senats, ist nur das erste Opfer des anstehenden Referendums über die gescheiterte Irak-Politik des amerikanischen Präsidenten. Andere werden folgen: Denn Liebermann war mit seiner Unterstützung des Irak-Krieges unter den Demokraten nicht allein. Hillary Clinton, ihr Mann Bill Clinton und zahllose andere Abgeordnete, die glaubten aus patriotischen Gründen nicht beiseite stehen zu können, haben den Irak-Krieg unterstützt. Für Hillary, die unerklärte aber hoch favorisierte Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, könnte ihr Senatsvotum für den Krieg ähnlich wie jetzt für Liebermann auch das Aus ihrer politischen Ambitionen bedeuten.

In Ermangelung anderer Wahlkampfthemen – der Wirtschaft geht es gut, die Arbeitslosigkeit und Inflation sind niedrig – wird jetzt der Irak Krieg zum eigentlichen politischen Streitthema zwischen Demokraten und Republikanern. Und was noch bis vor wenigen Wochen unvorstellbar erschien wird jetzt unter Demokraten offen diskutiert: Der Termin eines vorzeitigen Truppenabzugs aus Irak. Genau das war das Erfolgsrezept von Ned Lamont in Connecticut. Denn der Herausforderer von Liebermann hatte die demokratische Parteibasis mit seiner Forderung: "Bring our Troops back!" – “Bringt unsere Truppen nach Hause!” erfolgreich mobilisiert.

Lamonts Erfolg ist damit auch ein Sieg des radikalen Parteiflügels über die gemäßigten Demokraten, deren Prominenz wie zum Beispiel Bill Clinton, Liebermann bis zuletzt unterstützt hatte.

Zwei Drittel dagegen

Für die demokratische Partei ist die Übernahme der erfolgreichen Wahlkampfstrategie von Ned Lamont allerdings nicht ohne Risiko: Denn so unpopulär der Irak Krieg in der amerikanischen Bevölkerung auch ist – fast zwei Drittel lehnen ihn ab – ein vorzeitiger Rückzug der USA mit dem damit möglicherweise verbundenen politischen Chaos im Irak, gilt als politisch verantwortungslos und ist mindestens eben so umstritten wie die Politik von Präsident Bush.

Keine schlechten Chancen

Noch steht die offizielle Wahlkampfstrategie der Demokraten für die Novemberwahl nicht fest, aber ein "Noch-Demokrat" hat sie schon: Senator Liebermann wird als Unabhängiger in Connecticut kandidieren und hofft, mit den Stimmen gemäßigter Demokraten und liberaler Republikaner wieder gewählt zu werden. Seine Chancen dafür stehen gar nicht schlecht. In Washington wird er sogar schon als möglicher Nachfolger von Don Rumsfeld im Amt des US-Verteidigungsministers gehandelt.