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"Daran denken, was uns verbindet"

14. Juli 2006

Die Stimmung unter der Bevölkerung im Libanon ist schwer zu dokumentieren. Telefonisch ist der Libanon derzeit kaum erreichbar. DW-WORLD hat sich Weblogs angeschaut, wo Blogger über ihre Erfahrungen berichten.

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'Wir wünschten, wir könnten Brücken zwischen den Menschen bauen, die sie nicht zerstören können'Bild: AP

Der Blogger "Jamal" schreibt:

"Heute Morgen wachte ich auf und dachte, Brasilien hätte Luxemburg oder irgendeine andere Fußballmannschaft geschlagen, bei all dem Feuerwerk und Gehupe, das ich hörte. Aber es stellte sich als etwas weniger wichtiges heraus. Die Hisbollah tat etwas, das sie schon vor Jahren angekündigt hat: Raketen auf Israel abfeuern. Israel schlug, wie erwartet, über den Luft- und Landweg zurück, aber griff nur Straßen an. Olmert verspricht, uns das Leben zur Hölle zu machen, aber ich denke, das ist nur heiße Luft. Warum? Weil jede weitere Eskalation der Hisbollah das Recht geben würde, zurückzuschlagen. Israel musste zurückschlagen. Sie hätten der Hisbollah diesen Akt der Aggression niemals durchgehen lassen. Deshalb griffen sie an, trafen Straßen und töteten Zivilisten. Am Ende werden sie sich hinsetzen und diskutieren."

Der Nutzer namens "Lebanon.porfile" schätzt die Situation folgendermaßen ein:

"Die politische Führung in Libanon ist stark verwirrt. Die Parteispitzen haben keine Idee wie sie auf diese Situation regieren reagieren sollen. Premierminister Saniora ist in Verhandlungsstimmung und in konstanter Verbindung mit ausländischen Führern. Das Leben geht normal weiter in Beirut, allerdings etwas ruhiger als sonst. Ich hatte ein paar Treffen heute Morgen, und so viel zu tun wie immer. Später gehe ich ins Fitnessstudio und heute Abend auf eine Party. Der Strom funktioniert, das Internet auch. Die Handynetze sind auch intakt. Ich bin sicher, dass die Situation im Norden Beireuts ähnlich ist. Die Situation im Süden Beiruts und in Südlibanon dagegen ist schlecht, aber nicht entsetzlich. Nicht vergleichbar mit der Invasion Israels von 1982. Dort sind Strom und Telefon ausgefallen."

"Dove's Eye View" schreibt dazu:

"Für diejenigen von Euch, die sich um die Sicherheit meiner Verwandten und mich sorgen: Selbst die Angriffe auf den Flughafen waren kein direkter Angriff. Erinnert Euch, die Libanesen haben dies schon vorher überstanden. Das Flugzeug meiner Mutter kreiste 1996 über eine Stunde über dem Flughafen Beiruts, während die Israelis die Stadt bombardierten. Ich mache mir Sorgen um den Libanon. (…) Aber ich mache mir keine Sorgen um meine Familie. Um offen und ehrlich über die ethnischen Zugehörigkeit zu sein: mein Dorf ist christlich. Die Israelis hatten seine Koordinaten schon seit Generationen. Sie haben nie libanesische Christen angegriffen. Es tut mir leid für die libanesischen Familien, die heute trauern."

"Johnnie" aus Israel äußert sich folgendermaßen:

"Ich sitze hier und höre die Helikopter nach Norden fliegen, höre die Nachrichtensprecher erklären, dass die Raketenangriffe auf Haifa an diesem Nachmittag fast mit Sicherheit Gegenschläge heute Nacht gegen Beirut bedeuten werden. Ich höre auf meine innere Stimme und frage mich, 'wer braucht das alles?'. Ich werde mich nicht zu der Politik äußern - die am falschen Ende anfängt. Ich will denjenigen auf der anderen Seite im Libanon sagen, dass es Israelis gibt, die sich um Euch sorgen, selbst wenn die Hisbollah uns angreift. Unsere Armee zerstört Brücken: wir wünschten, wir könnten Brücken zwischen den Menschen bauen, die sie nicht zerstören können. Ich möchte mich politisch nicht äußern, nicht, weil es nicht wichtig wäre, sondern heute Nacht, wenn ihr und wir angegriffen werden, auf beiden Seiten der Grenze, sollte man auch daran denken, was uns beide verbindet, die Menschlichkeit. Ich bete, dass diese Helikopter Euch heute Nacht in Frieden lassen." (lh)