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Dabei sein ist alles

Jennifer Fraczek26. Juni 2014

Ob in Mali, dem Südsudan oder Afghanistan - die Bundeswehr ist an den UN-Missionen in mancher Krisenregion beteiligt, aber mit zum Teil verschwindend geringen Kontingenten. Warum engagiert sich Deutschland nicht stärker?

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Bundestag verlängert Libanonmandat Flottenverband der UNIFIL
Bild: dapd

Die Bundeswehr wird auch in den nächsten zwölf Monaten bei der Stabilisierung der Lage in Mali helfen. Das Mandat für die weitere Beteiligung an der UN-Friedensmission Minusma hat der Bundestag am Mittwoch (25.06.2014) beschlossen. Bis zu 150 Soldaten kann die Bundeswehr in das krisengeschüttelte Land schicken. Verlängert wurde auch das Mandat für den Einsatz vor der Küste des Libanon, die Mission Unifil.

Deutschland ist ein großer Geldgeber für die Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Laut Auswärtigem Amt trägt es 7,1 Prozent zum Peacekeeping-Haushalt der UN bei. Beim Personal ist die Bundesregierung zurückhaltender. Mit rund 220 Soldaten ist die Bundeswehr an fünf UN-Missionen beteiligt: Zwei sind mit der Mission Minurso in der Westsahara, zwölf mit Unmiss im Südsudan, zehn mit Unamid im Sudan, 86 mit Minusma in Mali und 123 mit Unifil vor der Küste des Libanon. Zum Vergleich: Insgesamt verfügen die Missionen Minusma und Unifil über Kontingente von 7.300 beziehungsweise 10.000 Soldaten.

Die deutsche Beteiligung an diesen beiden UN-Missionen liegt also lediglich bei gut einem Prozent. Angesichts der Probleme in diesen Regionen mutet ein solches Engagement eher symbolisch an. So sieht das auch der Sicherheitsexperte Christian Mölling von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Aus Sorge um die Reaktionen der Bevölkerung auf militärische Einsätze in Krisengebieten, versuche die Bundesregierung die Einsätze klein zu halten. Die Botschaft: Wir beteiligen uns, aber nicht zu sehr.

Personalengpässe bei der Bundeswehr

Angesichts der großen Ziele, die UN-Einsätze wie Minusma haben (Stabilisierung des Landes, Aufbau funktionierender staatlicher Strukturen, Verbesserung der humanitären Lage), stellt sich aber die Frage, was eine deutsche Mini-Mission überhaupt ausrichten kann. Ihre Aufgaben in Mali lauten: Lufttransport in das Einsatzgebiet und innerhalb desselben, Unterstützung bei der Verlegung und der Folgeversorgung von Minusma-Kräften, Wahrnehmung von Führungs- und Beratungsaufgaben, Bereitstellung der Möglichkeiten zur Luftbetankung französischer Flugzeuge.

Deutschland Bundeswehr Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei Soldaten
Die Bundeswehr ist geschrumpft, Verteidigungsministerin von der Leyen will sie wieder attraktiver machenBild: picture-alliance/dpa

Aus der Sicht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Hellmut Königshaus, ist das ein wichtiger Beitrag für die Mali-Hilfe - zumal Minusma nicht das einzige Betätigungsfeld der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land sei. Sie ist auch an der EU-Mission EUTM beteiligt, bei der Militärs und Sicherheitskräfte ausgebildet werden.

Königshaus weist außerdem darauf hin, dass die Kapazitäten der Bundeswehr begrenzt seien. Seit der deutschen Wiedervereinigung ist die Zahl der Soldaten von 600.000 auf 180.000 gesunken, vor allem infolge der Wehrpflicht-Aussetzung im Jahr 2011. In einigen Gebieten sei deutsches Know-how besonders gefragt, etwa im Sanitätsdienst, beim Lufttransport oder bei der Wasseraufbereitung. "Im Rahmen seiner Möglichkeiten tut Deutschland sehr, sehr viel", sagt er.

Lieber NATO als UNO

Erfolg und Misserfolg sind dabei nicht einfach zu ermessen. Der Sicherheitsexperte Christian Mölling vermisst eine gründliche Evaluation bisheriger Einsätze: "Deswegen ist es auch schwer zu sagen, inwiefern ein Bundeswehreinsatz wie der in Mali das Land weiterbringt." Häufig seien Missionen nur auf dem Papier erfolgreich, sagt er, und nennt als Beispiele die EU-Missionen im Kongo und in Guinea-Bissau. Letztere sei offiziell erfolgreich beendet, de facto aber abgebrochen worden, weil dort nichts erreicht worden sei. Ziel war es dort, eine Armee zu etablieren.

An NATO- und EU-Missionen beteiligt sich Deutschland - wie andere europäische Staaten auch - übrigens reger als an UN-Missionen. Die Gesamtzahl der deutschen Soldaten in Auslandseinsätzen liegt bei 4.450. Mölling zufolge hat die Zurückhaltung bei UN-Missionen zwei Gründe: Die Europäer geben nicht gerne die Kontrolle über ihre eigenen Streitkräfte ab, und: Je weniger Nationen an einem Einsatz beteiligt sind, desto größer fällt die Aufmerksamkeit für den eigenen Beitrag aus.

Bundeswehr schlecht ausgerüstet?

Einige Medienberichte der vergangenen Tage haben noch eine andere Frage zum Thema Bundeswehreinsätze aufgeworfen: Sind die deutschen Streitkräfte für solche Missionen überhaupt gerüstet? Die Vereinten Nationen hatten nämlich mitgeteilt, auf die Verwendung der Transall-Maschinen der Bundeswehr in Mali künftig verzichten zu wollen. Die deutsche Nachrichten-Website Spiegel Online berichtete zudem über einen möglichen Abzug der Patriot-Abwehrraketenbatterien aus der Türkei - eine NATO-Mission unter Beteiligung Deutschlands. Grund sei die "mangelnde Durchhaltefähigkeit" der niederländischen und der deutschen Soldaten. Gemeint sei damit, dass es zu wenige Spezialisten auf dem Gebiet gibt.

Bundeswehr Mali Transall Flugzeug Flughafen Mopti
Transall-Flugzeug: Nicht gut genug für die UN?Bild: picture-alliance/dpa

Christian Mölling sieht in der Ausrüstung der Bundeswehr kein Problem: "Für die Aufgaben, die sie erfüllen soll, ist sie weitestgehend ausgerüstet." Die Streitkräfte Deutschlands und ganz Europas würden gerade kräftig modernisiert. Der CDU-Abgeordnete und Oberst a.D., Roderich Kiesewetter, wies in der Bundestagsdebatte am Mittwoch indes explizit darauf hin, dass "unsere Streitkräfte eine ausreichende Ausstattung brauchen, die auch in der Lage ist, in heiklen Klimaregionen zu bestehen". Er forderte zudem Europa dazu auf, seine Sicherheitskultur zu überdenken: "Wir haben immer gesagt: Deutschland ist von Freunden und Partnern umgeben - aber unsere Freunde und Partner sind es nicht mehr."