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"Düstere Zukunftsaussichten"

17. Mai 2010

Die jüngste Gewalteskalation in Thailand ist an diesem Montag Thema auf den Kommentarseiten der deutschen Tageszeitungen.

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Bild: picture-alliance/dpa

Frankfurter Allgemeine Zeitung:

"Es heißt, die Thailänder seien nicht bereit, sich von außen in ihre innenpolitischen Streitigkeiten hineinreden zu lassen. Das mag man für eine natürliche Reaktion halten, zumal in der Region das Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten sehr hoch gehalten wird. Aber es bleibt die Frage, wer denn im Lande in der Lage wäre, den schon mehrere Jahre schwelenden Konflikt zu einem friedlichen Ende zu bringen. Naheliegend wäre natürlich ein klärendes Wort aus dem Königspalast. In der Vergangenheit hat es das wiederholt gegeben. Aber König Bhumibol, schon in normalen Zeiten seinem Volk entrückt, ist seit einiger Zeit völlig von der Bildfläche verschwunden. Dem 82 Jahre alten Monarchen geht es gesundheitlich offenbar nicht gut, so dass man von ihm wohl nicht viel erwarten kann. Und da in beiden Konfliktparteien offensichtlich im Augenblick die Scharfmacher das Sagen haben, sieht die unmittelbare Zukunft eines der wichtigsten Länder Südostasiens düster aus. Wie viele Menschen müssen noch sterben, bis die politischen Führer endlich zur Vernunft kommen?"

Märkische Oderzeitung:

"Die in Bangkok demonstrierenden Rothemden versuchen der Regierung Abhisit das gleiche anzutun, was ihrem Lenker Thaksin 2006 durch die Gelbhemden passierte: mit brachialen Methoden eine Regierung zu stürzen. Der Konflikt ist so unerbittlich, weil die eigentlichen Ursachen so tief liegen: die ungebrochene Korruption im Staat und der scharfe Gegensatz von armem Norden und den reichen Stadteliten im Süden."

Neue Osnabrücker Zeitung:

"Viel wäre gewonnen, fände Thailand zu einer Waffenruhe. Allein, selbst in diesem - leider unwahrscheinlichen - Fall bliebe die Ruhe trügerisch. Denn zwischen Scharfschützenstellungen und Barrikaden im Zentrum der Hauptstadt Bangkok wird ja ein Konflikt um Grundsätzliches ausgetragen und nur vordergründig um Demonstrationsrecht und Wahltermin. Wie werden in diesem Land Macht und Reichtum verteilt? Das ist der Streitpunkt. Der wirtschaftliche Aufschwung in den vergangenen 20 Jahren ist an zwei Dritteln der Bevölkerung vorbeigegangen. Dieser Missstand befeuert die tödlichen Spannungen ebenso wie die schmalbrüstige Berechtigung der Regierung zum Regieren. Sie hat Ende 2008 unter putschartigen Umständen die Macht ergriffen. Doch ihr allein die Schuld zu geben griffe zu kurz. Der 2006 von den alten Unternehmer- und Militär-Eliten des Landes gestürzte Regierungschef Thaksin Shinawatra mimt bis heute den Rächer der Enterbten und stachelt seine rot behemdeten Anhänger auf. Dabei haben seine fünf Regierungsjahre das Einkommen der armen Bevölkerungsmehrheit kaum gemehrt, seinen schon zuvor enormen Reichtum aber sehr. Zwischen diesen Polen wird Thailand ohne Vermittlung kaum einen Weg finden zu halbwegs demokratischen und stabilen Verhältnissen."

Süddeutsche Zeitung:

"Waffen werden die ärmeren Schichten höchstens kurzfristig zum Schweigen bringen, ihren Frust aber nicht beenden. Thailand hat in den vergangenen Jahren eine rasante Modernisierung der Wirtschaft und massive Wachstumsraten erlebt. Doch längst nicht alle Menschen profitieren davon. Soziale und politische Reformen können mit dem Aufschwung nicht Schritt halten. Sie müssen dringend angegangen werden, sonst werden sich die Kämpfe, die Bangkok im Moment erlebt, auf andere Teile des Landes ausweiten."

Autorin: Esther Broders
Redaktion: Thomas Kohlmann