1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

CSU-Urgestein Wilfried Scharnagl gestorben

16. Oktober 2018

Der 79-Jährige war ein enger Vertrauter des langjährigen Parteichefs Franz Josef Strauß. 24 Jahre lang war er Chefredakteur der Parteizeitung "Bayernkurier". Scharnagl kämpfte schon länger mit gesundheitlichen Problemen.

https://p.dw.com/p/36dUs
Deutschland | CSU-Politiker Wilfried Scharnagl gestorben
Bild: picture-alliance/dpa/I. Kjer

Es ist eine bittere Woche für die CSU: Zwei Tage nach ihrem Absturz bei der Landtagswahl starb mit Wilfried Scharnagl das "Alter Ego" der CSU-Legende Franz Josef Strauß. Strauß sagte einst über ihn: "Scharnagl schreibt, was Strauß denkt; Strauß denkt, was Scharnagl schreibt".

Der Ruf von Scharnagl ist untrennbar mit Franz Josef Strauß und dem CSU-Parteiblatt "Bayernkurier" verbunden. 24 Jahre lang, von 1977 bis 2001, war er dessen Chefredakteur. In dieser Zeit entstand der Ruf der "Schwarzen Prawda", also ein Zentralorgan Bayerns, wie es die Prawda in der Sowjetunion unter Leonid Breschnew war. Aber auch die Christlich-Soziale Union von heute betrauert seinen Tod. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte: "Ein Stück CSU-Geschichte ist von uns gegangen."

Scharnagl - selbst im Ausland an der Seite von Strauß

Scharnagl war zusamen mit Strauß bei vielen Begegnungen mit Staatschefs. Etwa, als Strauß in China Deng Xiaoping traf. Er saß auch mit in der Cessna, die der damalige bayerische Ministerpräsident 1987 eigenhändig nach Moskau flog, um dort den Präsidenten Michail Gorbatschow zu treffen.

In knapp zwei Wochen hätte der aus dem Sudetenland stammende Scharnagl seinen 80. Geburtstag gefeiert. Schon in den vergangenen Wochen fehlte er ungewöhnlich häufig im CSU-Vorstand, dem er auch nach dem Tod von Strauß als kooptiertes Mitglied weiter angehören durfte.

Deutschland | CSU-Politiker Wilfried Scharnagl gestorben
Wilfried Scharnagl und Franz Josef Strauß - einst eine Art Traumpaar der CSU (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/S. Simon

Sich gegen Scharnagl stellen? In der CSU bis zuletzt keine gute Idee

Noch 2014 spannte die CSU-Spitze den Historiker an der Seite von Peter Gauweiler als Lokomotive für den Europa-Wahlkampf ein - doch das wortmächtige Granteln über Brüssel kam bei den Wählern damals nicht an, die CSU fuhr eine Rekordpleite ein.

Zu allen Vorsitzenden nach Strauß - also Theo Waigel, Edmund Stoiber, Erwin Huber und Horst Seehofer - habe Scharnagl "ein freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis" gepflegt, heißt es in der CSU. Scharnagl war damit so etwas wie die personifizierte Brücke in die Strauß-Vergangenheit; ein schlechtes Verhältnis zu ihm hätte sich kein CSU-Chef erlauben können. Scharnagl besaß auch den letzten BMW von Strauß, erst im vergangenen Jahr verkaufte er ihn an den jetzigen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. Von den Strauß-Kindern bekam Scharnagl nach dessen Tod zudem seine Uhr geschenkt.

"Bayern kann es auch allein"

Aufsehen erregte Scharnagl zuletzt 2012, als er sein Buch "Bayern kann es auch allein" veröffentlichte - ein Plädoyer für die Unabhängigkeit des Freistaats. Aus seiner Sicht befand sich Bayern seit 1871 auf einem historischen Irrweg, weil Ludwig II. Bayerns
Souveränität geopfert hatte. Das Land war damals dem von Preußen dominierten zweiten Kaiserreich beigetreten.
 

bru/jj /dpa, afp)