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Politik

Expertenrat empfiehlt Kontaktbeschränkungen

20. Dezember 2021

Der neue Corona-Expertenrat der Bundesregierung erwartet im Pandemiegeschehen eine "Omikronwelle" und rät zu weitgehenden Kontaktbeschränkungen. Und das am besten sofort und bundesweit abgestimmt.

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Deutschland Corona-Pandemie | Weihnachtsmarkt in Köln
Massenansammlungen wie auf dem Kölner Weihnachtsmarkt sollen untersagt werdenBild: Thilo Schmuelgen/REUTERS

Die Omikron-Variante des Coronavirus werde Deutschland in den kommenden Wochen und Monaten vor "enorme Herausforderungen" stellen, heißt es in einer Stellungnahme des Expertenrats. Und dann weiter: "Die Omikronwelle trifft auf eine Bevölkerung, die durch eine fast zweijährige Pandemie und deren Bekämpfung erschöpft ist und in der massive Spannungen täglich offenkundig sind."

Deshalb bestehe "Handlungsbedarf" bereits für die kommenden Tage. "Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten, insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen", empfehlen die Experten in ihrer ersten Stellungnahme. Essenziell sei dabei eine umfassende Kommunikationsstrategie mit nachvollziehbaren Erklärungen der neuen Risikosituation und der daraus folgenden Maßnahmen. Die Omikronwelle lasse sich in dieser hochdynamischen Lage nur durch entschlossenes und nachhaltiges politisches Handeln bewältigen.

In der vierten und bislang stärksten Infektionswelle nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie arbeite das deutsche Gesundheitssystem aktuell unter sehr hoher Last, heißt es. Schwerwiegende Verluste im Personalbereich der Krankenhäuser seien eingetreten und würden weiter zunehmen. "Die aktuell sinkenden Inzidenzen werden von weiten Teilen der Gesellschaft und Politik als Zeichen der Entspannung wahrgenommen. Die zu erwartende Meldeverzögerung über die kommenden Feiertage wird diesen Eindruck weiter verstärken." Dieser sei aber nicht gerechtfertigt, warnen die Experten.

Deutschland | Coronavirus | Boosterimpfung
Eine Frau erhält in Nürnberg eine Booster-ImpfungBild: Lukas Barth/REUTERS

Dem Corona-Expertenrat zur Beratung der Bundesregierung gehören unter anderem die Virologen Christian Drosten, Hendrik Streeck und Melanie Brinkmann an sowie die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx. Auch Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission STIKO und der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, sitzen in dem Gremium.

Boostern allein reicht nicht

Insbesondere für Ältere und andere Personen mit bekanntem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf sei "höchste Dringlichkeit" geboten. Modelle zeigten, dass Boosterimpfungen alleine keine ausreichende Eindämmung der Omikronwelle bewirkten, sondern "zusätzlich Kontaktbeschränkungen" notwendig seien. "Neben den notwendigen politischen Entscheidungen muss die Bevölkerung intensiv zur aktiven Infektionskontrolle aufgefordert werden", so die Experten. "Dazu gehören die Vermeidung größerer Zusammenkünfte, das konsequente, bevorzugte Tragen von FFP2 Masken, insbesondere in Innenbereichen, sowie der verstärkte Einsatz von Schnelltests bei Zusammenkünften vor und während der Festtage."

Die aktuell geltenden Maßnahmen müssten "noch stringenter" fortgeführt werden. "Parallel sollte die Impfkampagne erheblich intensiviert werden. Die Boosterimpfungen, wie auch die Erst- und Zweitimpfungen, müssen auch über die kommenden Feiertage mit allen verfügbaren Mitteln fortgesetzt und weiter beschleunigt werden. " Nationale und internationale Modellierungen der Infektionsdynamik und möglicher Spitzen-Inzidenzen zeigten eine "neue Qualität der Pandemie" auf, heißt es.

Omikron-Inzidenz steigt rasant

"Die in Deutschland angenommene Verdopplungszeit der Omikron-Inzidenz liegt aktuell im Bereich von etwa 2-4 Tagen." Durch die derzeitig gültigen Maßnahmen sei diese Verdoppelungszeit im Vergleich zu England zwar etwas langsamer, aber deutlich schneller als bei allen bisherigen Varianten. "Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne", heißt es weiter. "Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur unseres Landes extrem belastet."

Die Omikron-Variante bringe eine "neue Dimension" in das Pandemiegeschehen. Omikron zeichne sich durch eine stark gesteigerte Übertragbarkeit und ein Unterlaufen eines bestehenden Immunschutzes aus.

Niederlande Rotterdam | Lockdown | Leere Straßen
Leere Straßen in den Niederlanden wegen des erneuten Lockdowns, weil die Omikron-Variante sich so schnell ausbreitetBild: Abdullah Asiran/Anadolu Agency/picture alliance

Bund-Länder-Treffen schon am Dienstag

Die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus könnte schon bald schärfere Maßnahmen zum Infektionsschutz nach sich ziehen. Noch vor Weihnachten beraten Bund und Länder über das weitere Vorgehen - darauf verständigten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Bei den Bund-Länder-Beratungen am Dienstag soll es um vorbereitende Maßnahmen zum Schutz der kritischen Infrastruktur gehen, aber auch um weitere Kontaktbeschränkungen, die das Gesundheitssystem vor einer drohenden Überlastung infolge der Omikron-Welle bewahren sollen.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen brachte derweil einen Lockdown nach den Feiertagen ins Spiel. "Wir müssen mit unseren Maßnahmen vor die Omikron-Welle kommen. Unser heutiges Handeln bestimmt die morgige Pandemie-Lage", sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur. "Angesichts der äußerst hohen Übertragbarkeit von Omikron werden wir um einen Lockdown nach Weihnachten vermutlich nicht herumkommen. Ein mögliches Szenario wäre ein gut geplanter Lockdown Anfang Januar."

Dagegen hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Sonntag einen Lockdown vor Weihnachten ausgeschlossen. Auf die Frage, was mit der Zeit nach den Festtagen sei, sagte der SPD-Politiker im Fernsehen: "Ich glaube, auch da werden wir keinen harten Lockdown haben." Er schrieb aber auf Twitter, man müsse eine offensive Booster-Impfkampagne fahren und "die Maßnahmen der Kontaktreduktion verschärfen".

mak/sti/kle (dpa, afp, rtr)