1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Commerzbank-Chef Zielke schmeißt hin

3. Juli 2020

Die Commerzbank steht mit dem Rücken zur Wand, sie muss ihre Kosten weiter drastisch senken. Nach einem heftigen Streit um die künftige Strategie nehmen sowohl der Vorstandschef als auch der Aufsichtsratschef ihren Hut.

https://p.dw.com/p/3elCK
Deutschland Frankfurt Bilanzpressekonferenz Commerzbank-Chef Martin Zielke
Commerzbank-Chef Martin ZielkeBild: Imago Images/R. Unkel

Nach einem erneuten Gewinneinbruch wollte Bankchef Martin Zielke den Sparkurs nochmals verschärfen. Jetzt bietet er überraschend seinen Rücktritt an. "Ich möchte damit den Weg für einen Neuanfang freimachen", erklärte Zielke. "Die Bank braucht eine tiefgreifende Transformation und dafür einen neuen CEO, der vom Kapitalmarkt auch die notwendige Zeit für die Umsetzung einer Strategie bekommt."

Der 57-Jährige steht seit 2016 an der Spitze der Commerzbank. Nach den gescheiterten Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank im Frühjahr 2019, die Zielke vorangetrieben hatte, stellte er im Herbst eine neue Strategie vor. Mit diesem Weg werde die Bank aus eigener Kraft im harten Wettbewerb bestehen, so Zielke damals.

Streit um Sparpläne

Zuletzt war die Kritik an seinem Kurs lauter geworden. Aufseher und Investoren nannten die Sparpläne zu wenig ambitioniert. Der US-Finanzinvestor Cerberus, mit einem Aktienanteil von gut fünf Prozent der zweitgrößte Anteilseigner des Instituts, warf dem Commerzbank-Management Versagen und eine verfehlte Strategie vor. "Die unausgereiften und schlecht umgesetzten Bemühungen der Geschäftsführung, den Niedergang der Commerzbank zu verhindern, demonstrieren ein Maß an Fahrlässigkeit und Arroganz, welches wir nicht länger hinzunehmen bereit sind", heißt es in einem Schreiben des Investors Cerberus.

Auch der deutsche Staat, mit 15,6 Prozent größter Aktionär des Geldhauses, forderte höhere Vorgaben. Das Bundesfinanzministerium erklärte, der Bund sei an einer starken und zukunftsträchtigen Commerzbank interessiert. Die Commerzbank spiele eine zentrale Rolle für die Mittelstands- und Exportfinanzierung der deutschen Wirtschaft. Zugleich dankte das Bundesfinanzministerium der Konzernspitze "ausdrücklich für ihr außerordentliches Engagement unter schwierigen Bedingungen".

Keine ausreichende Akzeptanz für Commerzbank 5.0

Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann beugt sich wie Zielke dem Druck der Investoren. "Die Strategie Commerzbank 5.0 hat keine ausreichende Akzeptanz im Kapitalmarkt gefunden. Das zeigt der Aktienkurs", sagte Schmittmann. Deshalb werde er sein Amt zum 3. August niederlegen.

Wie die Commerzbank am Freitag mitteilte, steht für Zielkes Abgang noch kein Datum fest, doch werde sein Vertrag spätestens Ende des Jahres "einvernehmlich" beendet. Der Aufsichtsrat werde dazu in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch einen Beschluss fassen.

Jede vierte Stelle auf der Kippe?

Seit Monaten feilt die Commerzbank an neuen Sparplänen, die sie spätestens mit den Zahlen zum zweiten Quartal Anfang August präsentieren will. Klar ist schon heute: Dem verschärften Sparkurs werden deutlich mehr Jobs und Filialen zum Opfer fallen als bislang geplant.

Einem Insider zufolge ist der Abbau von weiteren 7000 Stellen in der Diskussion, die zu der bereits im vergangenen Herbst angekündigten Streichung von 4300 Arbeitsplätzen bis 2023 hinzukämen. Damit ist jede vierte Stelle bei dem MDax-Konzern bedroht. Zudem steht die Schließung von 400 der 1000 Commerzbank-Filialen im Raum, doppelt so viele wie bisher geplant. Ende des ersten Quartals 2020 hatte die Bank auf Vollzeitbasis knapp 40.000 Mitarbeiter.

qu/rb (dpa, afp, rtr)