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Ein Namibier beim HSV

24. Januar 2011

Collin Benjamin ist im ehemaligen Township Katutura in Namibias Hauptstadt Windhoek aufgewachsen. Weil ihn dort kein Talentspäher entdeckte, reiste er im Alter von 21 Jahren nach Hamburg. Sein Ziel: Profi werden.

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Porträt des Namibiers Collin Benjamin, Fußball-Profi beim Bundesligisten Hamburger SV. Foto: Felix Hoffmann
Collin BenjaminBild: Felix Hoffmann
Collin Benjamin, eingerahmt von zwei Gegenspielern des FC Bayern München. Foto: dpa
Benjamin hat sich durchgekämpftBild: dpa

Es war eine Reise ins Ungewisse, die Collin Benjamin 1999 antrat. Auf den Straßen Katuturas in Windhoek hatte er, wie so viele Jungen dort, mit dem Fußball angefangen. Bei den Civics FC Windhoek spielte er zuletzt. Doch die große Karriere schien ihm versagt. "Also habe ich Betriebswirtschaftlehre (BWL) studiert. Im zweiten Jahr habe ich das abgebrochen, um hierher zu kommen", erzählt Benjamin in Hamburg. Gegen den Willen seiner Eltern wollte Benjamin sein Glück in der Fremde erzwingen, obwohl er mit 21 Jahren für einen Fußballer vor dem großen Sprung gar nicht mehr so jung war.

Doch zunächst ging es nur in kleinen Schritten voran. Germania Schnelsen und Rasensport Elmshorn hießen seine ersten Stationen. Bei einem Spiel fiel der Namibier dem Trainer der HSV-Nachwuchsmannschaft, Stefan Böger, auf und der holte Benjamin in sein Team. Wenig später gab er sein Bundesligadebüt. Inzwischen ist er der dienstälteste HSV-Profi, auch wenn er zuletzt immer wieder verletzt war und wenig spielte.

Zurück nach Namibia

Collin Benjamin vor dem gegnerischen Tor. Spielszene: HSV gegen Dortmund. Foto: dpa
Verteidiger mit OffensivdrangBild: dpa

Doch so langsam macht sich der 32-jährige Benjamin, dessen Vertrag im Sommer 2011 ausläuft, auch Gedanken um die Zukunft und dabei spielt auch Katutura eine Rolle. "Meine Mutter und meine ganzen Verwandten wohnen immer noch dort. Alle Freunde sind noch da. Wenn du dort draußen sitzt, sind innerhalb von zehn Minuten zwanzig Leute da. In einer Stunde ist es eine ganze Gemeinde und alles lacht. Man ist halt gerne in Katutura, auch wenn Katutura in der Sprache der Herero übersetzt ´Ort an dem wir nicht leben möchten´ heißt."

Auch heute gibt es viel Armut in dem fast ausschließlich von Schwarzen bewohnten Stadtviertel. Wie in ganz Namibia ist Aids ein großes Problem. Benjamin möchte seinen Teil dazu beitragen, dass sich die Situation für die Bevölkerung dort ein kleines Stück verbessert. "Vielleicht können wir einen vernünftigen Rasenfußballplatz errichten. Das ist für uns Luxus. Wenn wir das realisieren können, bin ich auch ein Stück weit glücklich."

Ehrgeiz und Lockerheit

In Deutschland beeindruckt ihn vor allem der Ehrgeiz der Menschen. Eine Eigenschaft, die ihn allerdings auch selbst auszeichnet. Für seine persönliche Zukunft hat er sich eines geschworen: "Ich werde zu Ende studieren. Vielleicht nicht BWL. Ich interessiere mich jetzt für Psychologie, mentales Training. So etwas vielleicht."

Nach elf Jahren hat sich das Bild von Deutschland, diesem für ihn ehemals fremden Land, jedenfalls gewandelt. "Als ich hierher kam, dachte ich: Deutschland ist Bratwurst und Bier. Meine Mutter hat gesagt: Junge, du musst aufpassen, dass du nicht nur Bier trinkst, sondern vernünftig bist." Inzwischen sagt er: "Wenn man die Mischung von deutschem Ehrgeiz und afrikanischen Lockerheit hätte, dann hat man vielleicht einen perfekten Menschen."

Autor: Felix Hoffmann
Redaktion: Stefan Nestler