1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lob des Scheiterns

Ernst Weber24. Dezember 2008

Klaus Krinner scheiterte, als er erstmals einen Weihnachtsbaum aufstellen sollte. Also erfand er einen Ständer mit neuartigem Mechanismus - und versorgt damit heute die ganze Welt.

https://p.dw.com/p/GLJh
Kinder vor verwirbeltem Weihnachtsbaum (Foto: dpa)
Schön ist, wennn er stehtBild: AP

Es ist Weihnachten 1988, als Klaus Krinner versucht, im Wohnzimmer seines Bauernhofes eine Blautanne aufzustellen. Es ist das erste Mal. Bislang hatte das immer sein Vater übernommen. Obwohl der Landwirt handwerklich begabt ist, mag die Tanne nicht, wie Krinner sich das vorstellt. Schuld daran ist der Christbaumständer. "Da hab ich sofort gesehen - das funktioniert nicht recht. Ich habe dann sofort überlegt, wie könnte ich das machen." Er brauchte bis zum September des folgenden Jahres. "Auf einmal kommt es mir in der Früh. Jetzt weiß ich, wie es geht." Er machte eine Skizze, baut einen Prototyp. "Nach vier Stunden ist das Ding gegangen", erinnert er sich.

Einfach genial

Krinners Idee war einfach und genial. Ein Drahtseil, das vier Metallklauen miteinander verbindet, schlingt sich um den Stamm des Christbaumes und hält ihn fest. Gespannt wird das Seil mit Hilfe eines bequem zu bedienenden Fußpedals. Noch heute ist der inzwischen 70-Jährige sichtlich stolz, wenn er die Überlegenheit seines Produktes demonstrieren darf: "Es ist so: Der Einseilchristbaumständer passt sich mit den Klauen an - so wie der Stamm gewachsen ist - bombenfest."

Christbaumstaender Produzent Klaus-Krinner
Der Erfinder: Klaus KrinnerBild: picture-alliance/dpa

In Deutschland ist Krinners Firma heute Marktführer. Rund 30 verschiedene Christbaumständer hat sie im Programm. Von der schlichten Standardversion bis hin zum Designerobjekt aus Edelstahl und exklusiven Hölzern. Wer es gerne auffällig liebt, bekommt den Ständer auch mit über 9000 Swarowski-Steinen verziert. Solch ein ausgefallenes Teil ist natürlich nicht ganz billig: Kaufhäuser wie das Kadewe in Berlin oder Harrods in London verkaufen dieses Schmuckstück aus Niederbayern für rund 10.000 Euro.

Ständer aus der Waffenfabrik

An den ersten Christbaumständer, den Klaus Krinner vor inzwischen fast 20 Jahren auf seinem Bauernhof herstellte, erinnern die heutigen Modelle allerdings nur noch sehr entfernt: "Den haben wir einfach nur aus Alteisen zusammengeschweißt, darum war er so billig. Und dann wollte ich ihn in Deutschland bauen lassen, da wäre er aber viel, viel zu teuer geworden."

In dieser Situation kommt dem niederbayerischen Erfinder der Zusammenbruch des Ostblocks entgegen. Dort wartet Anfang der 1990er Jahre ein Millionenheer von Arbeitskräften auf neue Aufgaben. Krinner setzt sich zusammen mit einem seiner polnischen Erntehelfer ins Auto und klappert ehemalige Industriekombinate ab.

BdT Weihnachtsbaum auf dem Fahrrad
Die eigentliche Aufagbe kommt nochBild: AP

In einem früheren polnischen Rüstungsbetrieb wird Krinner schließlich fündig. Die dortigen Arbeiter haben das Know-how, um die erste Serie von Krinners Christbaumständern in der gewünschten Qualität herstellen zu können. "Zur damaligen Zeit war der Monatslohn eines Arbeiters 20 Mark, 10 Euro. Darum ist es gegangen. Sonst wäre es sehr schwer gewesen, so schnell in den Markt reinzukommen", sagt Krinner.

Jahresumsatz 27 Millionen

Krinner lebte damals noch von der Landwirtschaft. Der Christbaumständerverkauf war zunächst nur ein Zubrot. Doch das änderte sich schnell. Aus dem Bauer ist inzwischen ein Unternehmer geworden. 42 Angestellte beschäftigt die Krinner-Gruppe und erzielt einen Jahresumsatz von 27 Millionen Euro. In Osteuropa lässt Krinner längst nicht mehr fertigen. Die Krinner-Produkte kommen jetzt aus dem Bayerischen Wald: "Das geht alles maschinell – alles ist sehr gut rationalisiert und jetzt kann man das auch in Deutschland machen.“

Die Firma Krinner hat sich aber nicht auf ihren Lorbeeren ausgeruht. Vor zwei Jahren brachte sie eine kabellose Christbaumkerze auf den Markt, die sich per Fernbedienung ein und ausschalten lässt. "Ganz am Anfang steht immer ein Problem, das der Verbraucher hat", sagt Geschäftsführer Michael Kassube. "Jeder hat doch schon irgendwann in irgendwelchen Knoten von Kabeln gesteckt."

Vom Weihnachtsgeschäft hat sich die Firma Krinner inzwischen emanzipiert. Denn neben Christbaumständern und kabellosen Kerzen hat Krinner auch so genannte Schraubfundamente entwickelt. Das sind überdimensionierte Dübel, mit denen man beispielsweise Gartenzäune, Verkehrszeichen oder Fahnenmasten im Erdreich befestigen kann. Mittlerweile bietet Krinner auch Sockel für Solarzellen an. Zusammen mit einem dänischen Investor plant der niederbayerische Mittelständler in der Nähe seiner Firmenzentrale den Bau eines Solarparks. Die Krinner-Gruppe würde den Park bauen und anschließend an die dänischen Betreiber verpachten. Insgesamt soll die Anlage 150 Hektar umfassen und eine Spitzenleistung von 50 Megawatt erreichen. Krinners Solarpark wäre damit weltweit einer der größten.