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China vermeldet "Geständnis"

19. Juli 2015

China greift weiter hart gegen Anwälte und Menschenrechtsaktivisten durch. In der Haft hat der prominente Anwalt Zhou Shifeng "illegale" Aktivitäten gestanden. Er ist der Verteidiger der "Zeit"-Mitarbeiterin Zhang Mio.

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Firmenschild der Kanzlei Fengrui in Peking (Foto: AP)
In der Kanzlei Fengrui in Peking arbeitete der Jurist Zhou Shifeng bisherBild: picture alliance/AP Photo/M. Schiefelbein

Der Rechtsanwalt der chinesischen Journalistin und "Zeit"-Mitarbeiterin Zhang Miao soll ein Geständnis abgelegt haben. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldet, Zhou Shifeng habe sich nach seiner Festnahme schuldig bekannt und um eine "zweite Chance" gebeten. Teile seiner Tätigkeit bei der Pekinger Kanzlei Fengrui seien "illegal" und "kriminell" gewesen. "Meine Fehler waren schwerwiegend", sagte Zhou demnach in Polizeigewahrsam. Einen von seiner Familie bestellten Anwalt durfte Zhou nicht treffen, wie die Hongkonger Bügerrechtsgruppe Rights Defense Network mitteilte.

In China wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen im Juli landesweit mehr als 130 Anwälte und Aktivisten festgenommen, etwa 100 weitere wurden zum Verhör vorgeladen oder verschwanden spurlos. Etliche Verdächtige kamen inzwischen wieder frei. Amnesty International sprach von einer landesweiten Einschüchterungskampagne gegen Menschenrechtsaktivisten.

"Kriminelle Vereinigung"

Laut Xinhua wurden neben Zhou neun weitere Anwälte der Kanzlei Fengrui sowie mehrere ihrer Mitarbeiter festgenommen und Strafverfahren gegen sie eingeleitet. Nach Berichten staatlicher Medien wird ihnen Mitgliedschaft in einer "kriminellen Vereinigung" vorgeworfen.

Viele Verdächtige hätten zugegeben, dass die Kanzlei Fengrui Fälle aufgebauscht und politisiert habe, um internationale Aufmerksamkeit zu erlangen, berichtet die "Volkszeitung", das Parteiorgan der regierenden Kommunistischen Partei. Vor Gerichtsgebäuden habe die Kanzlei Proteste organisiert, um positive Urteile für ihre Mandanten zu erwirken. Ein solches Vorgehen sei nahezu erpresserisch, meldet die Agentur Xinhua.

Zhou war am Freitag vergangener Woche in Peking festgenommen worden - nur wenige Stunden nachdem die Behörden seine Mandantin Zhang nach neun Monaten Haft freigelassen hatten. Der Direktor der Kanzlei Fengrui hatte neben der Mitarbeiterin der Wochenzeitung "Die Zeit" unter anderem Familien vertreten, deren Kinder durch verunreinigtes Milchpulver erkrankt waren. In diesem Jahr verteidigte er zudem einen 81-jährigen Autor, der wegen Kritik an der regierenden Kommunistischen Partei festgesetzt wurde.

Auch Anwältin Wang in Haft

Unter den anderen Festgenommen ist auch die bekannte Menschenrechtsanwältin Wang Yu, die ebenfalls für die Kanzelei Fengrui tätig ist. Wie ein Freund ihrer Familie der Nachrichtenagentur AFP sagte, wurde in dieser Woche auch ihr 16-jähriger Sohn mehrfach von der Polizei verhört, um sie unter Druck zu setzen. Vor der Wohnung ihrer Eltern in der Stadt Tianjin stehen demnach Polizeibeamte, die die Familie ständig verfolgen. Wang Yu hatte unter anderem prominente Dissidenten wie den uigurischen Ökonomen Ilham Tohti verteidigt.

Die "Zeit"-Mitarbeiterin Zhang war nach Recherchen über die Proteste für freie Wahlen in Hongkong im Oktober in Peking festgenommen worden. Ihr wurde die "Erregung öffentlichen Ärgernisses" vorgeworfen. Zhang hatte der damaligen "Zeit"-Korrespondentin Angela Köckritz bei Recherchen zur Demokratiebewegung in Hongkong geholfen. Auch Köckritz wurde mehrfach von Polizei und Sicherheitsbehörden verhört. Als sie befürchten musste, wegen staatsfeindlicher Aktivitäten in Untersuchungshaft zu kommen, verließ sie Mitte Oktober China. Von Deutschland aus engagierte sie sich für die Kampagne #freemiao, um Politik und Öffentlichkeit zu mobilisieren.

Kampagne für inhaftierte "Zeit"-Mitarbeiterin in China (Foto: zeit.de)
Unter diesem Hashtag versuchte eine Kampagne, Zhang Miao zu helfenBild: Die Zeit

Zhangs Verteidiger Zhou Shifeng sagte der Deutschen Welle am 9. Juli, die Staatsanwaltschaft in Peking habe beschlossen, seine Mandantin nicht anzuklagen. Das Verfahren sei endgültig eingestellt worden. Der Jurist geht davon aus, dass die Beweislage nicht ausreichte. Er sprach gegenüber der DW von einem Imageverlust der Behörden.

kle/wa (afpd, dpae, rtre)