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Tibetkrise spitzt sich zu

20. März 2008

China hat erstmals zugegeben, dass es zur Niederschlagung des Protests scharfe Waffen eingesetzt hat. Trotz der Eingeständnisse hat das Land seine Truppen in Tibet verstärkt. Die Welt blickt besorgt zum Dach der Welt.

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Tibetische Flüchtlinge beten in Nepal (Quelle: AP, 15.03.2008)
Tibetische Flüchtlinge beten für den Frieden - doch der scheint entfernter denn jeBild: AP

Die Lage in Tibet spitzt sich weiter zu. China hat seine Truppenpräsenz in Tibet und den angrenzenden Gebieten weiter verstärkt. Hunderte paramilitärische Polizisten rückten am Donnerstag (20.03.2008) in mindestens 80 Lastwagen in den Südosten der Himalaya-Provinz ein, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Auch in den Nachbarprovinzen gab es demnach neue Truppenaufmärsche. Zugleich räumte die chinesische Regierung erstmals ein, dass sich die Unruhen ausgeweitet haben.

China: "Polizisten handelten aus Notwehr"

Bei Ausschreitungen in einem tibetischen Gebiet der chinesischen Provinz Sichuan wurden vier Protestierende bereits am Sonntag mit Schüssen verletzt. Die Polizei habe in Notwehr gehandelt, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Es war das erste Mal seit Beginn der Proteste vor knapp einer Woche, dass die Regierung Schüsse auf Demonstranten bestätigte. Der Zwischenfall ereignete sich demnach im Bezirk von Aba. Dort wurden am Sonntag laut Xinhua Geschäfte und Regierungsgebäude angegriffen.

Demonstranten in Lhasa (Quelle: AP, 14.03.2008)
Demonstrieren bleibt in Lhasa lebensgefährlichBild: AP

Ähnliche Vorfälle habe es in fünf Regionen der Provinz Gansu gegeben. Sicherheitskräfte hätten die Lage aber wieder unter Kontrolle gebracht.

Das tibetische Fernsehen zeigte Bilder von der Verhaftung von 24 Demonstranten in Tibets Hauptstadt Lhasa. Ihnen wurde eine Gefährdung der nationalen Sicherheit sowie Körperverletzung, mutwillige Sachbeschädigung, Plünderung und Brandschatzung zur Last gelegt.

Dalai Lama bittet Staatengemeinschaft um Hilfe

Der Dalai Lama bot Peking erneut Gespräche an und bat die internationale Gemeinschaft um Hilfe. Die Menschen in Tibet seien hilflos und unbewaffnet, erklärte das geistliche Oberhaupt der Tibeter in seinem Exil im nordindischen Dharamsala. Er habe sich stets nur für mehr Autonomie eingesetzt: "Hundert Mal, tausend Mal habe ich das wiederholt. Es ist mein Mantra - wir wollen keine Unabhängigkeit."

Dalai Lama (Quelle: AP)
Der Dalai Lama fordert nicht die Unabhängigkeit TibetsBild: AP

Er sei zu Gesprächen mit der chinesischen Regierung über den aktuellen Konflikt bereit, sagte der Friedensnobelpreisträger weiter. Nach Peking werde er dafür aber nur reisen, wenn es "eine wirkliche, konkrete Entwicklung" gebe.

Gordon Brown will Dalai Lama treffen

US-Außenministerin Condoleezza Rice rief ihren chinesischen Kollegen Yang Jiechi zur Zurückhaltung im Umgang mit den tibetischen Demonstranten auf. Rice und Yang telefonierten nach Angaben des US-Außenministeriums am Mittwochabend 20 Minuten lang. Rice forderte China demnach auch zur Aufnahme von Gesprächen mit dem Dalai Lama auf.

Das Außenministerium in Peking äußerte sich "ernsthaft besorgt" über eine Ankündigung des britischen Premierministers Gordon Brown, im Mai mit dem Dalai Lama zusammenzutreffen. Außenamtssprecher Qin Gang forderte laut Xinhua, dass kein Staat dem buddhistischen Geistlichen ein politisches Forum bieten dürfe.

China duldet keine ausländischen Beobachter

Nepalesische Polizei nimmt Demonstranten vor dem UN-Büro in Katmandu fest (Quelle: AP, 17.03.2008)
Die nepalesische Polizei nimmt Demonstranten vor dem UN-Büro in Katmandu festBild: AP

Die chinesischen Behörden riegelten Tibet und die angrenzenden Provinzen derweil für alle Ausländer ab. Als einer der letzten unabhängigen Beobachter verließ der deutsche Journalist Georg Blume die Region. China habe alle Ausländer ausgewiesen, auch Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Journalisten, meldete die Wochenzeitung "Die Zeit". Der chinesische Außenamtssprecher Qin erklärte, die Regierung rate auch Touristen, die Unruheprovinzen zu meiden.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Michael
Konken, nannte Chinas Verhalten völlig inakzeptabel. Freies und
ungehindertes Arbeiten müsse für Journalisten in China nicht nur im
Zusammenhang mit den Olympischen Spielen möglich sein.

Bangen um Olympischen Fackellauf

Mehrere asiatische Staaten zeigten sich zuversichtlich, dass der Fackellauf vor den Olympischen Sommerspielen wie geplant stattfinden werde. Möglicherweise müssten die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt werden, an der Route werde sich aber nichts ändern, erklärten die Olympischen Komitees in Indien, Japan, Südkorea und Vietnam. Die Fackel soll am Montag in Griechenland entzündet werden. (vem)