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Chefs schauen erschrocken ins neue Jahr

25. Januar 2016

Die Stimmung in den Chefetagen hat sich im Januar überraschend stark eingetrübt. Trotz China-Sorgen und dem Verfall der Ölpreise erwartet die Bundesbank in Deutschland weiterhin eine wachsende Wirtschaft.

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Symbolbild zu Deutschland Geschäftsklimaindex
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Die deutsche Wirtschaft hat einen Fehlstart ins Jahr 2016 hingelegt: Die Stimmung in ihren Chefetagen trübte sich im Januar angesichts vieler internationaler Krisenherde überraschend kräftig ein. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel von 108,6 Zählern im Vormonat auf 107,3 Punkte und damit den zweiten Monat in Folge, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. Damit fiel der Ifo-Geschäftsklimaindex auf den tiefsten Stand seit Februar 2015. Viele Experten hatten zuvor mit einem weniger deutlichen Rückgang gerechnet.

Der Grund für den Fall des wichtigsten deutschen Frühindikators, lag vor allem am sorgenvollen Blick nach vorn. Die Führungskräfte beurteilten die Lage nur einen Tick schlechter, die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate dagegen merklich pessimistischer als zuletzt. "Die deutsche Wirtschaft blickt erschrocken ins neue Jahr", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Besonders in der Industrie, aber auch in der Baubranche, bei den Dienstleistern und im Einzelhandel verschlechterte sich die Laune der Manager. Nur im Großhandel besserte sie sich.

China, Schwellenländer und Finanzmärkte drücken die Stimmung

"Die Finanzmärkte verunsichern die Unternehmer", kommentierte der Chefvolkswirt der Förderbank KfW, Jörg Zeuner, mit Blick auf die jüngsten Turbulenzen an den Aktienbörsen. Aber auch die schwächere Weltwirtschaft macht Sorgen.

"Die Schwellenländer-Konjunktur ist unverändert schwach", ergänzte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Der gesunkene Ölpreis hilft zwar den Binnenbranchen, doch die Exportbranchen leiden unter der gesunkenen Nachfrage der Ölländer." Es wachse die Sorge, dass der geringe Ölpreis auch ein Reflex einer insgesamt schwachen Weltkonjunktur ist.

Verbraucher wirken dagegen

Optimistischer als die Unternehmer blickt die Bundesbank in die Zukunft. Nach ihrer Ansicht verleiht der anhaltende Ölpreis-Verfall der deutschen Wirtschaft voraussichtlich Schwung. Die Bundesbank verweist in ihrem Monatsbericht vom Montag darauf, dass die Verbraucher durch niedrigere Tank- und Heizkosten mehr Geld für den Konsum in der Tasche haben. Die gestärkte Kaufkraft bedeute Rückenwind für die Binnenwirtschaft. Zudem signalisierten die Auftragseingänge vom Jahresende, dass die Industriekonjunktur bald anziehen dürfte. "Damit bestehen zum Jahresanfang Chancen für ein wieder stärkeres Wachstum der Wirtschaftsleistung", so die Volkswirte der Bundesbank.

Auch andere Experten trauen der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr ein Wachstum auf dem Vorjahresniveau von 1,7 Prozent zu. Als Grund wird ebenfalls die gute Kauflaune der Verbraucher genannt, die genährt wird durch eine Rekordbeschäftigung, steigende Löhne und der Entlastung durch niedrige Energiepreise.

Auch Jörg Zeuner von der KfW weist darauf hin, dass die meisten Frühindikatoren in eine andere Richtung als der Ifo-Index zeigen würden. "Im Inland deutet alles auf anhaltendes Wachstum hin: Beschäftigung, Haushaltseinkommen und Nachfrage steigen." Auch die Außenwirtschaft zeige sich stabil. "Die aktuelle Schwäche des Welthandels ist kein Vorbote eines globalen Konjunktureinbruchs, und in China werden weiter neue Arbeitsplätze geschaffen", so Zeuner. Wichtig sei jetzt, die wenigen angeschlagenen aber großen Schwellenländer zu stabilisieren, und die Kreditkanäle für die Unternehmen offenzuhalten.

Der Rückgang des Ifo-Geschäftsklimaindex sei lange überfällig gewesen, glaubt Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Er macht dafür die trüben Aussichten für die Weltwirtschaft verantwortlich, die jetzt auch das Ifo-Geschäftsklima erreicht hätten. "Aber wir sollten daraus keine Sorgen um einen Absturz der deutschen Wirtschaft ableiten. Der Rückenwind von der Industrie für das Bruttoinlandsprodukt wird in den nächsten Monaten relativ gering bleiben. Das deutsche Wachstum bleibt bis auf Weiters eine Konsumstory."

Hans Werner Sinn verlässt bald das Ifo-Institut

Nur noch wenige Male wird Hans Werner Sinn den Geschäftsklima-Index, der monatlich veröffentlicht wird, verkünden. Im März, nach seinem 68. Geburtstag, wird er das Münchner Ifo-Institut verlassen, dass er 17 Jahre lang geleitet hat. In dieser Zeit machte er das Ifo-Institut zu einem der international bekanntesten wirtschaftswissenschaftlichen Institutionen Deutschlands. Der seit 1972 ermittelte Ifo-Geschäftsklimaindex gilt als wichtigster Frühindikator für die deutsche Wirtschaft.

Sinn wird zu den einflussreichsten und meist zitierten deutschen Ökonomen gezählt. Nach ihm wird der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Clemens Fuest, die Leitung des Ifo-Instituts übernehmen.

iw/ul (rtr, dpa, afp)