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Charme in Bayreuth

2. August 2009

Auch am Anfang der Zweischwestern-Ära gab es bis zur Halbzeit der Wagner-Festspiele Ovationen für die Sänger und Dirigenten, Buh-Rufe für die Regieteams. Eine Tradition. Was aber ist neu in Bayreuth?

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Die beiden bei einer Pressekonferenz (Foto: AP)
Völlig ungewohnt, weil nicht zerstritten: Eva Wagner-Pasquier und Katharina WagnerBild: AP

Es ist ein Jahr ohne Neuinszenierungen aber mit einem neuen Leitungsteam, Eva Wagner-Pasquier und Katharina Wagner. Kaum hat die laufende Saison begonnen, sind es eher die mittelfristigen Pläne, die Nachrichtenwert haben.

Die beiden Schwestern zeigen sich kurz vor der Premiere 2009 der Öffentlichkeit (Foto: AP)
Katharina Wagner und Eva Wagner-PasquierBild: AP

Ein Regieteam wird in einen Container gesteckt und angezündet. Ein Grafitti-Künstler mausert sich zum quietschsauberen Casting Show-Star. Der Meistersinger Hans Sachs steht zwischen übergroßen Plastiken im Stil des Nazi-Bildhauers Arno Breker. Der Chor, unsichtbar auf abgedunkelter Bühne, singt ein grelles Lobeslied auf die "heilige deutsche Kunst".

Hand und Fuß

"Die Meistersinger von Nürnberg" im dritten Jahr: Katharina Wagner räumt auf mit der Rezeptionsgeschichte dieses problematischen, vor allem im Dritten Reich missbrauchten Werk ihres Urgroßvaters. Manche, nicht nur Altwagnerianer, finden die Regietricks beliebig. Nicht so die Solistin Carola Guber, die von der Regie-Leistung Katharina Wagners überzeugt ist: "Wenn jemand das Werk Richard Wagners kennt, dann Katharina Wagner", sagt Gruber. "Es ist nichts beliebig, es ist alles fundiert, was auf der Bühne geschieht, und auch wenn es vielleicht gegen den Strich gebürstet erscheint: Es hat Hand und Fuß."

In die Hand gegeben

Etwa 15.000 Besucher beim Public Viewing auf dem Festplatz in Bayreuth (Foto: AP)
Public Viewing bei den Festspielen 2008Bild: AP

Um die verschiedenen Deutungsebenen zu verstehen, muss der Zuschauer Werk und Rezeptionsgeschichte genau kennen. Das kann man vom Bayreuther Publikum erwarten. Wer aber nach Public Viewing, Internet-Übertragung und unzähligen Interviews immer noch unsicher ist, was das alles bedeuten soll, kann den inszenierungsbezogenen Einführungsvortrag besuchen, ein Novum der Bayreuther Festspiele. Auch neu: Nach der Eröffnung am 25. Juli bekamen Besucher die "Festival Tribune" in die Hand gedrückt.

Hand in Hand

Ein weiteres Zeichen, dass die Bayreuther Festspiele die Deutungshoheit über ihr Festival zurück gewinnen wollen. Als Führungstandem zwei Wagners, die nicht miteinander verkracht sind, und ein Festival, das nicht auf Konfrontationskurs mit der Presse ist. Stattdessen wird nach vorn geschaut: Bayreuth soll sich wieder an die Spitze der weltweiten Wagner-Interpretation vorarbeiten. Dazu gehören die großen Gesangsstars; Eva Wagner-Pasquier brachte die russische Diva Anna Netrebko ins Spiel als wünschenswerte Besetzung im kommenden Jahr. Nicht dass das Niveau in dieser Saison abgrundschlecht wäre. Die Besetzung der "Meistersinger" bot keine Enttäuschungen und ein Glanzlicht: der deutsche Tenor Klaus Florian Vogt als Walther von Stolzing.

Aus der Hand gelesen

Das Ensemble probt in Kostümen auf der abgedunkelten Bühne (Foto: AP)
Szene aus einer Probe zu "Lohengrin"Bild: AP

Public Viewing und Internet Stream werden in Bayreuth zur Tradition: Am 9. August wird "Tristan und Isolde" übertragen, eine ziemlich glanzlose Produktion des Regisseurs Christoph Marthaler. Interessanter ist die Ankündigung, dass in Bayreuth die Frühwerke Richard Wagners aufgeführt werden sollen; allerdings nicht im Festspielhaus, sondern in einem Theater der Stadt.

Neuinszenierungen von "Lohengrin", "Tannhäuser" und "Der Fliegende Holländer" sind für 2010, 2011 und 2012 angekündigt. Aber alles schaut auf das Jahr 2013: Zweihundert Jahre nach der Geburt Richard Wagners, gibt es neue Inszenierung der "Ring"-Tetralogie. Das Produktionsteam ist noch unbekannt, aber die Premiere soll gleich auch als Public Viewing und Internet-Stream weltweit zu erleben sein.

Autor: Rick Fulker

Redaktion: Conny Paul