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Cap Anamur 30 Jahre alt

29. Juni 2009

Tausende Flüchtlinge haben Cap Anamur ihr Leben zu verdanken. In Köln feierte die Hilfsorganisation jetzt ihren 30. Geburtstag. Sie hat auch künftig noch viel zu tun.

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Auch der Gründer der Hilfsorganisation Cap Anamur, Rupert Neudeck, feierte in Köln mit (Foto: dpa)
Auch der Gründer der Hilfsorganisation Cap Anamur, Rupert Neudeck, feierte in KölnBild: dpa

Pünktlich zum Geburtstag kam ein schriftliches Grußwort von höchster Stelle in Berlin. Als das Not-Ärzte-Komitee "Cap Anamur" am Sonntag (28.06.2009) in Köln in einer Feierstunde sein 30-jähriges Bestehen beging, schickte Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Glückwunschschreiben. Darin würdigte Merkel die Hilfsorganisation als "Inbegriff für wirksame und oft unkonventionelle Hilfe". Deren Mitarbeiter packten dort an, wo die Not am größten sei. Die Bilder von tausenden geretteten vietnamesischen Flüchtlingen Anfang der 80er Jahre seien unvergesslich. "Dieser wertvolle Dienst am Nächsten verdient unsere Anerkennung", stellte die CDU-Vorsitzende fest.

Vor 400 Gästen in der Kölner Trinitatiskirche betonte der Schriftsteller Günter Wallraff in seiner Laudatio, dass radikale Humanität von Beginn an das Motto von Cap Anamur gewesen sei. Er lobte, "dass 'Cap Anamur' die Leute ja nicht nur aus dem Wasser gezogen hat, sondern auch gegen heftigen Widerstand aus der Politik durchgesetzt hat, dass die Menschen hier ein Bleiberecht erhielten". Er unterstrich zugleich die Distanz der Hilfsorganisation zur Regierung: "Man verliert oft an Radikalität und Humanität, wenn man sich mit der Entwicklungspolitik einlässt." Das Notärzte-Komitee finanziere sich komplett aus Spenden: "Die kommen zu 91,6 Prozent unmittelbar in den Projekten an."

Gegründet für Vietnam-Flüchtlinge

Cap-Anamur-Geschäftsführer Bernd Göken, Gründer Rupert Neudeck und seine Frau Christel vor der Feierstunde in Köln (Foto: dpa)
Cap-Anamur-Geschäftsführer Bernd Göken, Gründer Rupert Neudeck und seine Frau Christel vor der FeierstundeBild: dpa

Gegründet wurde die Organisation von Christel und Rupert Neudeck, dem Schriftsteller Heinrich Böll und Freunden im Jahr 1979 als Komitee "Ein Schiff für Vietnam". Dieses charterte für die erste Rettungsmission für die "boat people" im chinesischen Meer den Frachter "Cap Anamur", der zum Namensgeber für weitere Schiffe wurde. Seit 1979 wurden 10.375 Menschen gerettet. In gut 50 Ländern leisteten bisher mehr als 1.000 Mitarbeiter - Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, Techniker oder Handwerker - in Kriegs- und Krisenzeiten oder bei Katastrophen vor allem medizinische Hilfe. In seinem Rückblick berichtete der heute 70 Jahre alte Rupert Neudeck: "Am Anfang stand nichts als die Tat. Dem Ersaufen im südchinesischen Meer musste ein Ende gemacht werden."

Heute in elf Ländern aktiv

Das deutsche Hilfsschiff "Cap Anamur" im Chinesischen Meer (undatiertes Archivfoto, dpa)
Das Hilfsschiff "Cap Anamur" im Chinesischen MeerBild: dpa

Derzeit ist die Hilfsorganisation in elf Ländern vertreten, wie Geschäftsführer Bernd Göken mitteilte. In Angola, Bangladesch, im Kongo, im Sudan und in Uganda betreibe sie Krankenhäuser, in Tschetschenien ein Kinderkrankenhaus, in Liberia das einzige psychiatrische Krankenhaus des Landes. Zu den zahlreichen Projekten in Afghanistan gehört nach Angaben Gökens eine Frauenklinik.

Cap-Anamur-Chefin Edith Fischnaller (Archivfoto, dpa)
Cap-Anamur-Chefin Edith FischnallerBild: dpa

Die Vorsitzende Edith Fischnaller erklärte, für "Cap Anamur" gebe es auch künftig viel zu tun. Denn ein Ende des Hungers, der medizinischen Unterversorgung und der Menschenrechtsverletzungen in vielen Ländern sei nicht absehbar. Der Schwerpunkt der Arbeit werde auch "weiterhin auf der medizinischen Hilfe liegen", sagte die Bonner Medizinerin, die seit 2004 den ehrenamtlichen Vorsitz hat.

Prozess in Italien zieht sich hin

Eingetrübt wurde die Feierstimmung durch den noch immer anhängigen Prozess gegen das "Cap-Anamur"-Mitglied Elias Bierdel und den Schiffskapitän Stefan Schmidt in Italien. Göken bezeichnete das Verfahren als "Farce". Die beiden Männer hatten im Sommer 2004 37 afrikanische Flüchtlinge im Mittelmeer aus Seenot gerettet und nach Italien gebracht. Die dortige Justiz wirft ihnen Beihilfe zur illegalen Einreise vor, es drohen Haft- und Geldstrafen. "Da wurden 37 Menschen vor dem sicheren Tod gerettet. Das darf in keinem Land der Welt strafbar sein", betonte Göken. (kle/mag/dpa/epd)