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Bundeswehr-Schüsse auf Demonstranten

21. Mai 2011

Soldaten der Bundeswehr haben in Nordafghanistan offenbar gezielt auf Demonstranten geschossen. Die Bundeswehr spricht von Selbstverteidigung. Die Opposition fordert Aufklärung vom Verteidigungsminister.

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Demonstration (Foto: AP)
12 Menschen wurden bei den Protesten getötetBild: AP

Die gewalttätigen Proteste vor dem Bundeslager im nordafghanischen Talokan, bei denen bis zu 12 Menschen ums Leben kamen, haben ein Nachspiel: Wie die Bundeswehr einräumte, haben deutsche Soldaten gezielt auf Demonstranten geschossen. Dabei seien sieben bis zehn Menschen verletzt worden, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr am Freitag (20.05.2011) mit. Die Soldaten hätten vor allem auf die Beine geschossen, in drei bis vier Fällen auch auf Oberkörper, in einem Fall seien möglicherweise Hals oder Kopf getroffen worden.

Massenprotest gegen die ISAF

Demonstration (Foto: AP)
Mindestens 50 Menschen wurden verletztBild: AP

Bei den Protesten am vergangen Mittwoch hatten etwa 1500 afghanische Demonstranten das Bundeswehrlager mit Steinen, Handgranaten und Molotowcocktails attackiert. Ein Bundeswehrsoldat wurde dabei schwer verletzt, zwei weitere leicht, elf kamen mit Blessuren davon. Außerdem wurden fünf afghanische Wachleute verwundet.

Die Proteste richteten sich gegen die internationale Schutztruppe ISAF, die zuvor vier Menschen getötet hatte. Nach Ansicht der Demonstranten handelte es sich dabei um Zivilisten, laut ISAF waren es Mitglieder der terroristischen Islamischen Bewegung Usbekistans.

Opposition verlangt Aufklärung

Bundeswehr (Foto: dpa)
Die Bundeswehr 2008 auf Streife auf einer Marktstraße in TalokanBild: picture alliance/dpa

Wegen der Todesfälle hat das Einsatzführungskommando der Bundeswehr den Generalbundesanwalt eingeschaltet. Es gebe aber keine Ermittlungen, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Oppositionspolitiker forderten Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) auf, den Fall rückhaltlos aufzuklären.

"Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu wissen, wann und warum deutsche Soldaten im Ausland gezielt in eine Menge schießen", sagte Linken-Chef Klaus Ernst. Er warf de Maizière eine "Informationspolitik nach Gutsherrenart" vor. Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele sagte, die Bundeswehr müsse "Parlament, Öffentlichkeit und Bundesanwaltschaft unverzüglich rückhaltlos und ohne weitere Ausflüchte exakt schildern, ob und gegebenenfalls warum die deutschen Soldaten in Notwehr gehandelt haben".

Zunächst hatte es geheißen, die Bundeswehr habe Warnschüsse abgegeben oder nur auf die Beine gewalttätiger Demonstranten geschossen. Nun sollen die Vorfälle nach Angaben der Bundeswehr weiter untersucht werden, es gebe noch keine abschließende Bewertung. Unstrittig sei aber, dass es sich um eine "Selbstverteidigungslage" gehandelt habe, da sich die Demonstranten nicht durch Warnzeichen und Warnschüsse hätten stoppen lassen.

Autor: Dirk Eckert (dapd, dpa)

Redaktion: Rolf Breuch