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Air Policing über dem Baltikum

20. April 2011

Da die baltischen Staaten keine Kampfjets besitzen, helfen ihnen ihre NATO-Partner. Im Luftraum Estlands, Lettlands und Litauens patrouillieren derzeit noch deutsche Piloten. Ihre Mission endet in wenigen Tagen.

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Richthofen-Jagdgeschwader sichert baltischen Luftraum (Grafik: Luftwaffe)
Der Richthofen-Jagdgeschwader sichert baltischen LuftraumBild: Luftwaffe

"Auf zum Tango Scramble", heißt es noch bis Ende April beim deutschen 71. Jagdgeschwader "Richthofen", das nahe dem litauischen Siauliai im Einsatz ist. Im Januar dieses Jahres haben bereits zum vierten Mal Piloten der deutschen Bundeswehr-Luftwaffe die NATO-Mission "Air Policing Baltikum" übernommen. Seitdem absolvieren sie in Kampfflugzeugen vom Typ Phantom Flüge im Himmel über dem Baltikum.

Verzicht auf eigene Kampfjets

Als sich die baltischen Staaten vor rund 20 Jahren von der Sowjetunion lösten, haben sie unter anderem auch auf sowjetische Kampfflugzeuge verzichtet, die bislang den Luftraum kontrolliert hatten. Man habe sich nicht von russischen Wartungsdiensten abhängig machen wollen, sagen litauische Militärs. Doch westliche Militärjets haben Estland, Lettland und Litauen bis heute nicht gekauft.

Litauische Schüler besichtigen einen Phantom-Kampfjet (Foto: DW)
Litauische Schüler besichtigen einen Phantom-KampfjetBild: DW

Seit dem NATO-Beitritt der baltischen Staaten im Jahr 2004 patrouillieren in deren Luftraum deswegen Partner der Nordatlantischen Allianz. Sie wechseln sich alle drei bis vier Monate ab. Und sie alle haben im Stützpunkt Siauliai, einem ehemaligen sowjetischen Militärflugplatz im Norden Litauens, ihre Spuren hinterlassen: aus Metall gefertigte Silhouetten ihrer Flugzeuge - amerikanische F-15 Kampfflugzeuge, britische Tornados, französische Mirages, polnische MIG-29 oder rumänische MIG-21.

Zwei Flugzeuge für drei Länder

Jeden Tag, außer am Wochenende, steigen immer gegen 10 Uhr morgens zwei deutsche Kampfflugzeuge in den Himmel auf. Während des "Tangos", so werden Übungsflüge genannt, simulieren die Piloten ihre Hauptaufgabe: das Abfangen von Flugzeugen. Welche Flugzeuge genau man abzufangen übt, darüber sprechen die deutschen Piloten ungern. Einen Feind gebe es nicht. Aber es genügt auf die Landkarte zu schauen, um die Situation zu verstehen, in der die NATO-Flugzeuge im Baltikum eingesetzt werden. Die NATO-Länder Estland, Lettland und Litauen grenzen an Russland und Belarus.

Oberstleutnant Rupert Ficker-Reißing (Foto: DW)
Oberstleutnant Rupert Ficker-Reißing: "Die NATO zeigt Präsenz."Bild: DW

Russland sei aber kein potentieller Feind, meint Kontingentführer, Oberstleutnant Rupert Ficker-Reißing. Ihm zufolge besteht die Hauptaufgabe der NATO-Mission in der Überwachung und Sicherung des baltischen Luftraumes. "Es geht in erster Linie darum, dass die NATO Präsenz zeigt und bereit ist, diese Länder auch zu schützen", so der Oberstleutnant. Insgesamt sind in Siauliai sechs deutsche F-4F-Phantome stationiert, von denen zwei ständig einsatzbereit sind. "Wenn die NATO tatsächlich einen Angriff befürchten würde, dann würden zwei Flugzeuge nicht ausreichen", sagt Ficker-Reißing.

Tatsächliche Schutzflüge selten

Aus einem Übungsflug könne aber jederzeit ein tatsächlicher Schutzflug werden, berichtet der Kontingentführer. Schutzflüge, ein so genannter "Alpha Scramble" kommen Ficker-Reißing zufolge aber selten vor. Ein "Alpha Scramble" werde nur dann angeordnet, "wenn sich entweder Flugzeuge im baltischen Raum bewegen, die sich nicht mehr an Verfahren halten, nicht mehr über Funk erreichbar sind oder vielleicht vom Flugauftrag abweichen." Meistens hätten es die NATO-Flieger dann mit russischen Flugzeugen zu tun, die zwischen der russischen Enklave Kaliningrad und dem russischen Kernland unterwegs seien.

Die baltischen Staaten sind mit der NATO-Mission zufrieden. "Sie ist sehr wichtig für unsere Sicherheit", betont der stellvertretende litauische Verteidigungsminister Rimas Jonaitis. "Wir haben Nachbarn im Gebiet Kaliningrad, die dort über starke Kräfte verfügen. Aber ich glaube nicht, dass jetzt etwas passieren kann, wo wir unter dem Schirm der NATO sind", fügte er hinzu.

Autor: Roman Goncharenko/Markian Ostaptschuk
Redaktion: Bernd Johann