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Zweifel an Sudan-Mission

Dennis Stute27. April 2007

Der Bundestag beschließt die Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes im Südsudan. Kritiker halten die dortige UN-Mission für ineffektiv und fordern stattdessen ein stärkeres entwicklungspolitisches Engagement.

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Ein Bundeswehr-Soldat (r.) im Gespräch mit weiteren Mitgliedern der UNMIS. Derzeit sind 40 Bundeswehr-Soldaten Teil der UN-Mission, Quelle: Bundeswehr
Derzeit sind 40 Bundeswehrsoldaten Teil der UNMIS (Foto der Bundeswehr)Bild: Bundeswehr

So viel Einigkeit ist selten in der Politik: Mit Ausnahme der Linkspartei haben am Freitag (27.4.07) alle Fraktionen des Bundestages einer Verlängerung des Einsatzes im Südsudan zugestimmt. Die Bundeswehr stellt seit zwei Jahren bis zu 75 der 600 unbewaffneten UN-Beobachter, die den Frieden zwischen der sudanesischen Regierung und dem halbautonomen Süden überwachen. Mit dem Bundestagsbeschluss kann die 800.000 Euro teure Stationierung der momentan 40 Soldaten zunächst bis Mitte November andauern.

Signal an Khartum

"Es ist wichtig, dass wir den Friedensprozess im Süd-Sudan unterstützen", sagt der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen. "Der Einsatz geht trotz der bescheidenen Mittel über das Symbolhafte hinaus." Denn die Bundesregierung mache dadurch gegenüber Khartum deutlich, dass sie sehr ernst nehme, was im Lande vor sich gehe - und dass sie eine Erfüllung des Friedensabkommens erwarte.

Sudans Vizepräsident und der damalige Rebellenführer John Garang nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens im Januar 2005, Quelle: AP
Sudans Vizepräsident und der damalige Rebellenführer John Garang nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens im Januar 2005Bild: AP

Dieses Abkommen zwischen der separatistischen Rebellenorganisation SPLM und der Regierung beendete 2005 einen Krieg, in dem seit 1983 zwei Millionen Menschen gestorben waren. Anders als in der west-sudanesischen Krisenregion Darfur herrscht im Süd-Sudan seither Frieden. Der Regierungschef des Südens ist nun zugleich Vizepräsident der Zentralregierung in Khartum und die Hälfte der Einnahmen aus der Ölförderung sollen in den lange vernachlässigten Süden fließen, wo rund ein Viertel der schätzungsweise 40 Millionen Sudanesen lebt. 2011 werden die Bürger des Südens über eine Loslösung vom größten afrikanischen Flächenstaat abstimmen.

Doch die Umsetzung des Vertrages, der unter erheblichem internationalem Druck geschlossen worden war, gestaltet sich schwierig. So konnten sich die ehemaligen Rebellen und die Regierung bislang nicht auf einen Grenzverlauf einigen. Damit es darüber zu keinem neuen Krieg kommt, hat die UNO im Rahmen der Friedensmission UNMIS nicht nur Beobachter stationiert: 9400 kampfbereite Soldaten aus 14 überwiegend afrikanischen Ländern sollen notfalls auch eingreifen.

"Ruhig und stabil"

UNMIS-Soldaten aus Bangladesch beim Straßenbau, Quelle: UN
UNMIS-Soldaten aus Bangladesch beim StraßenbauBild: UNMIS/John Charles

Die deutsche Beteiligung an der UNMIS sei "wichtig und angemessen", sagt ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam. "Es hat im Süd-Sudan große Fortschritte gegeben." Zwar gebe es immer wieder Zusammenstöße, doch insgesamt sei die Lage "ruhig und stabil".

"Mein Urteil zum Kosten-Nutzen-Verhältnis des UNMIS-Einsatzes ist extrem negativ", sagt dagegen Stefan Kröpelin, Sudan-Experte der Forschungsstelle Afrika an der Universität Köln. "Die Lager der UNMIS stehen fremd wie Ufos in der Landschaft. Die Soldaten sitzen hinter dickem Stacheldraht und fahren kaum über Land." Personen und Material würden fast ausschließlich mit Flugzeugen und Hubschraubern transportiert.

Anhaltende Unterentwicklung

Den enormen finanziellen und logistischen Aufwand hält Kröpelin für vollkommen sinnlos. Denn Gewalttaten durch die zum Teil noch immer aktiven Milizen und andere Gruppen verhindere die UNMIS ohnehin nicht. "Man würde das Geld besser für die Menschen einsetzen", glaubt er. "Man sollte nur ein paar Beobachtungseinheiten im Süden lassen und die Überwachung ansonsten mit Satelliten erledigen."

Mudawi Ibrahim Adam, Menschenrechtsaktivist im Sudan, formuliert es ganz ähnlich: "Wir brauchen dort nur eine kleine Truppe und sollten das Geld lieber für die Entwicklung ausgeben." Bislang hätten die Menschen nicht von dem Frieden profitiert - noch immer fehle es etwa an einer ausreichenden Wasser- und Gesundheitsversorgung.

Die Unterentwicklung aber sei der Hauptgrund, weshalb es noch immer zu Übergriffen von Milizen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Stämmen komme, meint Mudawi, der durch sein Engagement immer wieder in das Visier der sudanesischen Regierung gerät. Die 10.000 Soldaten sollten durch eine gut ausgebildete, 1000 Mann starke Truppe ersetzt werden, die schnell reagiere, wenn es zu Zusammenstößen komme.

Im Schatten von Darfur

Bewohner der Stadt Torit im Südsudan beobachten Mitglieder der neu ausgebildeten Polizei, Quelle: UN
Bewohner der Stadt Torit im Südsudan beobachten Mitglieder der neu ausgebildeten PolizeiBild: UNMIS/Tim McKulka

Ihre Hauptaufgabe - die Friedenssicherung - habe die UNMIS sehr gut erfüllt, erklärt Marina Peter, Leiterin des internationalen kirchlichen NGO-Netzwerks "Sudan Focal Point Europe". Sie verweist darauf, dass es außer einem Zwischenfall keine Kämpfe mehr zwischen Regierungstruppen und der SPLM gegeben hat - auch wenn dies nicht an der UN-Präsenz liegen müsse. Auch sie glaubt, dass es die internationale Gemeinschaft versäumt habe, Spannungen durch Entwicklungshilfe abzubauen - Hilfszusagen seien nicht eingehalten worden: "Die Weltöffentlichkeit schaut nur noch auf Darfur, der Rest des Landes wird darüber vergessen."

Kritik an dem Einsatz müsse ernst genommen werden, doch sei es Sache der UN und nicht der Bundesregierung, ihn anders zu gestalten, sagt der SPD-Außenpolitiker Weisskirchen. "Wir können und wollen ja nur im Rahmen der UN-Beschlüsse handeln." Auch der sudanesische Menschenrechtler Mudawi hält eine Verlängerung des deutschen Mandats trotz seiner Vorbehalte gegen die UNMIS für richtig. "Die beteiligten Länder sollten sich nicht einzeln zurückziehen", rät er. "Eine Veränderung des Einsatzes muss international koordiniert werden."