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Bundestag verbietet riskante Börsenwetten

2. Juli 2010

Spekulative Leerverkäufe von Aktien und Euro-Staatsanleihen sind künftig unzulässig. Das hat der Bundestag beschlossen. Die Opposition und Experten halten den deutschen Alleingang jedoch für wirkungslos.

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Blick in die Frankfurter Börse (Foto: AP)
An der Frankfurter Börse sind künftig einige riskante Spekulationsgeschäfte verbotenBild: AP

Mit einem neuen Gesetz versucht der Bundestag den Börsenspekulanten das Leben schwerer zu machen. Er verabschiedete am Freitag (02.07.2010) mit den Stimmen von Union und FDP ein weitergehendes Verbot von Börsenwetten in Deutschland. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will damit alle ungedeckten Leerverkäufe mit Aktien und Staatsanleihen der Euro-Zone an deutschen Börsen unterbinden. Ungedeckte Leerverkäufe sind Geschäfte, bei denen ein Investor Wertpapiere verkauft, ohne sie vorher besessen zu haben. Dabei wettet er auf fallende Kurse.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: BMF)
Finanzminister Wolfgang Schäuble geht gegen Spekulanten vorBild: BMF/Jörg Rüger

Ebenso verboten werden Versicherungen auf Kreditausfallrisiken von Euro-Staaten, die nicht zur Absicherung konkreter Papiere dienen. Das Gesetz ermächtigt zudem die deutsche Finanzaufsicht BaFin und das Finanzministerium, bei Bedarf weitere Finanzgeschäfte zu untersagen.

Mit dem nationalen Alleingang will die schwarz-gelbe Koalition Spekulationen an den Finanzmärkten eindämmen. Die Bundesregierung möchte mit der Regulierung eine europäische Regelung vorantreiben und argumentiert, nur eine strenge Kontrolle der Finanzmärkte könnte zukünftige Krisen verhindern.

Alleingang stößt auf Widerspruch

Mit dem Vorstoß steht die Regierungskoalition international weitgehend isoliert da. Kritiker bemängeln, das Gesetz werde deshalb keine Wirkung entfalten. Auch im Bundestag übte die Opposition deutliche Kritik. Der SPD-Finanzpolitiker Manfred Zöllner nannte den Gesetzentwurf ein "Placebo": "Er ist wirkungslos, er ist reine Symbolpolitik."

Bereits am 19. Mai waren bestimmte Leerverkäufe an deutschen Börsen verboten worden. Mit dem Gesetz wird das Verbot nun erweitert. Nach dem Parlament soll am 9. Juli der Bundesrat dem "Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivatemärkte" zustimmen.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte das geplante Verbot ungedeckter Leerverkäufe am Montag noch einmal etwas entschärft und damit auch dem Wunsch aus den Bundesländern entsprochen. So wurde die Verordnungsermächtigung des Bundesfinanzministeriums für weiter gehend Verbote gestrichen. Nach den Korrekturen billigte der Finanzausschuss des Bundestages den Gesetzentwurf.

Auch USA streben Finanzmarktreform an

Die Wall Street in New York (Foto: AP)
Auch auf die Wall Street kommen strengere Regeln zuBild: AP

Mit dem gesetzlichen Maßnahmenpaket zur Regulierung der Finanzmärkte steht Deutschland inzwischen nicht mehr allein auf weiter Flur. Am Freitag hatten die USA eine als historisch apostrophierte Reform ihrer Banken-Branche auf den Weg gebracht. US-Präsident Barack Obama soll das Gesetz in Kürze in Kraft setzen. Unter anderem soll es für mehr Transparenz im milliardenschweren Derivate-Handel sorgen. Ein Großteil des Geschäfts mit den komplexen Finanzprodukten muss künftig über Börsen oder Clearing-Stellen abgewickelt werden. Auch die Bundesregierung tritt seit längerem dafür ein, den Handel mit Derivaten transparenter zu gestalten.

Nach dem deutschen Alleingang bei den ungedeckten Leerverkäufen trat die EU-Kommission zunächst auf die Bremse. Mitte Juni machte sie deutlich, dass sie weitere derartige Einzelaktionen bei der Regulierung der Finanzmärkte ablehnt. In einem Diskussionspapier empfahl die Behörde, derartige Verbote sollten künftig mit der geplanten Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA abgesprochen werden.

EU-Kommission will europaweite Regelung

Grundsätzlich sprach sich die die Kommission in dem Papier allerdings dafür aus, ungedeckte Leerverkäufe unter bestimmten Umständen einzuschränken oder zu verbieten. Auch eine Einschränkung des Handels mit Kreditausfallversicherungen auf Staatsanleihen sei zu erwägen, heißt es in dem Papier. Eine europaweite Regelung zum Handel mit solchen Versicherungen, die zum Teil für Spekulationen gegen Griechenland und andere hoch verschuldete Euro-Staaten genutzt werden, hatten unlängst Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy gefordert.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, apn, rtr)
Redaktion: Thomas Grimmer

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