1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bundestag billigt neue Griechenland-Hilfen

10. Juni 2011

Der Bundestag hat neuen Finanzhilfen für das hochverschuldete Griechenland zugestimmt. Finanzminister Schäuble hatte schnelle Unterstützung gefordert und vor der Zahlungsunfähigkeit des Landes gewarnt.

https://p.dw.com/p/11XrK
Finanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: DAPD)
Schäuble: "Lage in Europa ist ernst"Bild: dapd

Es war nicht anders erwartet worden - eine Mehrheit der Bundestagsabegordneten hat am Freitag (10.06.2011) für den Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen CDU, CSU und FDP abgestimmt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuvor im Bundestag um eine breite Unterstützung für das neue Hilfspaket für Griechenland geworben. Ansonsten bestehe die "akute Gefahr der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands" mit schwerwiegenden Gefahren für die gesamte Eurozone und die globale Entwicklung, sagte Schäuble in seiner Regierungserklärung. Deutschland als wirtschaftlich erfolgreichstes Land in Europa habe den größten Vorteil von stabilen Wechselkursen durch die gemeinsame Währung. Deshalb habe es auch eine "große Verantwortung für Europa". Die Lage in Europa sei ernst.

Schwierige Debatte um Griechenland-Hilfe

Trotz zahlreicher Bedenken hatten die Fraktionen von Union und FDP bereits am späten Donnerstagabend auf Sondersitzungen mehrheitlich den Antrag zu weiteren Milliarden-Hilfen für Griechenland unterstützt. In der Union waren acht Abgeordnete gegen den gemeinsamen Antrag, vier enthielten sich.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (Foto: DAPD)
Brüderle: eine schwierige Griechenland-DebatteBild: dapd

Bei der FDP stimmte nach langer Debatte gegen Mitternacht ein Abgeordneter mit Nein, ein weiterer enthielt sich. Die Sitzung der FDP dauerte weit länger als die der Union. Fraktionschef Rainer Brüderle sprach von einer "schwierigen Debatte". Nach vier Stunden habe es große Geschlossenheit gegeben.

FDP-Chef und Vize-Kanzler Philipp Rösler sagte nach der Debatte bei den Liberalen: "Wir haben einen klaren Auftrag als Bundesregierung für einen starken Euro erhalten." Zuvor wurde befürchtet, dass mindestens 15 der 93 FDP-Abgeordneten nicht mitziehen würden.

Hilfe an Forderungen geknüpft

Die Regierungsparteien tragen damit ein weiteres Hilfspaket für Griechenland mit. Allerdings knüpfen sie dieses an strenge Bedingungen: So fordern auch sie - wie Schäuble - eine Beteiligung privater Geldgeber an zusätzlichen Hilfen und einen Zahlungsaufschub. Zugleich fordern die Regierungsparteien einen strikten Privatisierungs- und Sanierungskurs Athens. Der Finanzminister plant im Rahmen eines zweiten Hilfspakets einen Zahlungsaufschub, wobei auch private Geldgeber für längere Laufzeiten griechischer Anleihen gewonnen werden sollen. Über einen Umtausch in neue Anleihen soll eine Verlängerung ausstehender Forderungen um sieben Jahre erreicht werden.

Entsprechend hatte Schäuble am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Bundestages seinen Vorstoß für eine "weiche" Umschuldung unter Einbindung privater Geldgeber verteidigt. Nur eine faire Lastenteilung zwischen der öffentlichen und der privaten Seite könne den Finanzierungsbedarf Griechenlands dauerhaft decken. Der CDU-Politiker sei zuversichtlich, dass auch der skeptische Euro-Partner Frankreich letztendlich mitzieht.

FDP: Dilemma mit Griechenland

Die FDP hält es nicht für ausgeschlossen, dass Griechenland trotz eines Ende Juni zu beschließenden Hilfspaketes der EU nicht wieder auf die Beine kommt. So sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner dem "Tagesspiegel", nach den aktuell diskutierten Milliardenhilfen könne es passieren, dass weitere Hilfen nötig würden. Um das zu verhindern, müsse Griechenland bei der Umsetzung der Sanierungsziele "jetzt die Zügel der Kontrolle" anziehen.

Martin Lindner (Foto: dpa)
Lindner: "Wir sind in der Zwickmühle"Bild: picture alliance/dpa

"Wir brauchen mehr Sicherheit, dass die harten Sanierungsauflagen etwa zur Privatisierung des Staatsvermögens in Griechenland auch eingehalten werden", sagte Lindner. Dennoch wehrte sich der FDP-Politiker auch gegen Forderungen aus den eigenen Reihen, Griechenland den Austritt aus dem Euro-Raum zu empfehlen oder einen harten Schuldenschnitt durchzuführen. Niemand wisse, was eine radikale Umschuldung der griechischen Schulden für Auswirkungen auf andere europäische Länder, die deutsche Wirtschaft und den Euro hätte. "Wir sind in einer Zwickmühle", sagte Lindner. "Helfen wir ohne strikte Bedingungen, wird das ein Fass ohne Boden. Helfen wir nicht, wird es uns noch schlimmer erwischen."

Athen braucht weiteres Milliardenpaket

Griechenlands Finanzbedarf wurde zuletzt auf 90 bis 120 Milliarden Euro bis zum Jahr 2014 geschätzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein zweites Hilfspaket in dieser Größenordnung geschnürt wird. Denn es wird auch auf Erlöse aus Privatisierungen von Staatsvermögen sowie auf Beiträge privater Geldgeber gehofft. Das zweite Kreditpaket vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und Euro-Partnerländern könnte mindestens 60 Milliarden betragen. Hinzu kommen ausstehende Hilfszahlungen aus dem ersten Rettungspaket über 110 Milliarden Euro. Die nächste Tranche von zwölf Milliarden Euro von IWF und europäischen Partnern ist im Juli fällig. Dazu muss aber noch eine Finanzierungslücke geschlossen werden. Über ein zweites Paket wollen die Euro-Finanzminister am 20. Juni beraten.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, rtr)

Redaktion: Nicole Scherschun