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Haushaltswoche

15. September 2010

Noch bis Freitag debattiert der Bundestag über den Etat 2011. Finanzminister Schäuble will zur Haushaltssanierung massiv sparen. Die Opposition wettert, die Zeche zahlten die kleinen Leute.

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Wolfgang Schäuble (Foto: dapd)
Schäuble: Schuldenabbau ist "wachstumsfreundlich"Bild: dapd

Bundestagsabgeordnete müssen gut und gerne lesen können. Jeden Tag flattern ihnen neue Unterlagen auf den Schreibtisch: Gesetzentwürfe, Anträge von Fraktionen oder der Bundesregierung, Beschlussempfehlungen, Berichte aus den Ausschüssen und so weiter und so fort. Besonders gefordert sind die Parlamentarier beim jährlichen Haushaltsentwurf, über dessen Inhalt die Parlamentarier in dieser Woche im Bundestag debattieren - vier Tage lang. Höhepunkt ist an diesem Mittwoch (15.09.2010) die sogenannte Generaldebatte. Dabei rechnet die Opposition traditionell mit der Regierungspolitik ab. Es kommt auch zum Rededuell zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Für 2011 erreicht der Haushaltsentwurf mit 2638 Seiten gestapelt fast die Höhe eines Bierkastens. In diesem Jahr ist der Entwurf besonders aufmerksam zu lesen, denn Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will sparen und das nicht zu knapp. Der Bund hat viel Geld ausgegeben, um gegen die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise anzusteuern und damit soll nun Schluss sein. "Wir haben auch immer gesagt, dass, sobald die Krise überwunden ist, wir schrittweise die zu hohen Defizite wieder zurückführen müssen", so wiederholt es der Minister in diesen Tagen immer wieder.

Infografik Entwurf Haushalt (DW-Grafik)

Harte Einschnitte im Sozialetat

307,4 Milliarden Euro will der Bund im kommenden Jahr ausgegeben, das sind knapp vier Prozent weniger als in diesem Jahr. Die Verhandlungen im Regierungskabinett waren zäh, am Ende mussten neben Bundestag, Bundesrat und Kanzleramt zehn der insgesamt 14 Minister Kürzungen ihrer Etats hinnehmen.

Besonders deutlich wird der Arbeits- und Sozialetat beschnitten. Es ist der größte Posten im Haushalt, und er soll im kommenden Jahr nur noch 132 Milliarden Euro umfassen. Das sind fast acht Prozent weniger als in diesem Jahr. Mit einem Minus von fünf Prozent muss sich der Verkehrsminister abfinden. Die Kürzungen wurden bereits Anfang Juli dieses Jahres im Kabinett beschlossen. Seitdem hat sich die konjunkturelle Lage in Deutschland allerdings deutlich verbessert. Und so wundert es nicht, dass manche Politiker bereits laut darüber nachdenken, ob die Einsparungen denn tatsächlich so hoch ausfallen müssen. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel wehrt ab. Sie sagt klipp und klar: "Das ist nicht immer einfach durchzusetzen, das ist klar. Aber diese Volumina werden kommen."

Im Kreuzfeuer der Opposition

Der Reichstag in Berlin
Ort des Geschehens: Der Reichstag in BerlinBild: Berliner Reichstag, Berlin, Deutschland

Denn trotz der geplanten Einsparungen reichen die Steuereinnahmen bei weitem nicht aus, um die Ausgaben zu decken. So sind für 2011 im Haushaltsentwurf erneut Kredite in Höhe von 57,5 Milliarden Euro veranschlagt. Das sind neue Schulden, die zum bestehenden Schuldenberg der Bundesrepublik Deutschland noch hinzu kommen. Der beläuft sich aktuell auf rund 1,7 Billionen Euro. Angesichts dieser Summe stellt auch die politische Opposition nicht in Frage, dass gespart werden muss. Sie würde, so macht die Parteivorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, deutlich, den Rotstift allerdings an anderen Stellen ansetzen, als es die Regierung vorhat. Die Bundesregierung habe einen Haushalt der sozialen Schieflage vorgelegt, "der dramatische Einschnitte für die Menschen vorsieht, die besonders auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind. Dem werden wir uns entgegenstellen."

Gesetzentwurf nicht das letzte Wort

Sparschwein mit Bundesadler (Foto: picture-alliance)
Das Sparschwein: Lieblingstier des FinanzministersBild: picture-alliance / chromorange

Die Linke fordert unter anderem eine Bankenabgabe, eine Finanztransaktionsteuer, eine Reform der Gewerbesteuer, eine Millionärssteuer und eine Reform der Einkommenssteuer. Auch die SPD und die Grünen fordern Änderungen, Grünen-Chef Cem Özdemir macht sich darüber hinaus Sorgen, dass der Haushalt gar nicht halten kann, was er verspricht. Seiner Ansicht nach enthält das Sparpaket im Wesentlichen Luftbuchungen oder pauschale Kürzungsmaßnahmen. "Das macht deutlich, dass diese Bundesregierung keinen Plan hat, wie sie ihr Ziel der Haushaltskonsolidierung erreichen möchte."

Die Debatte über den Haushaltsentwurf begann am Dienstag mit dem erwarteten Schlagabtausch. Finanzminister Schäuble betonte bei der Vorlage des Etatentwurfs, das Wirtschaftswachstum werde im kommenden Jahr geringer ausfallen als dieses Jahr. Daher werde der Kurs der Haushaltssanierung gehalten. Der Schuldenabbau sei wachstumsfreundlich und nachhaltig, sagte der Minister. Die Opposition wetterte, die Zeche des Sparhaushaltes zahlten die kleinen Leute. Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sprach von einer sozialen Schieflage. Linken-Chefin Gesine Lötzsch forderte eine Rücknahme aller Sozialkürzungen. Die Verursacher der Finanzkrise müssten zur Kasse gebeten werden, nicht die normalen Leute. Alexander Bonde von den Grünen kritisierte, die Politik tanze zunehmend nach der "Pfeife von Monopolisten".

Autorin: Sabine Kinkartz / Ulrike Quast
Redaktion: Henrik Böhme / Thomas Grimmer