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Optimisten in der Regierung

18. Januar 2012

Während sich die Konjunktur weltweit abschwächt, prognostiziert der Jahreswirtschaftsbericht für die deutsche Wirtschaft bessere Zeiten. Aber nur, wenn sich die Euro-Zone stabilisiert.

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Container-Terminal 'Burchardkai' im Hamburger Hafen (Foto: Christian Charisius)
Bild: picture-alliance/dpa

Es kommt immer auf die Perspektive an: Gäbe es keine Schuldenkrise, keine Schwierigkeiten im Euro-Raum und keinen Abschwung in der Weltwirtschaft, dann müsste man den Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung für 2012 wohl als ziemlich deprimierend bezeichnen. Dann hätte auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler bei der Vorstellung des Berichts in Berlin an diesem Mittwoch (18.01.2012) noch angeschlagener gewirkt, als er es - einer Erkältung geschuldet - ohnehin getan hat. Doch die Perspektive ist zurzeit eben eine andere. Die Weltbank warnt vor der Gefahr einer weltweiten Wirtschaftskrise, in der EU droht eine Rezession und in dieser Situation ist die Aussicht auf geschätzte 0,7 Prozent Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr nicht deprimierend, sondern aufbauend.

Entsprechend positiv formuliert der Minister seinen Ausblick: Deutschland stehe gut da, die Wirtschaft sei robust. "Von Rezession kann überhaupt nicht die Rede sein. Im Gegenteil: Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr weiter wachsen, wenn auch moderater als 2011", betont Rösler. Das habe auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, der sich weiter positiv entwickeln werde.

Konjunkturdelle statt Rezession

Philipp Rösler (Foto: dapd)
Philipp Rösler: "Die Wirtschaft ist robust"Bild: dapd

Mit dieser Annahme steht der Minister und Vizekanzler nicht allein da. Bereits am Dienstag hatte das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) einen überraschend positiven Ausblick gegeben. Nach einer ununterbrochenen Talfahrt der Konjunkturerwartungen im Jahr 2011 geht der Trend in Deutschland jetzt wieder aufwärts.

Wenn die Unternehmen an einer Rezession vorbeikommen, dann wird sich das auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen. Tatsächlich geht die Bundesregierung in ihrem Jahreswirtschaftsbericht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit im laufenden Jahr auf 6,8 Prozent sinken soll, das wäre der niedrigste Stand seit zwanzig Jahren.

Deutschland sei und bleibe ein Anker für Stabilität und Wachstum in Europa, betont der Bundeswirtschaftsminister. Wobei der bildliche Vergleich, wie ein britischer Journalist bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts kritisch anmerkte, vielleicht etwas hinkt. Wachstum habe doch eigentlich etwas mit Bewegung zu tun und nicht mit dem Stillstand, den ein Anker biete. Aber vielleicht darf man das auch nicht so wörtlich nehmen, Philipp Rösler tut es ja auch nicht. "Das Ziel muss es sein, in der schwierigen europäischen Lage Wachstumsmotor in jedem Fall zu sein und alles dafür zu tun, damit das auch so bleiben kann", erklärt der Minister.

Finanzmärkte bleiben ein Risiko

Ein Finger hält eine Ein-Euro-Münze auf einem beleuchteten Globus über Europa (Foto: dpa)
Wie geht es weiter in der Eurozone?Bild: picture-alliance/dpa

Wachsende Beschäftigung, steigende Einkommen und stabile Preise - das sind laut Jahreswirtschaftsbericht die Garanten dafür, dass es in Deutschland nicht abwärts geht. Die Binnenkonjunktur lebt vom privaten Konsum, der durch eine wachsende Kaufkraft erst möglich wird. Dies stärke die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegenüber Einflüssen von außen, erklärt der FDP-Politiker.

Doch damit allein ist es wohl nicht getan. Die Bundesregierung unterstellt in ihrer Prognose, dass sich die Euro-Staatsschuldenkrise nicht weiter zuspitzt und die Maßnahmen und Vereinbarungen zur Änderung der EU-Verträge, wie sie im Dezember auf dem EU-Sondergipfel beschlossen wurden, auch umgesetzt werden. "Das größte Risiko auch für die hier vorgelegte Projektion ist die Entwicklung auf den Finanzmärkten, insbesondere die Entwicklung in der Euro-Zone. Deswegen ist es richtig, dass die Bundesregierung und die europäischen Partner alles dafür tun, um die Euro-Zone zu stabilisieren. Und das erklärt, warum wir so vehement für diese Stabilitätsunion kämpfen", betont Rösler.

Überall in Europa müssten jetzt, möglichst auf Verfassungsebene, wirksame Schuldenbremsen eingeführt werden. Er sei überzeugt, so Rösler, dass mit Blick auf eine strikte und konsequente Fiskaldisziplin der Vertrag über eine Stabilitätsunion eng mit dem neuen Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM verzahnt werde. Mit anderen Worten: Nur wer sich dem Spardiktat beugt, soll in Zukunft mit Hilfsgeldern rechnen können.

Der Bundeswirtschaftsminister räumt ein, dass Deutschland seine Forderungen aus einer komfortablen Lage heraus stellen kann. Anleger sind inzwischen sogar bereit, Prämien zu zahlen, nur um ihr Geld in deutschen Staatsanleihen parken zu können. Auf die Frage, ob Deutschland vor diesem Hintergrund finanziell nicht mehr zur Rettung der Schuldenstaaten beitragen müsste, schüttelt der Minister aber den Kopf. "Wir sind schon in großer und starker Verantwortung und der werden wir auch zukünftig gerecht werden."

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Rolf Wenkel