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Bundespräsident Rau mahnt vor der Welternährungsorganisation verstärkte Maßnahmen gegen Hunger an

Patricia Arnold 17. Oktober 2001

Fünf Jahre Bürgerkrieg und zwei Jahre Dürre haben die Bevölkerung Tadschikistans in tiefes Elend gerissen.

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In der früheren Sowjetrepublik, ein Nachbarland zu Afghanistan, hungert etwa eine Million Menschen, rund ein Sechstel der Bevölkerung. Noch vor Wintereinbruch will das UN-Welternährungsprogramm, wie es heute ankündigte, die notleidende Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen, um das Schlimmste zu verhindern. Auf allen Kontinenten leiden über 800 Millionen Männer, Frauen und Kinder Hunger und jeden Tag sterben etwa 24.000 Menschen an Unterernährung:

"Wer gegen den Hunger kämpft, der kämpft mit friedlichen Mitteln für eine friedlichere Welt."

So Bundespräsident Johannes Rau in Rom während einer Veranstaltung in der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft, FAO, zum Welternährungstag. Johannes Rau rief dazu auf, den Teufelskreis von Armut, Elend und Hunger, der zu Gewalt und Krieg führen könnte, mit politischen Mitteln zu durchbrechen:

"Wir brauchen auf diesem Globus nicht mehr Militär und nicht mehr Waffen. Wir brauchen mehr aufgeklärte Staatsmänner und mehr Mut zu unbequemen Wahrheiten. Wir müssen die Dialogfähigkeit und das gegenseitige Verständnis stärken, in den Ländern und über die Staatsgrenzen hinweg, damit aus Unverständnis nicht Hass, Gewalt, Terror und Krieg werden."

In ihrem jüngsten Bericht kritisierte die Welternährungsorganisation beispielsweise, dass in einigen der ärmsten Länder zwar die Militärausgaben stiegen, aber nicht die Mittel für die Landwirtschaft. Den Industrienationen warf die Organisation vor, dass die öffentliche Entwicklungshilfe die Landwirtschaft in den armen Ländern viel zu wenig unterstütze. Dies trage zum Stillstand im Kampf gegen den Hunger bei. Denn die Zahl der Menschen, die zu wenig zu essen hat, sinkt weltweit langsamer als bisher angenommen.

Vor sechs Jahren kamen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt bei dem Treffen in Rom überein, die Zahl der Hungernden bis zum Jahre 2015 zu halbieren. Dieses Ziel sei in weite Ferne gerückt, heißt es in dem Bericht der FAO. Sie stellt eine düstere Prognose auf. Wenn der Hunger nicht entschiedener bekämpft werde als bisher, werde es mehr als 60 Jahre dauern, um die Zahl der Unterernährten auf 400 Millionen zu drücken.

Genug zu essen zu haben ist nach den Worten von Johannes Rau ein fundamentales Menschenrecht. Hungernde Menschen, sagte er, seien eine Anklage gegen die Weltgemeinschaft. Seiner Ansicht nach wird zuviel über die technische und zuwenig über politische Möglichkeiten geredet, um den Hunger zu bekämpfen:

"Wo Diktatur, Unterdrückung, Intoleranz und Korruption herrschen, da ist keine gedeihliche Entwicklung möglich. Da gedeihen Neid und Unfrieden, Resignation und Apathie, Angst und Hoffnungslosigkeit."

Stacheldraht und Mauern, sagte der Bundespräsident, seien keine Antwort auf Flüchtlingsströme und Elend. So wie es eine weltweite Koalition gegen den Terrorismus gäbe, brauche man auch ein internationales Bündnis gegen Hunger und Armut. Staats- und Regierungschefs aus 190 Ländern wollten sich Anfang November zum Welternährungsgipfel in Rom treffen. Aus Angst vor Terroranschlägen wurde diese Konferenz nun jedoch auf das nächste Jahr verschoben.