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Politik

Merkel verurteilt türkischen Vorstoß in Afrin

21. März 2018

Tod, Gewalt und Vertreibung im kurdischen Afrin: Das Vorgehen der Türkei im Norden Syriens sei "inakzeptabel", erklärt Kanzlerin Angela Merkel. Bisher hatte sich die Bundesregierung eher zurückhaltend geäußert.

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Syrien Afrin - Zerstörung nach türkischer Offensive
Kurden stehen in den Trümmern ihrer Stadt Afrin Bild: Getty Images/AFP/Stringer

"Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei ist es inakzeptabel, was in Afrin passiert, wo Tausende und Abertausende von Zivilisten verfolgt sind, zu Tode kommen oder flüchten müssen": Bundeskanzlerin Angela Merkel fand in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch klare Worte für die türkische Strategie in Zusammenhang mit dem Einmarsch in die syrische Kurdenhochburg. Man verurteile dies "auf das Schärfste", erklärte sie vor den Abgeordneten im Bundestag. 

Bis dahin hatte sich die Bundesregierung nur zurückhaltend zu den türkischen Angriffen auf das syrische Kurdengebiet Afrin und die kurdischen YPG-Milizen geäußert. Deutliche Kritik an dem NATO-Partner wurde tunlichst vermieden. Merkel verurteilte in ihrer Rede ebenfalls die Angriffe syrischer Regierungstruppen auf Zivilisten im syrischen Ost-Ghouta.

Plünderungen und Massaker? 

"Wir haben erhebliche Zweifel an der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit" des türkischen Vorgehens, sagte nun auch ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Die Bundesregierung habe "mit Besorgnis" Berichte der Vereinten Nationen über Plünderungen und die Zerstörung einer kurdischen Statue in Afrin zur Kenntnis genommen. Aufklärung verlangte der Sprecher zudem zu bislang unbestätigten Berichten über Massaker an Zivilisten.

"Das humanitäre Völkerrecht ist einzuhalten", forderte der Außenamts-Sprecher weiter von der Türkei und den mit ihr verbündeten vorwiegend islamistischen Milizen. Auch wenn die Türkei bei ihrem Angriff auf Afrin für sich ein Selbstverteidigungsrecht in Anspruch nehme, finde dieses "seine Schranken im humanitären Völkerrecht".

"Waffenruhe durchsetzen"

Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer forderte Präsident Recep Tayyip Erdogan auf, die Kampfhandlungen in Syrien einzustellen. Sie sagte, alle Konfliktparteien in Syrien müssten die Forderung des UN-Sicherheitsrats nach einer 30-tägigen Waffenruhe in dem Land "endlich umsetzen". Auch seien alle Parteien verpflichtet, "den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen". Statt neuer Vertreibungen pochte sie auf "die sofortige Sicherstellung der Versorgung der Menschen in ihren Heimatorten". Demmer begrüßte, dass die Türkei Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen untersuchen wolle.

Die NATO ist gefragt

Auch die Fraktionsführer der großen Regierungskoalition äußerten sich zu den Ereignissen in Nordsyrien. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles nannte die Offensive der Türkei "völkerrechtswidrig". Für die Union forderte Volker Kauder, dass sich der NATO-Rat mit dem Vorgehen der Türkei gegen die Kurden beschäftigen müsse. Es dürfe nicht unwidersprochen bleiben, wenn ein NATO-Mitglied Menschenrechte verletze.

Das türkische Militär hatte am Wochenende unterstützt durch islamistische Rebellen die Kurdenstadt Afrin zwei Monate nach dem Einmarsch in Nordsyrien erobert. Kurden in aller Welt begingen am Mittwoch das Neujahrsfest im Zeichen der Niederlage und in tiefer Trauer um die zahlreichen Opfer. 

Nach türkischen Luftangriffen auf Kurdengebiete im Norden des Irak warnte die Regierung in Bagdad die Türkei vor einem Einmarsch. Man werde keine Präsenz fremder Truppen auf seinem Boden zulassen, erklärte das Außenministerium. Erdogan hatte nach der Eroberung Afrins mit einer Ausweitung der Offensive bis in den Nordirak gedroht.   

SC/se (afp, dpa, APE)