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Britischer Dirigent Neville Marriner ist tot

2. Oktober 2016

In der Auswahl seiner Musiker achtete er kompromisslos auf höchste Qualität, aber sein Führungsstil war ausgesprochen locker. Jetzt ist der britische Dirigent Sir Neville Marriner mit 92 Jahren in London gestorben.

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Sir Neville Marriner
Bild: icartists.co.uk

Sein großes musikalisches Talent lag in der Familie: Neville Marriner wurde am 15. April 1924 in die Familie eines Architekten und Chorleiters hineingeboren. Schon früh war zu erkennen, dass er eine große Musikalität geerbt hatte. Direkt nach seiner Schulzeit begann der junge Mann ein Violinstudium am berühmten Royal College of Music in London, später ging er nach Paris ans dortige Konservatorium. Erstes Handwerkszeug erarbeitete sich der junge Marriner in Privatstunden und intensiven Sommerkursen, wobei er den italienischen Maestro Arturo Toscanini am meisten bewunderte.

Nach dem Krieg lernte er die Barockmusik näher kennen und beschäftigte sich noch mehr mit Alter Musik und historischer Aufführungspraxis. Ab 1952 war er hauptberuflich als 2. Geiger beim Londoner Philharmonic Orchestra angestellt, dem er bis 1968 angehörte. Aber schon 1959 schloss sich Marriner mit anderen, ebenfalls unzufriedenen Musikerkollegen zusammen und gründete sein eigenes Ensemble für Barockmusik: die Academy of St. Martin-in-The-Fields. 1970 gelang dem Ensemble mit der Einspielung von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" der internationale Durchbruch. Zwei Goldene Schallplatten krönten den Erfolg.

Kompromisslos in der Qualität der Musiker

Sein unbekümmerter, mit leichter Hand dirigierter Musikstil machte ihn weltweit bekannt. Locker war auch sein Führungsstil. Über viele Jahre hatte die Academy keine festen Mitglieder, sondern formierte sich von Auftritt zu Auftritt neu. Dieses Mitbestimmungsmodell erhielt den Musikern die Spielfreude und befeuerte ihren musikalischen Ehrgeiz, wie Neville Marriner 1993 in einem Interview mit dem "Hamburger Abendblatt erzählte: "Unsere Musiker werden genauso bezahlt wie andere, mit der einzigen Ausnahme, dass wir ihnen keinerlei Sicherheit bieten. Spielen sie schlecht, müssen sie gehen, spielen sie gut, musizieren sie vielleicht über viele Jahre mit uns."

Dirigent Sir Neville Marriner
Neville Marriner bei der Arbeit mit jungen Musikern Bild: picture-alliance/dpa

Auch populäre Musik spielte die Academy of St. Martin-in-The-Fields von Neville Marriner sehr erfolgreich ein, u.a. die Filmmusik für den Mozartfilm "Amadeus" (1983) von Regisseur Milos Forman, die als Soundtrack auf CD weltweit verkauft wurde. Und auch die Hymne der "Champions League", die in den Fußballstadien vor jedem Champions-League-Spiel läuft. Aufgenommen hat Neville Marriner ein kaum überschaubares Repertoire von Barock bis zu moderner Klassik, bei allen achtete er kompromisslos auf Qualität. Als Anerkennung seiner Verdienste für die klassische Musik erhob ihn die britische Königin Elizabeth II. 1985 in den Adelsstand und schlug ihn zum Ritter. Von da ab durfte er sich Sir Neville Marriner nennen.

Am kommenden Dienstag wollte der hochbetagte Dirigent, der mehrere Grammys und hochdotierte Preise verliehen bekommen hat, im Wiener Musikverein noch einmal dirigieren. In der Nacht zum Sonntag (02.10.2016) ist Neville Marriner mit 92 Jahren gestorben, wie sein Orchester, die Academy of St. Martin-in-The-Fields, heute bekannt gab.

hm/hf (dpa/munzinger.com)