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Die Unwilligen

22. Februar 2012

Knapp 30 Staaten wollen die Klimaschutz-Abgabe für Kohlendioxid-Emissionen der Europäischen Union für den Luftverkehr torpedieren. In Moskau fand ein Treffen der "Koalition der Unwilligen" statt.

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Ein Flugzeug im Landeanflug auf den Flughafen von Frankfurt am Main durchfliegt die aufgehende Sonne über dem Rhein-Main-Gebiet (Foto: dpa)
utzung Klimawandel SonneBild: picture-alliance/dpa

Rund 26 Staaten wollen sich gegen die Klimaschutzregeln der Europäischen Union für den Luftverkehr wehren. Eine selbst ernannte "Koalition der Unwilligen" hat sich am Mittwoch (22.02.2012) in Moskau auf einen Katalog von Druckmitteln gegen die Europäische Union geeinigt. Die hatte im Januar einseitig die Fluggesellschaften verpflichtet, für einen Teil ihrer Kohlendioxid-Emissionen bei Flügen von und nach Europa zu zahlen.

"Wir haben unsere Entschlossenheit demonstriert, um eine Abschaffung oder Verschiebung der Emissionsabgabe ETS zu bitten", sagte der stellvertretende russische Verkehrsminister Valeri Okulow nach dem zweitägigen Treffen von insgesamt 26 Staaten, darunter auch China und Indien. Jedes Land wird allerdings selbst entscheiden, wie es gegen den EU-Klimaschutz vorgehen will. So wie dies bereits China im Januar angekündigt hat, könnten zum Beispiel auch andere Staaten ihren heimischen Fluggesellschaften die Teilnahme am Emissionshandel untersagen.

Moderner Ablasshandel

Die EU hat als einziger Wirtschaftsblock seit 2005 für die Industrie den Handel mit CO2-Emissionen eingeführt. Seit diesem Jahr müssen auch Fluggesellschaften an diesem Ablasshandel teilnehmen. Die Unternehmen bekommen zunächst 85 Prozent der Verschmutzungsrechte kostenlos zugeteilt, müssen für die darüber hinaus gehenden Emissionen aber Zertifikate kaufen. Dazu wären die Fluggesellschaften erstmals 2013 verpflichtet. Danach soll der Anteil der Gratisrechte schrittweise verringert werden. Weigern sich die Airlines, an diesem Handel teilzunehmen, drohen Strafzahlungen und als letzte Konsequenz sogar ein Start- und Landeverbot in Europa.

Russlands Verkehrsminister Igor Levitin sagte, für die Erhebung einer solchen Emissionsgebühr bedürfe es des Einverständnisses aller Staaten, die in der internationalen Lufttransportvereinigung IATA zusammengeschlossen sind. Ein Alleingang der EU führe unweigerlich zu einem Anstieg der Ticketpreise. Ein Sprecher der russischen Fluggesellschaft Aeroflot bezifferte die Kosten des Zertifikatehandels auf rund 800 Millionen Euro bis 2025.

Wo bleiben Gegenvorschläge?

Ein Sprecher von EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard erklärte, die EU werde ihre Gesetzgebung gegen mögliche Beschwerden bei der internationalen Luftfahrtorganisation ICAO verteidigen. "Statt uns zu kritisieren, sollten die anderen Länder lieber konstruktive Vorschläge machen, wenn sie es mit einem globalen Abkommen zum Klimaschutz ernst meinen", sagte der Sprecher in Brüssel.

In der ICAO wird schon seit etlichen Jahren über ein globales System gestritten, um die CO2-Emissionen im Luftverkehr zu reduzieren. Auch formelle Beschwerden gegen die EU in der ICAO wären möglich, dort gibt es für den Fall von Konflikten ein Schiedsverfahren. Die EU erklärte, sie sei zuversichtlich, ihr Gesetz dort verteidigen zu können. Der Europäische Gerichtshof hatte kürzlich auf Klagen amerikanischer Airlines hin geurteilt, dass die EU-Verordnung nicht gegen internationales Recht verstößt.

Die USA, China, Russland, Brasilien und andere Staaten machen schon länger mobil gegen die EU-Klimavorschriften. In Moskau vereinbarten sie einen Katalog von Druckmitteln. Die "Koalition der Unwilligen" könnte zum Beispiel Gespräche mit europäischen Fluggesellschaften über neue Flugrouten abbrechen oder diese ihrerseits mit Gebühren belegen. So plant dem Vernehmen nach Russland, europäischen Fluggesellschaften, die über Sibirien nach Asien fliegen, mit einer Sondergebühr zu belasten. Ursprünglich wollte Moskau die Gebühren für Flüge über Sibirien ab 2014 ganz abschaffen

Das nächste Treffen der Klimaschutz-Gegner soll Saudi-Arabien im Sommer ausrichten.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Henrik Böhme