1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Brain Drain und Heimweh in den USA

Stefan Biestmann, Washington DC27. März 2006

Rund 6000 junge deutsche Forscher arbeiten derzeit in den USA. Viele von ihnen würden gerne in ihr Heimatland zurückkehren, doch ihnen fehlt hier die berufliche und finanzielle Perspektive.

https://p.dw.com/p/89ZE
Wissenschaftler wandern lieber abBild: dpa - Bildfunk

Eigentlich hatte Markus Ries die Rückkehr nach Deutschland fest eingeplant. Nach seinem Master-Abschluss in den USA wollte der Mediziner 2005 seine Koffer packen - um in seinem Heimatland eine neue Existenz aufzubauen. Und das, obwohl ihm in den USA lukrative Job-Angebote vorlagen. Ries bewarb sich bei vielen deutschen Forschungsstellen. Doch diese schienen an den Diensten des Wissenschaftlers kein Interesse zu haben - trotz seines glänzenden Lebenslaufs.

Nun beschreitet der 34-jährige Ries in den USA weiter seinen Erfolgsweg. Er arbeitet als Kinderarzt im Nationalen Gesundheitsinstitut bei Washington. Dort behandelt er Patienten mit Stoffwechselkrankheiten und Entwicklungsstörungen. Und er hilft als Forscher dabei mit, neue Therapieverfahren zu entwickeln. Die Arbeit als Wissenschaftler in den USA bereitet ihm viel Freude. Er erhält das nötige Geld für neue Projekte - und ist begeistert vom Forschungsklima.

Unattraktive Hochschullandschaft

Nicht nur Ries klagt über die mangelnden Perspektiven in seinem Heimatland, die zum Brain Drain - dem Abwandern von klugen Köpfen - führen. 560 deutsche Wissenschaftler in Nordamerika haben sich in einem offenen Brief für eine attraktivere Hochschullandschaft stark gemacht. Das Schreiben haben die Forscher im Dezember 2005 an Wissenschaftsministerin Annette Schavan übergeben. Darin fordern sie transparentere und zügigere Berufungsverfahren für Professorenstellen. Außerdem wünschen sie sich langfristige Perspektiven für Juniorprofessoren.

Ein Grund, warum auch Sonja Dieterich den Brief unterzeichnet hat. Die Medizinphysikerin arbeitet als Juniorprofessorin an der Georgetown Universität in Washington - und forscht mit Hilfe neuester Techniken. Im Gegensatz zu anderen deutschen Forschern in den USA hat Dieterich ein Stellenangebot aus Deutschland bekommen. Doch die Job-Offerte der Georgetown Universität war finanziell besser. Und die 32-Jährige arbeitet hier mit international renommierten Forschern zusammen.

Mitarbeiten am Aufschwung - aber nicht in Deutschland

Aber nicht nur viele Wissenschaftler, sondern auch 10.000 deutsche Studenten bevölkern die amerikanischen Hochschulen. In Washington studiert hat der gebürtige Saarbrücker Florian Hauswiesner. Er machte 2005 seinen Masterabschluss im Fach Jura. Jetzt baut sich der 31-Jährige als Anwalt und Unternehmensberater in Washington eine Existenz auf. Seine Kunden sind vor allem europäische Unternehmen. Hauswiesner glaubt nicht daran, dass die neue Bundesregierung in Kürze Reformen auf den Weg bringt, die deutsche Forscher zur Rückkehr bewegen.

Auch Markus Ries erwartet keine Wunderdinge von der großen Koalition. Der Kinderarzt plant seine Zukunft in den USA. Im Juni tritt er eine neue Stelle als medizinischer Direktor einer Biotechnologiefirma in Boston an. Mindestens fünf Jahre will er dort arbeiten. Ries wirkt am technologischen und wissenschaftlichen Aufschwung mit - aber leider nicht in Deutschland.