Biobauer aus Leidenschaft
Landwirt Henric Debus hat sich bewusst für die Biolandwirtschaft entschieden, obwohl das viel Arbeit und wenig Freizeit bedeutet. Für mehr politische Unterstützung des Ökolandbaus geht er auch schon mal auf die Straße.
Der Bio Bio- Abkürzung für: biologisch; hier: auf natürliche Weise produziert bauernhof Zeppenfeld der Familie Debus im nordrhein-westfälischen Siegen liegt direkt an einer Durchgangsstraße Durchgangsstraße, -n (f.) eine Straße, die von Verkehrsteilnehmern genutzt wird, um durch einen Ort auf dem Weg zum eigentlichen Ziel durchzufahren . Hier halten Leute an, zapfen aus einem riesigen Stahlbehälter frische Biomilch in die selbst mitgebrachten Flaschen, packen die hellbraunen Eier aus artgerechter artgerecht zum Tier passend; der Natur des Tieres entsprechend Haltung in die Zehnerbox oder greifen für ein tiefgefrorenes Kalbskotelett Kalbskotelett, -s (n.) ein Stück Fleisch von einem jungen Rind mit einem Knochen in den Kühlschrank. Das Geld für den Einkauf legen sie in eine kleine silberne Kasse. Denn hier auf dem Hof läuft alles per per durch, mittels Selbstbedienung und Direktvermarktung Direktvermarktung (f., nur Singular) der direkte Verkauf von Produkten (oder Dienstleistungen) von einem Unternehmen an die Kunden ohne einen Zwischenhändler (z. B. einen Supermarkt) in einem Hofladen Hofladen, -läden (m.) ein Geschäft, das zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehört und wo Produkte dieses Betriebs verkauft werden . Hofbesitzer Henric Debus vertraut seinen Kunden*, dass sie ihren Beitrag zur ökologischen ökologisch hier: umweltfreundlich Landwirtschaft leisten wollen. Mit Mitte 20 übernahm er 2019 den Bauernhof von seinen Eltern, führt ihn jetzt in dritter Generation. Eine Entscheidung, die er schon früh ganz bewusst getroffen hat:
„Schlussendlich entschieden hab ich mich eigentlich in der zwölften Klasse dazu, weil, in der elften Klasse sollten wir ’n zweiwöchiges Praktikum absolvieren. Das hab ich in ’ner Elektrofirma gemacht. Und das war irgendwie überhaupt nichts. Da hat mir einfach die Natur gefehlt und so die frische Luft. Da hab ich mich völlig fehl am Platz gefühlt und hab dann eben auch gesagt: Gut, Landwirtschaft, das ist mein Steckenpferd, das hab ich schon von Kind auf miterlebt. Und ja hab mich dann eben dazu entschlossen, ’ne Ausbildung zu machen, um eben noch mehr in der Praxis zu lernen.“
Nur drinnen statt draußen zu arbeiten, wäre nichts für Henric gewesen. Er würde sich in so einem Beruf fehl am Platz fühlen, nicht dahingehörend. Denn er ist mit der Landwirtschaft groß geworden. Sie ist sein Steckenpferd, etwas, für das er sich interessiert, was er gern macht. 2014 beendete er seine dreijährige Ausbildung zum Landwirt, besuchte dann noch die Fachschule für Agrarwirtschaft Agrarwirtschaft (f., nur Singular) die Landwirtschaft in Kleve, die er mit der Prüfung zum staatlich geprüften Agrarbetriebswirt mit dem Schwerpunkt ökologischer Landbau abschloss. Schon während seiner Ausbildung hatte ihn der Ökolandbau Ökolandbau (m., nur Singular) umgangssprachlich für: ökologische Landwirtschaft, bei der auf umweltschonende Produktion und artgerechte Tierhaltung geachtet wird stark interessiert:
„Weil ich finde, dass es wichtig ist in Richtung Ökologie zu gehen, dass das nachhaltig ist. Ich will jetzt nicht unbedingt behaupten, dass konventionelle Landwirtschaft nicht nachhaltig ist. Das kann auch nachhaltig betrieben werden, dass man da versucht, wenig Pestizide einzusetzen. Und ja, wir sind eben ’n ökologisch wirtschaftender Betrieb und wir setzen so was nicht ein.“
Der Familienbetrieb stellte 2007 von herkömmlicher, konventioneller, auf ökologische Landwirtschaft um und gehört damit zu den rund 32.000 Betrieben in Deutschland, die ökologisch wirtschaften. Für Henric ist es eine Herzensangelegenheit, nachhaltig zu produzieren, so umweltfreundlich, dass Natur und Boden nicht leiden. Das geschieht nämlich, wenn Pestizide eingesetzt werden, chemische Mittel, die Pflanzen vor Krankheiten und bestimmten Tieren schützen. In der konventionellen Landwirtschaft wird nach Ansicht des Biobauern häufig der Fehler gemacht, dass auf auf etwas setzen hier: sich auf etwas Bestimmtes verlassen; überzeugt davon sein, dass etwas Bestimmtes richtig ist Monokultur Monokultur, -en (f.) der Anbau der immer gleichen Pflanzenart auf einer Bodenfläche gesetzt auf etwas setzen hier: sich auf etwas Bestimmtes verlassen; überzeugt davon sein, dass etwas Bestimmtes richtig ist wird. Die Folge: Es wachsen ganz bestimmte Unkräuter Unkraut (n., nur Singular) die schädlichen oder nutzlosen Pflanzen, die zwischen den angebauten Pflanzen wachsen , die dann mit der Chemiekeule Chemiekeule, -n (f.) hier umgangssprachlich für: ein chemisches Mittel zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen und Unkraut bekämpft werden. Wird jedoch die Fruchtfolge beachtet, also zum Beispiel mal Kartoffeln, dann Getreide und im dritten Jahr auch mal nur Kleegras Kleegras, -gräser (n.) eine Mischung verschiedener Gräser und Kleesorten, die als Futterpflanze verwendet werden kann, aber auch als natürlicher Dünger für den Boden angebaut, dann, so Henric Debus, gibt es weniger Unkräuter. Außerdem erhält der Boden zusätzliche Nährstoffe. Auch der Tierschutz spielt für Henric eine wichtige Rolle:
„Ich finde einfach, den Tieren soll es gut gehen. Die sollen genügend Platz haben. Die sollen auf Stroh liegen dürfen, dass die eben auch ’n Bett haben, wo sie drauf liegen und nicht auf Beton.“
Landwirt zu sein bedeutet für Henric in der Regel, dass er einen 13-Stunden-Tag hat – von 6 Uhr morgens bis 19 Uhr abends. Im Sommer, wenn Erntezeit ist, wird’s auch schon mal länger. Dabei ist er weitgehend allein. Morgens unterstützt ihn sein Vater beim Melken melken hier: die Milch einer Kuh mithilfe der Hände oder einer Maschine nehmen , abends hilft jemand beim Ausmisten aus|misten hier: einen Stall von den Ausscheidungen von Nutztieren (z. B. Kühe, Schweine) befreien der Ställe. Viel Freizeit, gar Urlaub, ist drin sein hier umgangssprachlich für: möglich sein kaum drin drin sein hier umgangssprachlich für: möglich sein . Doch für etwas nimmt er sich die Zeit: Für eine größere Unterstützung des Biolandbaus auf die Straße auf die Straße gehen hier: gegen etwas protestieren; demonstrieren gehen zu gehen auf die Straße gehen hier: gegen etwas protestieren; demonstrieren gehen . Dafür fährt er auch schon mal – wie im Januar 2020 – mit seinem Traktor 1.200 Kilometer nach Berlin hin und zurück, um an einer Bauern-Großdemonstration teilzunehmen. Es war bereits das sechste Mal, dass er sich an so einer Großdemo beteiligt hat, denn er findet es wichtig:
„Dass man Präsenz zeigt, dass man noch da ist; dass Lebensmittel irgendwo auch herkommen, dass die nicht aus dem Supermarkt kommen, sondern eben dann von Landwirten produziert werden. Was mich zum Beispiel unheimlich erschreckt ist, dass 70 Prozent der Förderung, die so von der EU kommen, an 30 Prozent der Betriebe gehen, an die großen ja, weil die eben viel Fläche haben. Und wenn ich viel Fläche habe, bekomme ich eben viel Förderung.“
Obwohl in Deutschland die Nachfrage nach Biolebensmitteln und Biogetränken steigt, müssen viele Ökobauern ihre Betriebe aufgeben und zu konventionellen Produktionsstandards zurückkehren. Für sie rentiert sich sich rentieren; etwas rentiert sich sich lohnen; jemandem ein positives Ergebnis bringen die Biolandwirtschaft finanziell nicht, weil sie zu wenig Fläche bewirtschaften. Denn die Förderung aus dem EU-Agrarsubventionsfonds EU-Agrarsubventionsfonds (m., nur Singular) ein Programm der Europäischen Union zur finanziellen Förderung der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Entwicklung ist flächenabhängig. Zum Vergleich: 36.000 Euro Subventionen erhielt der Siegener Bauernhof 2018, 330.000 Euro der Energiekonzern RWE, der auch über viele landwirtschaftliche Flächen verfügt. Trotz allem gibt Henric Debus die Hoffnung nicht auf, dass sich etwas ändert, und schaut zuversichtlich in die Zukunft. Irgendwann würde er gern noch eigene Milchprodukte wie Käse oder Joghurt herstellen und auch das Obst seiner Streuobstwiesen Streuobstwiese, -n (f.) eine Fläche (z. B. Wiese) mit verstreut stehenden Obstbäumen verschiedener Sorten, auf der auch Tiere weiden können stärker vermarkten. Außerdem möchte er gern eine Familie gründen. Für einen Landwirt ist es aber gar nicht so einfach, eine Partnerin zu finden, denn sie müsste mit seinem Leben auch klarkommen:
„Dass ich hier den ganzen Tag über eingebunden bin, eben mal nicht spontan irgendwie in Urlaub fahren kann, dass das eben alles gut geplant sein muss.“
Fest vor hat er auch, den Leitspruch des Betriebs weiter zu erfüllen:
„Dass wir die Welt nicht von unseren Großeltern erben, sondern von unseren Kindern geliehen haben und dass wir die eben dann weitergeben können.“
Biobauer aus Leidenschaft
Bio- — Abkürzung für: biologisch; hier: auf natürliche Weise produziert
Durchgangsstraße, -n (f.) — eine Straße, die von Verkehrsteilnehmern genutzt wird, um durch einen Ort auf dem Weg zum eigentlichen Ziel durchzufahren
artgerecht — zum Tier passend; der Natur des Tieres entsprechend
Kalbskotelett, -s (n.) — ein Stück Fleisch von einem jungen Rind mit einem Knochen
per — durch, mittels
Direktvermarktung (f., nur Singular) — der direkte Verkauf von Produkten (oder Dienstleistungen) von einem Unternehmen an die Kunden ohne einen Zwischenhändler (z. B. einen Supermarkt)
Hofladen, -läden (m.) — ein Geschäft, das zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehört und wo Produkte dieses Betriebs verkauft werden
ökologisch — hier: umweltfreundlich
Agrarwirtschaft (f., nur Singular) — die Landwirtschaft
Ökolandbau (m., nur Singular) — umgangssprachlich für: ökologische Landwirtschaft, bei der auf umweltschonende Produktion und artgerechte Tierhaltung geachtet wird
auf etwas setzen — hier: sich auf etwas Bestimmtes verlassen; überzeugt davon sein, dass etwas Bestimmtes richtig ist
Monokultur, -en (f.) — der Anbau der immer gleichen Pflanzenart auf einer Bodenfläche
Unkraut (n., nur Singular) — die schädlichen oder nutzlosen Pflanzen, die zwischen den angebauten Pflanzen wachsen
Chemiekeule, -n (f.) — hier umgangssprachlich für: ein chemisches Mittel zur Bekämpfung von Pflanzenschädlingen und Unkraut
Kleegras, -gräser (n.) — eine Mischung verschiedener Gräser und Kleesorten, die als Futterpflanze verwendet werden kann, aber auch als natürlicher Dünger für den Boden
melken — hier: die Milch einer Kuh mithilfe der Hände oder einer Maschine nehmen
aus|misten — hier: einen Stall von den Ausscheidungen von Nutztieren (z. B. Kühe, Schweine) befreien
drin sein — hier umgangssprachlich für: möglich sein
auf die Straße gehen — hier: gegen etwas protestieren; demonstrieren gehen
sich rentieren; etwas rentiert sich — sich lohnen; jemandem ein positives Ergebnis bringen
EU-Agrarsubventionsfonds (m., nur Singular) — ein Programm der Europäischen Union zur finanziellen Förderung der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Entwicklung
Streuobstwiese, -n (f.) — eine Fläche (z. B. Wiese) mit verstreut stehenden Obstbäumen verschiedener Sorten, auf der auch Tiere weiden können