1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Bill Gates will Toilettenrevolution starten

6. November 2018

Fast eine Milliarde Menschen muss sich in die Büsche schlagen - weil es kein WC gibt. Das ist mehr als eine Frage des Komforts: Saubere Sanitäranlagen beugen Durchfall, Cholera und Typhus vor.

https://p.dw.com/p/37jw6
China Peking - Toilet Expo: Bill Gates
"Eine vernünftige Toilette ist ein Grundrecht": Bill Gates in PekingBild: picture-alliance/AP Photo/M. Schiefelbein

Mit einem Glas voll Kot am Rednerpult hat Microsoft-Gründer Bill Gates in Peking zu einer weltweiten Toilettenrevolution aufgerufen. Der Mangel an sauberen Sanitäranlagen verursache Krankheiten, durch die jedes Jahr rund eine halbe Million Kinder unter fünf Jahren ums Leben kämen, sagte Gates in der chinesischen Hauptstadt.

Der US-Milliardär sprach auf einer Messe für innovative Toilettentechnologien, die ohne Kanalisation auskommen. Es ist kein Zufall, dass die "Reinvented Toilet Expo" in der Volksrepublik stattfindet: China ist dabei, seine berüchtigten, stinkenden Toiletten zu verbessern - mit einer Kampagne, die Präsident Xi Jinping als "Toilettenrevolution" bezeichnet hat. Indien unternimmt gerade ähnliche Anstrengungen.

Bakterien, Viren, Wurmeier

Mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung habe keine sauberen Sanitäranlagen, sagte Gates. Den wirtschaftlichen Schaden durch Gesundheitskosten und den Ausfall an Produktivität und Löhnen bezifferte er auf 223 Milliarden US-Dollar (195 Milliarden Euro). Dann zählte er auf, wie viele Bakterien, Viren und Wurmeier in den Exkrementen allein in dem Behälter seien, der an seinem Pult stand. Sie lösten Krankheiten wie Durchfall, Cholera und Typhus aus. "An Orten ohne sichere sanitäre Anlagen ist viel mehr als in diesem Glas in der Umwelt", sagte Gates.

China Peking - Toilet Expo
Kommt ohne Kanalanschluss aus: Toilette mit eingebautem KlärsystemBild: picture-alliance/AP Photo/M. Schiefelbein

Während in den reichen Ländern Kläranlagen selbstverständlich sind, bleibt nach den Angaben des Milliardärs weltweit mehr als die Hälfte der menschlichen Hinterlassenschaften unbehandelt. In den vergangenen sieben Jahren haben Gates und seine Frau Melinda über ihre Stiftung mehr als 200 Millionen US-Dollar in die technische Entwicklung von Toiletten gesteckt, die kein Wasser zum Spülen und keine Kanalisation brauchen.

Eingebaute Kläranlage

Die Messe in Peking zeigt neu entwickelte Toiletten, die Exkremente behandeln, schädliche Krankheitserreger beseitigen und Kot in Düngemittel und Wasser umwandeln. Die Technologien seien erstmals so weit entwickelt, dass ihre Anwendung sich auch rechne, sagte Gates. "Es ist nicht mehr länger eine Frage, ob wir Toiletten und andere Sanitärsysteme neu erfinden können." Die Frage sei nur, wie schnell diese sanitärnetz-unabhängigen Lösungen im großen Stil eingesetzt werden könnten.

Die Weltbank, deren Chef Jim Yong Kim an der Messe teilnahm, sowie die Asiatische und die Afrikanische Entwicklungsbank sagten ihre Unterstützung für das Vorhaben zu. Die Unternehmensberater von Boston Consulting schätzen den Markt für diese neuen Toiletten im Jahr 2030 auf jährlich sechs Milliarden US-Dollar. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) errechnete, dass jeder in Sanitäranlagen investierte Dollar wiederum 5,50 Dollar einbringe.

"Vor einem Jahrzehnt hätte ich nie gedacht, dass ich so viel über Kot wissen würde", sagte Gates, der zu den reichsten Menschen der Erde zählt. "Und ich habe ganz bestimmt nicht gedacht, dass Melinda mir sagen müsste, dass ich aufhören soll, am Abendbrottisch über Toiletten und Fäkalschlamm zu reden."

jj/pg (dpa, afp)