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Bildung für Frieden

Karin Vorländer20. Januar 2007

Wohlstand, Freiheit und ein Leben ohne Intifada – davon träumen viele Palästinenser und bewerben sich um ein Studium in Deutschland. Die Lehrerin Rania Salsaa kehrte zurück – um ihren Beitrag zum Frieden zu leisten.

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Talitha Kumi, deutsche Schule im Westjordanland Talitha Kumi wird von dem Berliner Missionswerk unterstützt, Foto: DW
Talitha Kumi - eine deutsche Schule im WestjordanlandBild: DW/Diana Hodali

"Montag, Dienstag, Mittwoch….." – Laut üben die Kinder im Chor Wochentage: Deutschunterricht in der 6. Klasse der Talitha Kumi Schule in Beit Jala. Seit ihrer Rückkehr aus Deutschland vor vier Jahren arbeitet Rania Salaa an der evangelischen UNESCO-Schule, an der Deutsch für die Mädchen und Jungen aus christlichen und muslimischen Familie Pflichtfach ist.

Israelischer Soldat untersucht Palästinenser, Foto: AP
Kontrolle und Unfreiheit: Für die Palästinenser AlltagBild: AP

Acht Jahre lang hatte sie in Köln Diplompädagogik, Deutsch und Geschichte studiert. Anders als die Mehrheit der gebildeten christlichen Palästinenser ging sie bewusst in ihre schwierige Heimat Palästina zurück. "Wenn wir alle wegbleiben, was kann sich dann ändern? Diejenigen, die gelernt haben, nachzudenken, zu forschen, sich nicht abwimmeln zu lassen, müssen zurückkehren, um unseren Landsleuten diese Möglichkeiten vor Augen zu führen," sagt sie. "Und wenn wir außer Landes bleiben, dann besteht die Möglichkeit für einen Unterdrücker zu sagen: Das ist ein Haufen Fanatiker."

Veränderung in Deutschland

In Deutschland ist Rania Salsaa eine selbstbewusste emanzipierte Frau geworden. Sie passt nicht mehr nahtlos in das Frauenbild in Palästina: "Ich werde eher als Deutsche eingestuft. Weil ich aus Deutschland zurückgekommen bin, sagen sie zu mir: 'Du bist ja Deutsche.'"

Georg Dürr, Direktor der deutschen Schule Talitha Kumi, Foto: DW
Georg Dürr, Direktor der deutschen Schule Talitha KumiBild: DW/Diana Hodali

Das liegt nicht nur daran, dass die grazile junge Frau kurze Haare und Jeans trägt, sondern auch daran, "dass ich sehr auf Ordnung und Pünktlichkeit Wert lege. Ich denke, das ist was Positives, was wir in unsere Gesellschaft langsam reinbringen müssen. Wenn man sich dessen bewusst ist, was man aus der anderen Kultur mitgenommen hat, kann man als Lehrer viel, viel

verändern."

Der Traum vom Staat Palästina

Rania Salsaa teilt den Traum ihrer Landsleute von einem eigenen Staat Palästina. Sie setzt darauf, dass Bildung im Kampf und Frieden und Gerechtigkeit zwischen Christen und Muslimen, Israelis und Palästinensern etwas verändern kann. Wie schwierig dieser Weg ist, das spürt sie im eigenen Alltag: "Eine Mauer wird gebaut und die Menschen in der Welt schauen zu."

Talitha Kumi, deutsche Schule im Westjordanland Talitha Kumi wird von dem Berliner Missionswerk unterstützt, Foto: DW
Talitha Kumi - eine deutsche Schule im WestjordanlandBild: DW/Diana Hodali

Seit zwei Jahren macht die neun Meter hohe Betonmauer, die von den Israelis als Sicherheitszaun bezeichnet wird, Beit Jala zu einem Ghetto. Gerade einmal sieben Kilometer klein ist der Radius, in dem Rania Salsaa sich frei bewegen kann, ehe sie an den nächsten

israelischen Checkpoint mit Passkontrolle, Leibesvisitation und endlos langen Wartezeiten kommt. Die politische Situation von Angst, Gewalt und Terror wirkt sich auch im täglichen Unterricht aus.

Lehrerin aus Leidenschaft

Palästinensische Kinder, Foto: AP
Bildung für Palästinensische KinderBild: AP

"Ich hatte eine Schülerin, die absolut verwahrlost ist, weil das Haus der Familie vom israelischen Militär zerstört worden ist", erzählt sie. "Und das habe ich per Zufall erfahren, als die Eltern zum Elternsprechtag da waren. Da habe ich das Problem zwar angesprochen, dass die Schülerin im Unterricht nicht mitkommt, dauern abwesend ist. Aber wenn wir da richtig helfen wollen, brauchen wir wirklich eine professionelle Hilfe, um mit traumatisierten Kindern zu arbeiten." Weiterbildung ist deshalb für Rania Salsaa eine Selbstverständlichkeit. Denn sie ist Palästinenserin und Lehrerin aus Leidenschaft.