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Bildergeschichten

Tillmann Bendikowski11. November 2013

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1949: Der Bundestag beschließt das "Notopfer Berlin".

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Briefmarken mit Aufdruck, Notopfer Berlin, 486 Copyright:picture-alliance
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Falkenstein Notiz zur Verwendung picture alliance/Bildagentur-online pixel

Nein, keine Sorge: Niemand hat die Absicht, eine Berlin-Steuer einzuführen – bei der Abbildung handelt sich um eine historische Aufnahme. So eine Steuer ist ja auch gar nicht nötig, mögen da einige spotten, es gebe ja schon den Länderfinanzausgleich. Doch wer sich heute lustig macht über die Hauptstadt, die zwar arm ist, zugleich aber auch sexy sein will, sollte nicht vergessen, dass die übrigen Deutschen den Berlinern in schlechteren Zeiten durchaus solidarisch zur Seite standen. In diesem Sinne wurde 1949 das "Notopfer Berlin" eingeführt, eine Art Solidaritätszuschlag für die von der deutscher Teilung besonders betroffene Stadt.

Berlin, genau genommen "West-Berlin", erholte sich zu diesem Zeitpunkt mühsam von den Folgen der sowjetischen Blockade der Zufahrtswege. Amerikaner und Briten, sorgten zwischen Juni 1948 und Oktober 1949 mit der spektakulären Luftbrücke für das Überleben der eingeschlossenen Menschen. Jetzt waren die Wege zwar wieder offen, doch die Not in der Stadt groß. Die Abgeordneten in Bonn reagierten am 9. Dezember 1949 mit ihrer Zustimmung zum Gesetz zur Erhebung einer Abgabe "Notopfer Berlin". Nur die kommunistischen Abgeordneten im Bundestag waren dagegen – sie wollten die demonstrative Stärkung der Stadt gegen den sowjetischen Einfluss selbstverständlich nicht unterstützen.

Fortan mussten die Westdeutschen eine kleine blaue Marke auf jede Briefsendung kleben (Briefe von und nach Berlin waren übrigens ausgenommen). Das brachte jedes Mal zwei Pfennige extra in die Kasse. Das läpperte sich: 23 Milliarden Mal wurde die Marke verklebt und brachte schließlich weit über 400 Millionen Mark für Berlin ein. Außerdem griff eine zusätzlich vom Bundestag beschlossene Sondersteuer, nach der Arbeitnehmer 60 Pfennig für je 100 DM Monatseinkommen abführen mussten, Besserverdienende eine Mark. Bis 1956 blieben diese Zusatzbelastungen in Kraft – und damit übrigens länger als von der Politik ursprünglich angekündigt.

Der Berliner SPD-Vorsitzende Franz Neumann dankte damals dem Bundestag für die Hilfe, die es den Menschen in seiner Stadt ermögliche, "in Freiheit und Menschenwürde" weiterzuleben. Und weiter: "Wir haben in Berlin in den letzten Jahren seit 1945 mehr durchgemacht als irgendeine andere deutsche Stadt." Und bekanntlich sollte Berlin noch mehr durchmachen: den Kalten Krieg, den Mauerbau, später die Wiedervereinigung und die Erhebung zur Bundeshauptstadt. Das alles kostete auch Geld. Und vom Großflughafen Berlin-Brandenburg mit seinen Milliarden war da noch gar nicht die Rede …