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1969: Ein Fußball-Weltmeister verdient seinen Lebensunterhalt

Tillmann Bendikowsky17. Juni 2014

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1969: Ein Fußball-Weltmeister verdient seinen Lebensunterhalt.

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Helmut Rahn Ex-Fussballspieler Archiv 1969 Copyright: ullstein bild - Horstmüller
Bild: ullstein bild - Horstmüller

15 Jahre sind vergangenen seit dem vielbeschworenen "Wunder von Bern", jenem 3:2-Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft über die favorisierten Ungarn. In der jungen Bundesrepublik hatte dieser Triumph das kollektive Selbstbewusstsein gestärkt, die Bilder von den abgekämpften, aber strahlenden Siegern lösten Begeisterung aus. Auch im Jahr 1969, in dem dieses Foto entstand, ist der Glanz noch immer nicht verblasst. Die "Helden" von einst haben längst ihren festen Platz in der Erinnerung. Doch leben können sie davon nicht. So verdient der einstige Torschütze Helmut Rahn ("aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen …") sein Geld mit dem Verkauf von Autos.

Dass Nationalspieler selbst nach Erfolgen bei Weltmeisterschaften nicht finanziell ausgesorgt haben, ist heutigen Spielergenerationen fremd. 1954 gab es für den Triumph für jeden Spieler etwas Geld und eine Sachprämie. Genaue Angaben sind umstritten: 1200 DM und ein Fernseher sollen es gewesen sein, war erst unlängst wieder zu lesen, von 2500 DM und einer Polstergarnitur ist dagegen zuweilen in der Literatur die Rede. Wie auch immer: Es gab die Anerkennung, die im Wertekanon der jungen Bundesrepublik keine zehn Jahre nach dem Kriegsende von Bedeutung war, "gutes" Geld und etwas für das traute Heim.

Was das Wirtschaftswunder auf materieller Ebene symbolisierte, schien durch das sportliche Ereignis von Bern bestätigt: "Wir sind wieder wer!" Das war der politische Erfolg dieser Fußballweltmeisterschaft. Endlich durfte wieder nationaler Stolz gezeigt werden. Im Berner Wankdorfstadion standen die Fußballer einerseits für das demokratische Deutschland, aber die Sporttradition des "Dritten Reiches" mit ihren Männlichkeitsidealen war unverkennbar: "Elf Freunde" müssten auf dem Platz stehen und eine einige, eingeschworene Truppe bilden. Dann sei ein deutsches Fußballteam unschlagbar.

Helmut Rahn übrigens war als Fußballer am erfolgreichsten, beruflich tat er sich anschließend deutlich schwerer. So blieb auch sein Handel mit Gebraucht- und Neuwagen, den er gemeinsam mit seinem Bruder betreibt, eine Episode. Rahn starb 2003 im Alter von 73 Jahren.