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Bildergeschichten (21)

Tillmann Bendikowski9. Oktober 2012

Seine Majestät der Osterhase - 1912: Deutsche Matrosen vor Korfu.

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Die Yacht 'Hohenzollern' vor Korfu (Foto: ullstein bild/Haeckel Archiv)
Bild: ullstein bild/Haeckel Archiv

Gerade in der deutschen Geschichte wird das Humorpotenzial von Monarchien gerne unterschätzt. Dass man indes mit gekrönten Häuptern zuweilen seine Freude haben konnte, und dass wir Nachgeborenen uns noch heute köstlich unterhalten fühlen können, zeigt dieses Foto. Es wurde am 2. April 1912 an Bord der Yacht "Hohenzollern" aufgenommen. Unter der wärmenden Mittelmeersonne – Schiff und Mannschaft befinden sich nahe der Insel Korfu – frönen die Matrosen fern der Heimat einem vertrauten Brauch: Mit zuweilen kindlichem Eifer suchen sie nach Ostereiern, die irgendwo an Bord versteckt wurden. Wo mögen sie nur sein? Nur einer weiß es ganz bestimmt: der deutsche Kaiser Wilhelm II., denn der hat für die Gaudi höchst selbst die Ostereier versteckt.

Die gute Laune an Bord ist sinnbildlich für die Freude, die der Kaiser mit seiner Yacht, seiner Mannschaft und der ganzen Seefahrt hat: Alles Maritime liegt dem Herrscher seit früher Kindheit am Herzen, und seit seiner Thronbesteigung 1888 kann er Schritt für Schritt seine Leidenschaft in große Politik umsetzen und so seine schließlich durchaus imposante Flotte aufbauen – was zu erheblichen Verstimmungen mit der traditionellen Seemacht Großbritannien führen sollte. Aber da Wilhelm ja mit aller Kraft nach Weltgeltung strebt, nimmt er diesen wie andere internationale Konflikte in Kauf – in ihrer Summe sollten sie bekanntermaßen in den Ersten Weltkrieg münden, der Millionen Menschen den Tod und den deutschen Kaiser immerhin die Krone kosten wird.

Doch von solch finsterer Zukunft sind kaiserlicher Osterhase und vergnügte Matrosen in diesem Frühjahr 1912 noch weit entfernt. Und auf Korfu wartet schließlich das traumhaft gelegene Schlösschen "Achilleion", das sich einst Kaiserin Sissi von Österreich erbauen ließ und das Wilhelm vor fünf Jahren gekauft hat. Im fernen Deutschland werden die vielen Reisen des Monarchen derweil mit Skepsis betrachtet, immerhin kommt es ja auch vor, dass der Herrscher mehr als die Hälfte des Jahres auf Reisen ist. Zuweilen wird er deshalb als "Reisekaiser" verspottet, und hinter vorgehaltener Hand wird das feierliche "Heil Dir im Siegerkranz" ein wenig abgewandelt – dann singen Spötter "Heil Dir im Sonderzug"…