Bierdeckel aus Deutschland
Sie sind praktisch, bei manchem Sammler beliebt und sie werden in Deutschland hergestellt: Getränkeuntersetzer aus Pappe. Die weltweit führende Produktionsfirma für Bierdeckel sitzt im Schwarzwald.
Sie sind rund oder quadratisch, zwischen 1,2 und 1,5 Millimeter dick, in der Regel aus Pappe Pappe, -n (f., meist Singular) eine Papierart, die besonders dick und fest ist und sie wurden im 19. Jahrhundert in Deutschland erfunden. Die Bezeichnung „Bierdeckel“ kommt aus der Zeit, als einfache einfach hier: nicht sehr gebildet; ohne viel Geld lebend Leute aus deckellosen Krügen ihr Bier tranken – im Gegensatz zu den Reichen, deren Krüge mit Metalldeckeln ausgestattet waren. Saßen sie im Freien, nutzten sie Filz Filz, -e (m.) ein rauer Stoff aus Wolle oder anderen Tierhaaren untersetzer, um ihr Getränk darauf abzustellen – und um es vor Insekten oder anderen Verunreinigungen zu schützen, indem sie ihre Krüge damit abdeckten. Ende des 19. Jahrhunderts kamen auf|kommen hier: sich entwickeln; entstehen dann Untersetzer aus Pappe auf auf|kommen hier: sich entwickeln; entstehen .
Ihr eigentlicher Zweck ist, Flüssigkeit aufzusaugen, beispielsweise Bierschaum oder Kondenswasser Kondenswasser (n., nur Singular) hier: Wasser, das sich am kalten Glas absetzt, weil sich die warme Luft abkühlt und flüssig wird , das am Glas herunterläuft. Doch sie sind auch anderweitig sehr praktisch: Sie liegen in Kneipen parat parat hier: vorbereitet; fertig , wenn eine begehrte Telefonnummer schnell notiert werden muss. Man kann mit ihnen hervorragend Kartenhäuser bauen; Servicekräfte nutzen sie als Gedankenstütze dafür, wie viel ein Gast konsumiert hat. Für Karsten Beisert von der Unternehmensgruppe „The Katz Group“, die seit über 100 Jahren Bierdeckel herstellt, bieten sie Gastwirtinnen und Gastwirten noch einen weiteren Vorteil:
„Diese wunderbare Möglichkeit, darauf Werbebotschaften zu vermitteln, den Gast vielleicht von etwas völlig anderem zu überzeugen, damit auch den Umsatz des Wirtes zu steigern.“
Mit der Bierdeckel-Herstellung begann das Katz-Unternehmen im Jahr 1903 unter der Leitung von Casimir Otto Katz. Damals wurde eine Sägemühle in Weisenbach im Schwarzwald erworben, die mit Wasserkraft aus dem Flüsschen Murg betrieben wurde. Nicht ohne Grund wurde dieser Standort gewählt, erklärt Karsten Beisert:
„Die Papierindustrie hat sich mal dort angesiedelt, wo Energie und Rohstoffe in der Nähe waren und Sie genau in den Gegenden auch die Person finden, die sie für die Produktion brauchen. Wir haben hier ein paar ganz stolze Papiermachermeister, die für die Qualität dieses Produkts Sorge tragen.“
Die Menschen im Schwarzwald leben seit Generationen auch vom Holz und daher findet man hier auch Menschen, die wissen, wie man mit dem Rohstoff umgeht, der zur Papierverarbeitung gebraucht wird. Für die Pappdeckel eignet sich am besten Fichtenholz. Bis zum fertigen Endprodukt ist es allerdings ein aufwändiger Produktionsprozess.
Jeden Tag früh am Morgen liefern mehrere LKW etwa zwei Meter lange Baumstammstücke zum Fabrikgelände in Weisenbach. Kurze Zeit später ist das dumpfe Donnern aus einer riesigen Trommel auf dem Gelände nicht mehr zu überhören. Immer wieder prallen die Baumstämme gegeneinander, während sie wie in einer überdimensionalen Waschmaschine herumgewirbelt werden. Sie werden entrindet, der harte Schutz des Baumstamms, die Rinde, wird abgeschält. Nackt fallen die Stämme aus der Trommel, von wo sie per Fließband weiter zur nächsten Maschine transportiert werden, dem Schleifer. Hier werden die Stämme in einen mehrere Meter hohen Trichter Trichter, - (m.) ein Gegenstand, der wie eine Art Rohr aussieht, das oben eine große und unten eine kleine Öffnung hat gefüllt und vom Gewicht der nachdrängenden Stämme langsam nach unten in Richtung Schleifstein Schleifstein, -e (m.) eine flache, eckige oder runde Scheibe mit einer bestimmten Oberflächenstruktur, die dafür sorgt, Materialien z. B. zu glätten oder zu schärfen gedrückt.
Dort, so erklärt Produktionsleiter Alexander Braun, beginnt ein weiterer wichtiger Produktionsschritt:
„Hier wird das entrindete Holz in seine Einzelfasern zerfasert. Man sieht hier unten den Schleifstein, der hier ein sogenanntes Schärfmuster draufhat, der die gewünschte Holzschliffqualität genau erzeugt. Circa 70 Grad warmer Stoff kommt da unten raus, [ein] Stoff-Wassergemisch.“
Mit Hilfe einer Walze Walze, -n (f.) hier: ein Geräte- oder Maschinenteil, das die Funktion hat, etwas z. B. weiter zu transportieren oder zu glätten werden die entrindeten Holzstämme nun in ihre einzelnen Fasern, dünne, fadenähnliche Bestandteile, zerlegt und mit Wasser zu einem Brei vermischt. Die gewünschte Qualität des Holzschliffs hängt davon ab, welche Oberflächenstruktur – welches Schärfmuster – der Schleifstein hat. Kommt dieses Gemisch aus dem Schleifer, hat es eine Temperatur von 70 Grad Celsius.
In der nächsten großen Maschinenanlage wird die Masse zu einer dünnen, 130 Meter langen Bahn gepresst, getrocknet und zu mehreren Schichten verklebt. Es entsteht Holzschliffpappe, die dann in weiteren Arbeitsgängen bedruckt und gestanzt etwas stanzen hier: etwas mit maschinellem Druck ausschneiden zu Bierdeckeln oder Getränkeuntersetzern wird. Die Qualität der Produktion wird ständig im Labor überwacht. Denn so simpel simpel hier: einfach, unscheinbar so ein Bierdeckel auch wirkt: Es bedarf schon einiger Expertise Expertise, -n (f.) hier: das Wissen einer Expertin/eines Experten , damit so ein Untersetzer bis zu 300 Prozent seines Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen kann.
Seit 2009 gehört die „Katz-Group“ zur „Papierfabrik August Koehler“ und hat sich sich auf|schwingen hier umgangssprachlich für: sich an die Spitze bringen; erfolgreich sein seitdem zum Weltmarktführer in der Bierdeckelproduktion aufgeschwungen sich auf|schwingen hier umgangssprachlich für: sich an die Spitze bringen; erfolgreich sein . Jährlich werden um die drei Milliarden Deckel hergestellt und verkauft. Ein einziger Deckel kostet dabei weniger als ein Euro-Cent. Neben dem deutschen Werk existieren auch zwei Produktionsstätten in den USA. Doch trotz aller Tradition: Auch bei der „Katz-Group“ wird an die Zukunft gedacht. Die Pappdeckel werden aufgepeppt etwas auf|peppen umgangssprachlich für: etwas wirkungsvoller gestalten : Fürs Auge werden neue Formen und Farben kreiert etwas kreieren etwas erschaffen; etwas machen ; auf dem Deckel aufgebrachte Düfte sollen einen angenehmen Geruch verbreiten. Und auch das Ohr soll nicht zu kurz kommen nicht zu kurz kommen hier umgangssprachlich für: nicht vergessen werden, nicht benachteiligt werden , so Karsten Beisert:
„Dazu kann auch ’n eingebauter Mikrochip dienen, dass wir ’ne Melodie oder irgendetwas abspielen können, und das liefert dem Kunden, der das einsetzt, nachher natürlich auch weitere Umsatz- und andere Möglichkeiten.“
Mikrochips, sehr winzige elektronische Bauteile, auf denen Informationen gespeichert und wieder ausgegeben werden, sollen den Kunden des Unternehmens dabei helfen, ihren Getränkeabsatz zu steigern. Und das möglichst in sehr vielen Ländern weltweit. Denn bislang gelten Deutschland, Großbritannien und die USA als „Bierdeckel“-Länder. Nirgends findet man sie so häufig. Damit Gäste auch in Ländern der Welt, in denen sie noch nicht bekannt sind, ihre Getränke nicht mehr direkt auf den Tisch stellen, sollen neue Märkte erschlossen werden. Vielleicht entdecken sie dort dann auch die übrigen Vorteile der Pappdeckel.
Bierdeckel aus Deutschland
Pappe, -n (f., meist Singular) — eine Papierart, die besonders dick und fest ist
einfach — hier: nicht sehr gebildet; ohne viel Geld lebend
Filz, -e (m.) — ein rauer Stoff aus Wolle oder anderen Tierhaaren
auf|kommen — hier: sich entwickeln; entstehen
Kondenswasser (n., nur Singular) — hier: Wasser, das sich am kalten Glas absetzt, weil sich die warme Luft abkühlt und flüssig wird
parat — hier: vorbereitet; fertig
Trichter, - (m.) — ein Gegenstand, der wie eine Art Rohr aussieht, das oben eine große und unten eine kleine Öffnung hat
Schleifstein, -e (m.) — eine flache, eckige oder runde Scheibe mit einer bestimmten Oberflächenstruktur, die dafür sorgt, Materialien z. B. zu glätten oder zu schärfen
Walze, -n (f.) — hier: ein Geräte- oder Maschinenteil, das die Funktion hat, etwas z. B. weiter zu transportieren oder zu glätten
etwas stanzen — hier: etwas mit maschinellem Druck ausschneiden
simpel — hier: einfach, unscheinbar
Expertise, -n (f.) — hier: das Wissen einer Expertin/eines Experten
sich auf|schwingen — hier umgangssprachlich für: sich an die Spitze bringen; erfolgreich sein
etwas auf|peppen — umgangssprachlich für: etwas wirkungsvoller gestalten
etwas kreieren — etwas erschaffen; etwas machen
nicht zu kurz kommen — hier umgangssprachlich für: nicht vergessen werden, nicht benachteiligt werden