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Obamas Afrikapolitik

Ludger Schadomsky / Abebe Feleke27. Juni 2013

Barack Obama ist wieder auf Afrika-Tour: Als der Mann mit kenianischen Wurzeln 2008 zum US-Präsidenten gewählt wurde, waren die Erwartungen in Afrika groß. Heute herrscht Ernüchterung.

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US-Präsident Obama bei seiner Ankunft in Dakar. (Foto: Reuters)
Eine Woche lang wird US-Präsident Obama Afrika bereisen: Senegal, Südafrika und Tansania.Bild: Reuters

"Ich habe das Blut Afrikas in mir, und meine eigene Familiengeschichte umfasst sowohl die Tragödien als auch die Triumphe der afrikanischen Geschichte." Diese Worte wählte US-Präsident Barack Obama bei seinem Kurzbesuch in Ghana 2009. Der Jubel war groß, als er sich dort zu seinen afrikanischen Wurzeln bekannte. Dass er zugleich die Korruption in Afrika geißelte und mehr Eigenverantwortung einforderte, ging da beinahe unter. Wer, wenn nicht der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten, würde ein neues Kapitel in der US-Afrikapolitik aufschlagen, Direktinvestitionen und Tourismus ankurbeln?

Stärkerer Afrika-Fokus in der zweiten Amtszeit?

Doch es sollte anders kommen: Die Immobilien- und Wirtschaftskrise in den USA forderten den Innenpolitiker Obama, geostrategisch geriet Asien zum Interessenschwerpunkt - und Afrika aus dem Fokus. In der Zwischenzeit hat China die USA als größter Handelspartner Afrikas abgelöst. Der neue chinesische Präsident Xi Jinping beschwor im März 2013 während seiner ersten Afrika-Reise unmittelbar nach Amtsantritt demonstrativ die "ernsthafte Freundschaft" zwischen China und Afrika.

"Es stimmt, dass in Obamas erster Amtszeit wenig Betonung auf Afrika lag", sagt David Shinn, der US-Botschafter in Äthiopien und Burkina Faso war und heute als Professor für Internationale Angelegenheiten an der George-Washington-Universität in Washington D.C. die US-Afrikapolitik kommentiert. "Da hatten die Menschen sicher höhere Erwartungen." Aber es habe eben viele eminent wichtige innenpolitische Aufgaben gegeben, die eine engagiertere Afrikapolitik erschwert hätten, so der ehemalige Botschafter weiter. "Er wird dies in der zweiten Amtzeit ausbügeln, deshalb unternimmt er zu diesem Zeitpunkt diese frühe und ausgiebige Reise." Erste Station Obamas ist der Senegal, wo er am Mittwochabend (26.06.2013) eintraf. Von dort aus wird der US-Präsident weiter nach Südafrika und Tansania fliegen.

Obama 2009 bei seinem Besuch in Ghana (Foto: AFP/Getty Images)
Obama 2009 bei seinem Besuch in GhanaBild: AFP/Getty Images

Kaum eigene Initiativen

Dennoch wäre es unfair, Obama und dem US-Außenministerium totales Desinteresse an Afrika zu unterstellen: In der Sudan-Krise intervenierte Obama persönlich oder schickte den US-Sondergesandten für das Land, um das Referendum zur Unabhängigkeit Südsudans 2011 zu retten. Im Folgejahr reisten afrikanische Staatenlenker auf Obamas Einladung zum G8-Gipfel nach Camp David, um "Feed the Future" auf den Weg zu bringen - eine US-amerikanische Initiative zur Nahrungsmittelsicherheit. Sie wird heute in 20 Ländern - darunter in Senegal und Tansania - implementiert. Auch kontroverse Maßnahmen ergriff die Obama-Administration: Sie schickte US-Spezialkräfte nach Zentralafrika, um Milizenführer Joseph Kony zu jagen, baute ein Drohnenprogramm mit Basen in Äthiopien, Niger und Dschibuti auf. Als Obama den Einsatz von Kampfdrohnen über Somalia absegnete, bemängelten Kritiker, Wirtschaftsförderprogramme würden zu Lasten der Terrorbekämpfung in Afrika vernachlässigt.

Es war Präsident George W. Bush, der einen Schwerpunkt auf die Terrorbekämpfung in Afrika legte - Obama hat diese Politik lediglich fortgeführt und um die Sahelregion erweitert", so David Shinn. Darüber hinaus habe er aber auch die Förderprogramme von Bush und Bill Clinton ohne Ausnahme fortgesetzt. Aber es habe eben bis auf eine Ausnahme keine eigenen Initiativen gegeben. "Dafür spielten Demokratisierung und Menschenrechte unter Obama eine größere Rolle als unter Bush - auch wenn es keine völlig stringente Politik ist. Denn es gibt immer eine Tendenz, Zugeständnisse zu machen an Länder, die den USA nützen, etwa im Anti-Terrorkampf", so Shinn im Gespräch mit der DW.

Dass Obama hinter seinen - weißen - Vorgängern zurückbleibt, dürfte seinen Afrika-Strategen bewusst sein: Bill Clinton setzte sich mit dem erfolgreichen Handelsabkommen "African Grow and Opportunity Act" (AGOA) ein Denkmal. Es erlaubt Ländern in Subsahara-Afrika den zollfreien Warenexport in die USA. Unter George W. Bush erreichte AGOA mehr als 50 Milliarden US-Dollar Warenwert. Bush junior überraschte zudem mit dem 15-Milliarden-Dollar schweren AIDS-Programm PEPFAR, auch wenn er selbst nie als großer Freund Afrikas galt. Ganz anders Bill und Hillary Clinton, die zum engsten Freundeskreis Nelson Mandelas zählen.

Barack Obama und Bill Clinton (Foto: Reuters)
Unterschiedliche Afrika-Politik: Barack Obama und Ex-Präsident Bill ClintonBild: Reuters

Warum nicht in andere Länder?

Der aus Sierra Leone stammende Journalist Issa Mansaray ist Herausgeber des Magazins "The AfricaPaper" in Minneapolis und spricht stellvertretend für viele enttäuschte Afrikaner: Er habe keinen Wandel in Obamas Afrika-Politik gesehen, seitdem dieser ins Amt gekommen sei. "Er hat kaum Interesse an der Entwicklung des Kontinentes gezeigt, sei es im Bereich Demokratisierung oder der Sicherheitspolitik", so Mansaray. Er fragt sich: "Warum hat das US-Regionalkommando für Afrika AFRICOM sein Hauptquartier eigentlich in Deutschland und nicht in Afrika? Gut und schön, nun besucht er Tansania, Südafrika und Senegal. Aber warum eigentlich nicht ein französischsprachiges Land wie Guinea? Oder warum äußert er sich in letzter Zeit nicht zur Lage im Südsudan? Dort gibt es doch eine Menge zu tun."

Die Reiseroute des US-Präsidenten könnte in der Tat neue Enttäuschungen hervorrufen: Den bevölkerungsreichsten Staat des Kontinents, Nigeria, lässt er außen vor. Auch um die Heimat seines Vaters, Kenia, macht er einen Bogen: Die Anklage gegen Kenias Staatschef Uhuru Kenyatta vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag lässt einen Besuch eines US-Präsidenten politisch kaum zu. In einer seltenen Einmischung in die afrikanische Tagespolitik hatte Obama vor der Wahl im März 2013 die Kenianer dazu aufgerufen, ein Blutvergießen wie nach den letzten Wahlen 2007 zu verhindern.