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Besondere Auszeichnung für Raif Badawi

Sven Pöhle23. Juni 2015

Auf dem Global Media Forum wurden die Sieger des DW-Awards für Online-Aktivismus gekürt. Für ihr Engagement zahlen viele der Aktivisten einen hohen Preis. Dazu gehört auch Raif Badawi, der besonders ausgezeichnet wurde.

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GMF 2015 The Bobs Awards Ceremony (Foto: DW/M. Magunia)
Bild: DW/M. Magunia

"Der Preis ist der wichtigste Preis, den die BOBs je verliehen haben", eröffnete Jochen Wegner, Chefredakteur bei "Zeit Online", seine Laudatio auf den saudischen Blogger Raif Badawi, den Preisträger des ersten "Deutsche Welle Freedom of Speech Award". Gleichzeitig, so Wegner, sei diese Preisverleihung "ganz sicher eine der bisher traurigsten. Denn Raif Badawi kann nicht bei uns sein."

Seit drei Jahren sitzt der Mitgründer der Webseite "Die Saudischen Liberalen" in seinem Heimatland in Haft - weil das Internet-Forum angeblich "islamische Werte verletzt und liberales Gedankengut verbreitet", so die Anklage. Zu zehn Jahren Gefängnis, 1000 Stockhieben, einer hohen Geldstrafe und weiteren zehn Jahren Ausreisverbot wurde Badawi verurteilt. Geht es nach den Machthabern in Saudi-Arabien, bekommt der gesundheitlich stark angeschlagene Familienvater seine Frau und ihre gemeinsamen Kinder weitere 17 Jahre nicht zu Gesicht.

"Vergessen Sie Raif nicht!"

Badawis Ehefrau, Ensaf Haidar, konnte nicht wie ursprünglich geplant in Bonn sein, um den Preis entgegenzunehmen. Zu groß waren die Strapazen in den letzten Wochen und Monaten für sie und die drei gemeinsamen Kinder. Seit ihrer Flucht 2013 haben sie Asyl in Kanada erhalten. Täglich bangen sie um das Überleben ihres Familienvaters und kämpfen um Hilfe und Unterstützung für ihn.

Videobotschaft von Ensaf Haidar

Per Videobotschaft bedankte sich die 36-Jährige für die Auszeichnung ihres Mannes: "Das ist ein großer Tag für alle, die für die Freiheit der Meinungsäußerung kämpfen". Der Preis sei für sie "ein deutlicher Beweis dafür, dass er und seine gerechte Sache nicht alleine gelassen werden", sagte Ensaf Haidar und wandte sich mit einem Appell auch an die internationale Gemeinschaft: "Bitte vergessen Sie Raif nicht! Sein Schicksal und das seiner Kinder liegt in Ihren Händen."

Hoffnung auf königliches Erbarmen

"Bis zum heutigen Tag stellen Raif Badawi und seine Familie ihr persönliches Glück hintan, um das selbstverständliche Recht auf freie Rede in Anspruch zu nehmen", sagte Laudator Wegner. Badawi plädiere aber nicht nur für Redefreiheit, sondern auch für "Säkularismus und für eine Trennung von Glauben und Staat". Er sei daher "zum einen wichtig für uns, weil er uns die absurden, schizophrenen Verhältnisse in seinem Land vor Augen geführt hat. Er ist zum anderen wichtig für uns, weil er uns allen als Vorbild dient."

Zeit-Online Chefredakteur Jochen Wegner hält im Rahmen der BOBs-Verleihung eine Laudatio auf Raif Badawi (Foto:DW/M. Müller)
Wegner: Mit jedem seiner Blogeinträge hat Badawi mehr riskiert als die meisten westlichen Journalisten in ihrer ganzen KarriereBild: DW/M. Magunia

Nachdem das Oberste Gericht die harte Strafe für Badawi zuletzt bestätigt hatte, könne einzig eine Begnadigung durch den saudischen König Salman ibn Abd al-Aziz helfen, sagte Wegner und schloss seine Rede mit der Hoffnung auf eine vorzeitige Aufhebung der Strafe gegen Badawi: "Ich hoffe, Sie halten den Preis sehr bald in ihren freien Händen", sagte Wegner.

Er hoffe, dass er Raif Badawi die Auszeichnung bald in Freiheit übergeben könne, sagte auch DW-Intendant Peter Limbourg. Die Auszeichnung für den inhaftierten Blogger solle das Schicksal Badawis stärker in das Licht der Weltöffentlichkeit rücken, erklärte der DW-Intendant bei der Preisverleihung und forderte: "Der Druck auf die Verantwortlichen in Saudi-Arabien muss weiter wachsen."

Die Gäste der Preisverleihung nahmen den Appell in einer Resolution auf. Per Akklamation forderten sie die "umgehende Freilassung aller inhaftierten Online-Aktivisten weltweit".

Preis für Blogger-Projekt aus Bangladesch

Denn der Fall Badawi ist international nicht einzigartig. Nicht minder traurig ist das Schicksal der Bloggerin Rafida Bonya Ahmed aus Bangladesch. Und nicht minder mutig ihre Arbeit. Ihr Mann Abhijit Roy hat den höchsten Preis für seine journalistisch kritische Haltung bezahlt: Unbekannte Angreifer stachen den Blogger im Februar 2015 brutal nieder. Er erlag seinen Verletzungen. Auch Ahmed wurde schwer verletzt.

"Mein Mann wäre sehr glücklich, wenn er hier sein könnte", sagte Ahmed bei der Preisverleihung. Er hatte den Gruppen-Blog "Mukto Mona" gegründet, der kritisch über säkulare und wissenschaftliche Themen berichtet. Ein Trost sei die Auszeichnung nicht, sagte Ahmed, die die Arbeit ihres Mannes fortsetzt - trotz des weiterhin hohen Risikos für ihre eigenes Leben. Fundamentalisten im Land haben eine Todesliste herausgegeben, auf denen 84 Blogger und Journalisten stehen. Neun von ihnen wurden bereits getötet.

Rafida Bonya Ahmed erhielt stelltvertretend für den Gruppen-Blog "Mukto Mona" die Auszeichnung in der Kategorie "Social Change" (Foto: DW/M. Müller)
Preisträgerin Rafida Bonya AhmedBild: DW/M. Müller

Für ihr Engagement und das ihrer Blogger-Kollegen aus Bangladesch nahm Rafida Bonya Ahmed den im Rahmen des Wettbewerbs "The Bobs - Best of Online Aktivism" ausgelobten Preis in der Kategorie Social Change entgegen. Sie hoffe, dass die Auszeichnung die Blogger in Bangladesch ermutige, ihre gefährliche Arbeit fortzusetzen, erklärte Ahmed.

Zwei weitere Preise für herausragende Web-Projekte

In der Kategorie "Privacy & Security" erhielt die mexikanische Webseite "Rancho Electrónico" die Auszeichnung . Die Macher der Plattform berichten umfassend über die Themen Datenschutz, Verschlüsselung und Überwachung in Mexiko.

Die Preisträger der "BOBs- Awards 2015" gemeinsam mit Mitgliedern der Jury, DW-Intendant Peter Limbourg und Laudator Jochen Wegner (Foto: DW/M. Müller)
Die Gewinner der BobsBild: DW/M. Müller

Für das Videospiel "Zaytoun, the little Refugee" wurde ein internationales Kollektiv mit dem "Best of Online Activsm Award 2015" in der Kategorie "Arts & Media" ausgezeichnet. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das in Form eines Videospiels auf die Situation der syrischen und palästinensischen Flüchtlinge aufmerksam machen will. Stellvertretend für sein Team nahm ein vermummtes Mitglied aus Syrien den Preis entgegen - auch aus Sorge vor Repressalien wollte er nicht erkannt werden. "Wir wollen die Geschichten von Menschen erzählen, die leiden", sagte er. Denn es werde immer noch zu viel geschwiegen und die Situation der Flüchtlinge nicht richtig wahrgenommen.