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Beschneidung soll erlaubt bleiben

26. September 2012

Das Justizministerium hat einen Vorschlag für die gesetzliche Regelung der Beschneidung von Jungen vorgelegt. Demnach wird diese als Körperverletzung angesehen, aber nicht als rechtswidrig. Sie bleibt damit straffrei.

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Ein Beschneidungsmesser der Israelitischen Kultusgemeinde in Hof, Oberfranken (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Nach dem Eckpunkte-Papier von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, aus dem mehrere überregionale Tageszeitungen in ihren Mittwochsausgaben zitieren, soll die rituelle Beschneidung eines männlichen Kindes zwar als Körperverletzung gelten, aber nicht rechtswidrig sein, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: So müssten eine Einwilligung der Eltern vorliegen und der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Foto: dpa)
Justizministerin Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerBild: picture-alliance/dpa

Laut der Vorlage dürfen in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes auch besonders geschulte Nicht-Mediziner Beschneidungen durchführen, wenn sie von ihrer Religionsgemeinschaft dafür vorgesehen sind. Weiter heißt es, die Erlaubnis gelte nicht, "wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet ist".

Erlaubnis auch für nicht-religiöse Beschneidungen

Der Gesetzentwurf beziehe sich ausdrücklich nicht auf eine religiöse Motivation der Eltern. Die Rechtspraxis sähe sich sonst vor die schwierige Aufgabe gestellt, den Inhalt religiöser Überzeugungen ermitteln zu müssen. In dem Papier werde darauf verwiesen, dass Eltern die weltweit verbreitete Beschneidung aus unterschiedlichen Gründen für "kindeswohldienlich" halten. Eine Regelung allein für eine religiös motivierte Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen würde daher den unterschiedlichen Zielsetzungen nicht gerecht.

Die Regelungen zur Beschneidung von Jungen sollen im Kindschaftsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert werden.

Hitzige Debatte: Körperverletzung ja oder nein?

Mit einer gesetzlichen Regelung will die Bundesregierung die Verunsicherung und Aufregung nach einem Urteil des Kölner Landgerichts vom Mai beseitigen. Das Gericht hatte die Beschneidung von Jungen aus rein religiösen Gründen ohne medizinische Notwendigkeit als strafbare Körperverletzung gewertet. Das hatte in Deutschland heftige Proteste von Juden und Muslimen ausgelöst, für die das Entfernen der Vorhaut bei Jungen kurz nach der Geburt - bei Muslimen auch noch später - ein wesentliches Glaubensgut darstellt.

Infolge der Empörung nach dem Kölner Urteil hatte der Bundestag die Bundesregierung im Juli aufgefordert, bis zum Herbst eine gesetzliche Grundlage für religiöse Beschneidungen zu schaffen.

Positive Reaktion von Seiten der Juden

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, sagte der Entwurf gehe auf viele Wünsche der Juden ein. Der kluge Entwurf des Bundesjustizministeriums verdiene Respekt und Anerkennung. Es sei ein gutes Diskussionspapier, das jedoch in Einzelfragen des Feinschliffs bedürfe. "Jetzt geht es darum, auch die Gegner der Beschneidung mit ins Boot zu nehmen und zu überzeugen", sagte Graumann.

Der Präsident des Zentralrats der Juden Dieter Graumann(Foto: dapd)
Dieter Graumann: Großes Lob für die MinisterinBild: dapd

qu/kle (dpa, dapd, rtr, epd, kna)