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Berufswunsch: Fußball-Manager

19. Januar 2012

Wer in Deutschland Fußball-Trainer werden will, für den gibt es eine eindeutig vorgeschriebene Ausbildung. Für angehende Fußball-Manager fehlt Gleichwertiges. Zwei Anbieter versuchen das nun zu ändern.

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Die Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Es ist ein regnerischer Freitagmorgen. In der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt beginnen die Angestellten langsam ihren Arbeitsalltag. In Sportgerichtssaal 2 hingegen sind alle schon hellwach. An der holzvertäfelten Wand des Saals hängen die Wappen der verschiedenen Landesverbände, doch dafür haben die sechs Teilnehmer keine Zeit. Sie zerbrechen sich die Köpfe darüber, wie sie ihr Produkt gewinnbringend am Markt etablieren können. Das Thema Finanzierung steht an. Auf der Flip-Chart werden eifrig Notizen gemacht, der Beamer projiziert Grafiken an die Leinwand. Es ist der Abschluss einer dreitägigen Präsenzphase für die Teilnehmer des Hochschulzertifikats "Certified Soccermanager" der Fachhochschule Erding. Nach drei Tagen Veranstaltung in Frankfurt geht es für die Studenten wieder in ihre Heimat. Den Lernstoff müssen sie zu Hause vertiefen, denn die Weiterbildung läuft als zehnmonatiges Fernstudium ab. Die Kosten belaufen sich dabei auf 4800 Euro. Fast alle Teilnehmer wollen gerne einmal im Management eines großen Fußballvereins arbeiten.

Theoretische Grundlagen für den Job erwerben

Roland Benschneider Teilnehmer des Certified Soccer Managers (Foto: DW/Lichtenberg)
Roland Benschneider holt sich in der Ausbildung die theoretischen Grundlagen für seinen JobBild: DW

Unter den Teilnehmern sitzt auch Roland Benschneider. Der 31-Jährige absolvierte in der Saison 2005/06 beim 1. FC Köln zwölf Bundesligaspiele, musste aber vor kurzem seine Karriere verletzungsbedingt beenden. Allerdings konnte er rechts reibungslos in seine zweite Karriere wechseln. "Ich habe dann ein Angebot vom SV Elversberg aus der Regionalliga West bekommen, um dort als Sportdirektor zu fungieren. Um mir dazu die theoretischen Grundlagen anzueignen, habe ich mich deshalb entschieden, am Zertifikat des Soccermanagers teilzunehmen."

Neben Finanzierung stehen für Benschneider und seine Kollegen auch die Themengebiete Sportrecht, Personalführung und Vermarktung auf dem Studienplan. Zu insgesamt fünf Präsenzveranstaltungen kommen die Teilnehmer an einem Ort zusammen. Zu Hause müssen sie ihre Aufgaben über eine Online-Lernplattform hochladen. Die Dozenten haben auf die Plattform Zugriff und können so erkennen, bei wem es gut läuft und wer noch Unterstützung braucht. So geht keiner unter. Eine eigene Fallstudie in einem Fußballverein schließt das Zertifikat dann ab. Benscheider hat das Glück, in seinem Job die gelernte Theorie sofort in der Praxis anzuwenden. "Die Zeit fehlt mir aber manchmal ein bisschen, weil ich schon sehr eingespannt bin im Verein. Aber nichtsdestotrotz muss das theoretische Wissen ja auch behandelt werden."

Vereine haben Nachholbedarf an qualifiziertem Personal

Oliver Haas, akademischer Leiter des Certified Soccer (Foto: DW/Lichtenberg)
Oliver Haas: 'Vereine brauchen mehr qualifiziertes Personal'Bild: DW

In den letzten Jahren stiegen die Insolvenzen der Vereine, immer wieder gab es Probleme bei den Lizenzierungsverfahren der Clubs. Einigen Vereinen fehle es an ausreichend qualifiziertem Personal. Die Fachhochschule Erding erkannte hier konkreten Nachholbedarf bei den Clubs. Auch deshalb biete man die Ausbildung an, sagt der akademische Leiter der Weiterbildung, Professor Oliver Haas. "Wir bieten den Vereinen einen Handwerkskasten, damit die Verantwortlichen sich weiterbilden können. Weil wir ja alle das gleiche wollen, dass Fußball Spaß macht, dass Emotionen geweckt werden, aber dass es auf der anderen Seite auch seriös finanziert wird."

Tauschten früher Profifußballer am Ende ihrer Karriere einfach das Trikot gegen den Nadelstreifenanzug, wird heute von Vereinsseite viel stärker auf eine fundierte Ausbildung und die entsprechende Qualifikation geschaut. Einzig ein guter Name reicht heute nicht mehr aus. "Der Druck auf die Vereine hat deutlich zugenommen. Früher konnte man so ein bisschen vor sich hin wirtschaften, doch mittlerweile haben Banken konkrete Anforderungskataloge, wenn sie Kredite vergeben. Die wollen eine Gewinn- und Verlustrechnung sehen, die wollen Verantwortliche mit den entsprechenden Kompetenzen haben." Insofern sei der Markt für Manager in den letzten zehn Jahren sehr stark aufgebrochen, sagt Haas.

Traumjob Fußball-Manager für Außenstehende ist illusorisch

Jan Jerosch, Leiter Fachbereich Sport & Management beim IST Düsseldorf (Foto: DW/Lichtenberg)
Jan Jerosch: 'Den Traumjob des Fußball-Managers für Otto Normalstudent müssen wir oftmals relativieren'Bild: DW

Auch in Düsseldorf beim Institut für Sport, Freizeit und Touristik (IST) bietet man einen Fernstudiengang Fußballmanagement an. Die anderthalbjährige Fortbildung absolvierten etwa der heutige Manager von Hertha BSC, Michael Preetz, und der Sportvorstand vom 1. FC Kaiserslautern, Stefan Kuntz. Auch hier läuft das Studium über Präsenzphasen und Fernstudium ab. Kostenfaktor der Ausbildung: 3168 Euro. Zwar sind die meisten Teilnehmer des Studiengangs keine Ex-Profifußballer, aber diese seien auf dem Weg in die Managerbranche immer noch klar im Vorteil. "Wir müssen den Traumjob des Fußball-Managers für Otto Normalstudent oftmals relativieren. Dieser Fußballklüngel und das Vitamin B, das wird sich auch noch eine ganze Zeit lang halten", sagt Jan Jerosch, der Leiter des Fachbereichs Sport & Management beim IST-Studieninstitut.

Zwar zeigen die Karrieren der Manager Christian Heidel (FSV Mainz 05) oder Jan Schindelmeiser und Ernst Tanner (beide 1899 Hoffenheim), dass es auch ohne große Fußballerkarriere geht. So führte der gelernte Bankkaufmann Heidel früher ein Autohaus und Schindelmeiser absolvierte ein Magisterstudium in den Fächern BWL, Politik, Sport und Publizistik, aber der nötige Stallgeruch und das Wissen über die Abläufe in einem Fußballverein seien unabdingbar, sagt Jerosch. Das zeigen auch die erfolgreichen Managerkarrieren von Uli Hoeneß oder Klaus Allofs, beide erfolgreiche Nationalspieler und im Anschluss genauso erfolgreiche Manager, ohne Studium, ohne Qualifikation. "Die haben halt den engeren Bezug zum Fußball. Die kennen die Abläufe, die wissen wie eine Mannschaft funktioniert, das ist - glaube ich - sowieso das Wichtigste", erklärt der angehende Manager Roland Benschneider den Erfolg der beiden Vorzeigemananger der Bundesliga.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Arnulf Boettcher