Beruf Fotograf
Früher ist man fürs Familienfoto zum Fotografen gegangen. Heute kann jeder dieses Foto mit einem eigenen Fotoapparat machen. Profifotografen haben aber weiter gut zu tun, wie ein Beispiel aus Düsseldorf zeigt.
Seit 20 Jahren arbeitet Alexander Vejnovic als freiberuflicher Fotograf. Für Modefotos ist er in der ganzen Welt unterwegs. Am liebsten hat er jedoch ganz normale Menschen vor der Linse: diejenigen, die Bewerbungs- oder Hochzeitsfotos wollen, Schwangere oder junge Eltern, die ihr Baby ablichten lassen wollen. Vejnovic ist gefragt, über mangelnde Aufträge kann er sich nicht beschweren. Er besitzt ein voll ausgestattetes Fotostudio in Düsseldorf. Die Ausrüstung, das Equipment, hat er sich nach und nach angeschafft:
„Gut, das ist hier der Arbeitsplatz, wo dann die Leute die Bilder angucken, wo natürlich eben auch ‘n bisschen Bildbearbeitung stattfindet. Dann haben wir hier das Fotostudio, hier ist der Schminkplatz, wo dann die Visagistin, wenn dazugebucht, die Leute schminkt, das heißt nicht nur schminkt, also auch Haare macht – was zum Teil viel, viel wichtiger ist.“
Vejnovic hat einen voll eingerichteten Arbeitsplatz. Wer allerdings professionell geschminkt und frisiert werden will, muss eine Visagistin dazubuchen. Sie wird extra bezahlt. Aber besteht wirklich so ein großer Unterschied zwischen den Bildern des Profis und denen eines Hobbyfotografen? Vejnovic erinnert sich an seine Ausbildungszeit. Er war bei einem Modeshooting in Spanien als Assistent dabei. Der Fotograf hatte wenig Zeit und musste schon bald zum Flughafen. Da kam Vejnovic auf eine Idee:
„Ich stand dann also mit den Fotomodellen und mit dem ganzen Fototeam noch am Set und dachte mir mal ‚Okay, was der kann, kann ich jetzt auch!‘, hab’ mir die Kamera geschnappt und versucht, genau das gleiche Fotomodell unter den gleichen Lichtverhältnissen zu fotografieren – und es kamen wirklich katastrophale Ergebnisse raus. Also es macht nicht nur die Technik, sondern es macht eben auch einfach der Blick fürs Foto den Fotografen aus.“
Also: Übung macht den Meister. Es nützt nichts, sich als Anfänger am Set, beim Fotoshooting von Models, eine Kamera zu schnappen, zu nehmen, und drauflos zu fotografieren. Man muss Erfahrung und einen guten Blick für das richtige Motiv haben, der Blick muss geschult sein. Diesen besonderen Blick sollte ein Fotograf vor 60 Jahren aber auch schon gehabt haben. Der einzige Unterschied zu heute war: Nur er verfügte über die entsprechende technische Ausrüstung. Heute kann jeder, der es sich leisten kann, eine sehr gute Kamera kaufen. Diese Fotoapparate sind technisch leicht zu handhaben, sie sind bedienbar. Und wer braucht noch eine Dunkelkammer, um Fotos zu entwickeln – es gibt ja die Digitalfotografie und Bildbearbeitungsprogramme. Viele Laien, Amateure, sind inzwischen technisch so gut ausgerüstet wie Profis. Ernste Konkurrenz machen sie den richtigen Fotografen trotzdem nicht, sagt Jörg Winde, Professor für Fotodesign an der Fachhochschule Dortmund:
„Also im Prinzip werden die Bilder ja nicht wirklich besser. Die werden technisch besser und die Technik ist natürlich bedienbarer und leichter geworden. Aber die Bilder bestehen ja nicht nur aus der Technik, sondern die Bilder sind ja eigentlich Ideen. Oder auf der anderen Seite etwas, was man gesehen hat. Und das Sehen ist ‘ne Schulung. Also man braucht viele Jahre – und ich erkenne das auch immer bei den Studierenden –, viele Jahre, bis man wirklich sieht, bis man Dinge sieht, die normale Menschen, auch fortgeschrittene Amateure, einfach nicht sehen.“
Trotzdem haben es Fotografen heutzutage nicht leicht, sagt Winde. Das liege vor allem an der großen Konkurrenz. Der Beruf sei in den letzten 20 Jahren immer begehrter geworden. Fast 300 Bewerber machen im Schnitt pro Jahr die Eignungsprüfung für das Fotografiestudium an der Fachhochschule Dortmund. Etwa ein Fünftel von ihnen wird angenommen. An anderen Hochschulen sehe es nicht anders aus, so Winde. Von der Vielzahl an gelernten und studierten Fotografen kann nur ein Teil seinen Traumberuf ausüben. Der Markt ist so eng, dass keine Luft, kein Platz vorhanden ist für Neuankömmlinge:
„Der ganze abbildende Bereich der Fotografie, der kann von anspruchsvollen Amateuren oder von handwerklich arbeitenden Fotografen gut abgedeckt werden. Und da ist keine Luft und kein Platz mehr für Fotodesigner, für Fotokünstler. Das ist richtig, das ist klar und das macht unseren Absolventen auch ganz klar Probleme.“
Wer auf dem Markt bestehen will, muss Bilder mit Aussage machen. Denn alltägliche Fotos, die das Geschehen nur abbilden, kann jeder anspruchsvolle Amateur mit einem guten Blick machen. Die Nachfrage nach guten Fotos ist groß, etwa für Firmenwebsites oder Magazine. Alexander Vejnovic hat sich darauf spezialisiert, Menschen zu fotografieren und ist erfolgreich damit. Er will, dass sich die Menschen in seinen Fotos wiedererkennen und versucht, sie die Kamera vergessen zu lassen. So können authentische Bilder entstehen – eine aufwändige Nachbearbeitung ist dann nicht mehr nötig, sagt Vejnovic:
„Also ich finde es okay, Kleinigkeiten im Gesicht zu verändern, wenn eben ein kleiner Mitesser oder Pickel da ist. Ansonsten wird Fotoretusche auch oftmals angewendet, um aus ‘nem schlechten Foto ein gutes Foto zu machen. Aber das funktioniert eigentlich nicht. Also ein gutes Foto muss mich ansprechen, da muss der Blick stimmen. Und wenn das nicht gegeben ist, dann kann ich mit Nachbearbeitung eigentlich das auch nicht mehr hineinzaubern.“
Der Fotograf aus Düsseldorf lehnt es ab, seine Bilder in großem Stil zu retuschieren, zu bearbeiten, wie es oft auf den Deckblättern der Zeitschriften zu sehen ist. Sein Motto: Ein Foto muss den Betrachter auf Anhieb begeistern, es muss ihn ansprechen. Wenn das Foto jedoch nicht von sich aus den Betrachter anspreche, könne man das besondere Etwas hinterher nicht mehr künstlich hineinzaubern. Hier sieht Vejnovic eine positive Entwicklung im Fotogeschäft. Seiner Meinung nach haben die Menschen genug von Bildern, die so bearbeitet sind, dass sie künstlich wirken. Also: Fotografen wird es glücklicherweise auch weiterhin geben – auf den Auslöser drücken reicht nämlich nicht.
Autorinnen: Sola Hülsewig, Beatrice Warken
Redaktion: Raphaela Häuser
Arbeitsauftrag
Schaut euch das Foto im PDF an und stellt euch vor, ihr hättet gerade Paris, Rom oder eine andere europäische Stadt besucht. Schreibt zwei Seiten in euer Reisetagebuch, was ihr dort erlebt habt. Tragt den einen oder anderen Reisebericht in eurer Lerngruppe vor.