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Berlusconi und Prodi im Duell

4. April 2006

Knapp eine Woche vor den Parlamentswahlen in Italien haben sich Ministerpräsident Silvio Berlusconi und Oppositionsführer Romano Prodi erneut den Wählern in einem TV-Duell präsentiert.

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Ob es ihm noch hilft? Berlusconi auf allen KanälenBild: AP

Mit einer überraschend angekündigten Steuererleichterung für Immobilienbesitzer hat Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi versucht, das letzte TV-Duell vor der Parlamentswahl für sich zu entscheiden. Der in Umfragen führende Herausforderer Romano Prodi hatte keine Gelegenheit mehr, während der Sendung am Montag (4.4.2006) Berlusconi direkt mit seinen Einwänden zu konfrontieren, da dieser das Wahlversprechen erst kurz vor Ende des mit Spannung erwarteten Schlagabtauschs preisgab.

Steuergeschenk für Hausbesitzer

Nach der Veranstaltung forderte Prodi jedoch umso mehr eine Erklärung, wie Berlusconi das Vorhaben umsetzen wolle. "Vielleicht hat er ja vor, Papiergeld zu drucken", sagte er. Auch einige Vertreter von Berlusconis Koalitionspartnern zeigten sich skeptisch. "Das ist ein Eigentor", sagte etwa Amadeo Ciccanti von der christdemokratischen UDC. Die Ankündigung sei nicht glaubhaft.

Berlusconi will jene Steuer abschaffen, die jährlich auf das erste Eigenheim von Immobilienbesitzern erhoben wird. Pro Jahr kommen durch die so genannte ICI rund 2,3 Milliarden Euro zusammen. "Für uns ist das erste Haus so heilig wie die Familie. Darum haben wir entschieden, die ICI abzuschaffen", sagte Berlusconi in dem TV-Duell. Der Urnengang ist für den 9. und 10. April angesetzt. Die Aussage könnte vor allem in den Kommunen für Aufregung sorgen, wo die Steuer ein zentrales Instrument zur Finanzierung der öffentlichen Dienstleistungen ist.

Scharfe Worte

Berlusconi warf Prodi vor, eine regelrechte Flut von Steuererhöhungen zu planen, die vor allem die Mittelklasse hart treffen werde. Prodi, Anführer eines Mitte-Links-Lagers, wies dies vehement zurück. Allerdings werde er von Berlusconi im Falle eines Wahlsieges eine desolate Finanzlage ausbügeln müssen. "Die öffentlichen Ausgaben sind außer Kontrolle", sagte er. "Dies ist eine echte Krise."

Auch in der Außenpolitik stellte der Oppositionschef einen Kurswechsel in Aussicht und kündigte an, im Falle eines Wahlsieges die italienischen Truppen aus dem Irak "so schnell wie möglich abzuziehen".

Die Kontrahenten tauschten freilich mehr als nur Sachargumente aus. Schnell wurden scharfe Worte in der aufgeheizten TV-Arena gewechselt. Während Berlusconi mehrmals fast die Nerven verlor, schaffte es sein Herausforderer, die Ruhe zu bewahren. "Bitte versuchen Sie, mich zu respektieren. Ich habe Sie auch nicht unterbrochen", sagte Prodi zu Berlusconi, als dieser seinem Herausforderer ins Wort fiel. "Eine Minute ist nicht genug", meinte Prodi, "um die Beleidigungen aufzuzählen, die ich mir vom Premierminister und seinen Leuten anhören musste: Armleuchter, Hase …" "Ich habe nie jemanden beleidigt", entgegnete Berlusconi, "und Hase ist sicher kein Wort, dass Sie von mir hören würden."

Prodi als Sieger

"Sie sprechen immer nur von der Zukunft. Aber was hat Ihre Regierung denn in den vergangenen fünf Jahren gemacht?", fragte Prodi provokant. Berlusconi warf seinem Gegner vor, ständig die Wahrheit zu verdrehen. Wiederholt redete er bei Prodis Ausführungen dazwischen, obwohl dies bei dem Duell verboten war. Als Prodi unter Bezug auf den britischen Dramatiker George Bernhard Shaw sagte, "Herr Berlusconi klammert sich an Zahlen wie ein Betrunkener an einen Laternenpfahl", rief der Medienmogul dazwischen "Respektieren Sie den Regierungschef!" Ein anderes Mal musste der Moderator Berlusconi um Ruhe bitten, als Prodi über die ausufernden Staatsausgaben sprach.

Nach Einschätzung der Medien ist das TV-Duell zwischen Berlusconi und Prodi unentschieden ausgegangen. In Wahlumfragen, die vor dem Duell vom Montag erhoben worden waren, lag das Bündnis um Prodi zuletzt zwischen 3,5 und fünf Prozentpunkten vor der Mitte-Rechts-Koalition von Berlusconi. Die Italiener wählen am 9. und 10. April ein neues Parlament. Umfragen zufolge sind 25 Prozent der Bürger noch unentschlossen, welchem Kandidaten sie ihre Stimme geben sollen. (stu)