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Bunga Bunga vor Gericht

15. Februar 2011

Italiens Premier Berlusconi muss sich von April an vor Gericht verantworten. Der Vorwurf: Sex mit einer minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch. Berlusconi beschimpft die Ermittler, seine Gegner jubeln.

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Archiv: Silvio Berlsconi während seines Berlin-Besuchs im Januar 2011 (Foto: dpad)
Berlusconi sieht Verschwörer am WerkBild: dapd

Die Mailänder Richterin Christina Di Censo hält die von der Staatsanwaltschaft zusammen getragenen Beweise für so überzeugend, dass sie das Gerichtsverfahren gegen den Regierungschef Silvio Berlusconi bereits für den 06. April angesetzt hat. Sonst übliche Anhörungen in einem vorgeschalteten Verfahren hat sie verworfen. Berlusconis Anwälte weisen die Vorwürfe gegen den 74-jährigen Konservativen zurück, der der Justiz "subversive" Absichten unterstellte. Die Staatsanwälte wollten ihn aus dem Amt jagen.

Ausschweifende Feste

Die Mailänder Staatsanwaltschaft hält es für erwiesen, dass Silvio Berlusconi im Rahmen seiner berüchtigten "Bunga-Bunga"-Parties, Verkehr mit einer damals 17-jährigen Prostituierten aus Marokko hatte. Berlusconi sagte dazu, er habe nie Sex mit dem Mädchen Ruby gehabt und schon gar nicht dafür bezahlt. Als Ruby von der Polizei wegen eines anderen Vergehens in Haft genommen wurde, hatte Silvio Berlusconi persönlich bei der Polizei angerufen und die Freilassung der Nachtklub-Schönheit erwirkt. Die Staatsanwälte sehen darin Amtsmissbrauch.

Demonstration gegen Silvio Berlusconi am 12.02.2011 in Mailand (Foto: dpa/MAURIZIO DEGL'INNOCENTI)
Proteste gegen Berlus(t)coni: Italien ist kein BordellBild: Picture-Alliance/dpa

Seit Monaten sind italienische Medien, und nicht nur die Klatschblätter, voll von Berichten über die ausschweifenden Parties, die Berlusconi in seinen Villen in Mailand und auf Sardinien auch mit ausländischen Politikern veranstaltet haben soll. In Italien werden die Feste "Bunga-Bunga" genannt, ein umgangssprachlicher Ausdruck für massenhaften Geschlechtsverkehr.

Muss Berlusconi vor Gericht erscheinen?

Ruby hatte im Januar in einem Interview zugegeben, von Berlusconi Geld erhalten zu haben für die Teilnahme an Parties. Außerdem habe er von ihr "Bunga-Bunga" verlangt, sagte sie dem Fernsehsender Sky TG24.

Prostituierte Ruby (Foto: dpa/Stefano De Grandis/LaPresse)
Ruby: Er hat mir Geld gegebenBild: picture alliance/dpa

Silvio Berlusconi, der sich nach eigener Aussage für den besten Ministerpräsidenten hält, den Italien je hatte, hat schon zahlreiche Verfahren überstanden und aussitzen können. Dabei ging es aber meistens um Vorwürfe wie Steuerhinterziehung oder Bestechung aus seiner Zeit als reichster Medienunternehmer Italiens. Das italienische Verfassungsgericht hatte im Januar ein Gesetz teilweise aufgehoben, das Berlusconi vor weiterer Strafverfolgung schützen sollte, so lange er Ministerpräsident ist. Das Immunitätsgesetz diente dazu, laufende Prozesse gegen den Milliardär auszusetzen.

Ob Silvio Berlusconi nun im April selbst vor Gericht erscheinen muss und wird, ist unklar. Seine Anwälte wollen auf jeden Fall Beschwerde gegen die Eröffnung des Prozesses einlegen. Auch das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts bietet noch einige Schlupflöcher. Wenn es "legitime" Gründe gibt, die gegen eine Aussage des beschuldigten Ministerpräsidenten sprechen, könnte das Verfahren vertagt werden.

Im Parlament verfügt Silvio Berlusconis konservatives Regierungsbündnis nur noch über eine hauchdünne Mehrheit. Ein Misstrauenvotum vor Weihnachten überstand er nur knapp. Seit Wochen wird in Italien über Neuwahlen spekuliert. Immer wieder gibt es Demonstrationen gegen Berlusconis Amtsführung. "Italien ist kein Bordell", stand am vorvergangenen Wochenende auf einem der Plakate.

Autor: Bernd Riegert (mit afp)
Redaktion: Gero Rueter