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Neue Chance für spanische Gurke in Deutschland

9. Juni 2011

Spaniens Europaminister auf erfolgreicher Mission in Berlin: Deutschland bemüht sich künftig an der Seite Madrids darum, den in der EHEC-Krise beschädigten Ruf des spanischen Gemüses wieder herzustellen.

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Eine Einkaufskiste mit Gurken, Auberginen und anderem Gemüse (Foto: AP)
Bild: AP

Madrid und Berlin wollen an einem Strang ziehen, um die wirtschaftlichen Schäden für die spanischen Gemüsebauern zu verringern, deren Gurken vor zwei Wochen zu Unrecht als Quelle der in Norddeutschland grassierenden EHEC-Epidemie genannt worden waren.

Spaniens Bauernverband verteilt am Mittwoch in Madrid 40 Tonnen Gemüse an die Verbraucher (Foto: AP)
Spaniens Bauernverband verteilt Gemüse in MadridBild: AP

Man müsse jetzt nach vorn schauen, sagte Spaniens Europaminister Diego López Garrido am Donnerstag (09.06.2011) vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Um den guten Ruf des europagrößten Gemüseproduzenten wieder herzustellen, wollten beide Regierungen künftig die Werbeaktionen und Auftritte spanischer Unternehmen dieser Branche auf Nahrungsgütermessen unterstützen. Spanien stellt vier Millionen Tonnen Gemüse im Jahr her und beliefert laut Garrido "seit 30 Jahren ohne Probleme die anspruchsvollsten Märkte der Welt". Die Gemüsebauern beklagen derzeit Schäden von 200 Millionen Euro pro Woche wegen des rapide gesunkenen Absatzes. Nach Deutschland geht normalerweise ein Viertel aller Exporte. In Madrid verschenkten am Mittwoch Bauern tonnenweise Gurken und Tomaten an die Bevölkerung.

EU-Hilfen für Gemüsebauern reichen nicht

Auf die Frage, ob seine Regierung auf Schadenersatzklagen gegen Deutschland verzichte, sagte Lopez Garrido, von solchen Klagen habe er nie gehört. Es habe ein Telefonat zwischen Regierungschef José Luis Zapatero und Kanzlerin Angela Merkel gegeben, in dem Kooperation vereinbart wurde. Der Europaminister aus Madrid verzichtete auch auf Nachfrage spanischer Journalisten auf jegliche Attacken gegenüber Berlin und machte deutlich, dass sich Spanien mehr Erfolg für die Entschädigungszahlen aus der EU-Kasse verspricht, wenn man mit dem größten europäischen Beitragszahler Deutschland zusammengeht. Die bisher beschlossene Hilfe von 210 Millionen Euro für alle europäischen Gemüsebauern sei zu gering, zumal man nicht wisse, wie lange die Epidemie anhalte.

Diese Einschätzung habe auch der deutsche Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, bei einem Treffen geteilt, sagte López Garrido. "Die EU-Kommission hat uns zugesagt, dass sie dem Haushaltsausschuss kommende Woche diese Forderungen vorlegen wird". Der Verbandschef der ebenfalls betroffenen deutschen Bauern, Gerd Sonnleitner, betonte in Berlin, die Verluste lägen europaweit bereits jetzt bei 500 bis 600 Millionen Euro.

Unternehmensklagen gegen Hamburg möglich

Das Foto zeigt das Rathaus von Hamburg (Foto: AP)
Aus dem Hamburger Rathaus kam falscher AlarmBild: AP

Klagen privater Unternehmen gegen das Bundesland Hamburg schloss Spaniens Europaminister nicht aus. Die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks habe einen Fehler gemacht, als sie ohne ausreichende wissenschaftliche Belege spanische Gurken für den Ausbruch der EHEC-Krankheitswelle verantwortlich machte, sagte er.

Das Unternehmen Frunet aus Málaga hatte am Mittwoch angekündigt, es wolle vor einem deutschen Gericht möglicherweise Schadenersatz einklagen, sobald man die Akten in Hamburg eingesehen habe und sich herausstelle, dass die dortigen Behörden mit ihrer Warnung nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Weg eingehalten hätten.

Währenddessen wurden am Donnerstag aus Norddeutschland neue Erkrankungen durch das gefährliche EHEC-Darmbakterium gemeldet. Allerdings verlangsame sich die Ausbreitung der Epidemie, hieß es aus Niedersachsen und Hamburg. Die Zahl der Toten erhöhte sich um einen auf 26. Insgesamt sind seit Anfang Mai nach Angaben des Berliner Robert-Koch-Instituts rund 2800 Menschen nachweislich an EHEC erkrankt, ein Viertel davon mit lebensbedrohlichen Komplikationen. Die Gesundheitsbehörden fahnden weiter nach dem Überträger, in Verdacht steht aktuell neben Gurken, Tomaten und Salat auch Sprossengemüse.

Autor: Bernd Gräßler
Redaktion: Bettina Marx, Hartmut Lüning