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Politik

Berlin empört über AfD-Nachwuchspolitiker

Daniel Derya Bellut
5. Oktober 2018

Der Fall Lars Steinke zeigt: Die Parteijugend der Alternative für Deutschland (JA) radikalisiert sich zunehmend. Spitzenpolitiker aus verschiedenen Parteien reagieren schockiert – auch ein AfD-Politiker nimmt Stellung.

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Lars Steinke, Straßenwahlkampf AFD
Bild: picture-alliance/dpa/S.Pförtner

Innerhalb der AfD war Armin-Paul Hampel, ehemaliger Landeschef der AfD-Niedersachen, der Einzige, der bereit war, zum "Fall Steinke" Auskunft zu geben. "Die Sprachaufnahme des ehemaligen Landeschefs der "Jungen Alternative" (JA) Niedersachsen ist in Parteikreisen bereits vor der DW-Veröffentlichung bekannt gewesen", sagte Hampel der DW. 

Hampel kennt Lars Steinke von seiner Arbeit im Landesverband. "Während meiner Zeit als AfD-Landeschef wollte ich Steinke immer loswerden. Er ist immer wieder negativ aufgefallen. Bereits im Frühjahr 2016 wurde von mir ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet", sagte er. 

AFD-Politiker Paul Hampel
Armin-Paul Hampel war von November 2013 bis Januar 2018 Landeschef der AfD in Niedersachsen. Seit Oktober 2017 sitzt er für die Partei im Bundestag Bild: picture-alliance/dpa/H.-C. Dittrich

Bei der geleakten Sprachaufnahme handelt es sich um geschichtsrevisionistische Äußerungen Steinkes zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. In der Sprachaufnahme, die der Deutschen Welle von Insidern zugespielt worden war, rechtfertigte Steinke gegenüber einem Kollegen den Überfall der Nazis auf Polen im September 1939.

In der Aufnahme heißt es: "Es ist Geschichtsfälschung, dass der Überfall als Angriffskrieg in die Geschichte eingegangen ist. Hitler war gezwungen, so zu handeln. Jeder andere Politiker hätte genau wie Hitler gehandelt und wäre einmarschiert." 

Auf Nachfrage der DW wollte sich Steinke zunächst nicht zu der Sprachaufnahme äußern. Erst nach der Veröffentlichung teilte der AfD-Nachwuchspolitiker mit: "Ich habe diese Aussage nie getätigt". Auch die AfD-Parteiführung hat auf Anfrage bisher keine Auskunft gegeben. 

"Antidemokratische Speerspitze"

zum Thema - Tagung des NSA-Untersuchungsausschus Bundestag 08.05.2014
Grünen-Politiker Konstantin von Notz: "Man kann bei Facebook nicht Millionen von User mit der AfD alleine lassen"Bild: picture-alliance/dpa

Abgeordnete aus verschiedenen Bundestagsfraktionen zeigten sich empört über die Aussagen Steinkes. Grünen-Politiker Konstantin von Notz erklärte gegenüber der DW: "Es wird immer deutlicher, dass die AfD einen völkischen Staat, und eine auf Ausgrenzung setzende Gesellschaft will. Die JA ist die Speerspitze dieser antidemokratischer und umstürzlerischer Bestrebungen innerhalb der AfD."

Auch die Linken-Politikerin Martina Renner findet, dass Steinke kein Einzelfall ist. "Er ist schlicht und ergreifend ein Neonazi. Er steht für all die extremen Rechten in der AfD, die die Partei ideologisch dominieren."

Verfassungsschutz beobachtet

Die stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Eva Högl fordert Konsequenzen sowohl für die Jugendpartei, als auch für die Mutterpartei AfD. "Es ist richtig, dass die AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" beobachtet wird. Nun ist es überfällig, dass die AfD bundesweit beobachtet wird." Der Verfassungsschutz ist in zwei Bundesländern – in Bremen und Niedersachsen – gegen die AfD-Jugendpartei aktiv geworden. 

Lars Steinke wurde bereits Anfang August in der Öffentlichkeit bekannt. Grund war die Diffamierung des Hitler-Attentäters Claus Schenk von Stauffenberg in einem Facebook-Eintrag als "Verräter" und "Feigling". Steinke verlor daraufhin den Landesvorsitz in seinem Verband Niedersachsen. Zudem wurde ein Parteiausschluss-Verfahren gegen ihn eingeleitet.

Steinke selbst rechnet nicht mit einem Partei-Ausschuss. Gegen den Verlust des JA-Landesvorsitzes will er Revision einlegen. Auch Hampel sieht geringe Aussichten auf einen Parteiausschluss Steinkes. Es sei grundsätzlich schwer, ein Parteimitglied aus der Partei auszuschließen. "Ein Schiedsgericht muss schnell handeln, aber im Fall Steinke sind bereits Monate vergangen."