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Bergbaudeal vor dem Aus

Waslat Hasrat-Nazimi31. Juli 2013

Ein Bergbau-Unternehmen aus China hatte mit Afghanistan einen Millionen schweren Vertrag über den Abbau von Kupfer geschlossen. Doch jetzt wackelt der Deal - und damit auch Afghanistans wirtschaftliche Zukunft.

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(Foto:Getty Images)
Bild: Paula Bronstein/Getty Images

Es sollte die größte ausländische Investition in Afghanistan aller Zeiten werden. Für 3,5 Milliarden Dollar hatte die chinesische, staatseigene Bergbaufirma China Metallurgical Group Corporation (MCC) die Rechte an der "Mes Aynak"-Mine in der Provinz Logar erworben. Das Bergwerk im Osten Afghanistans soll eines der größten unerschlossenen Kupfervorkommen der Welt ausbeuten. Die Rede ist von einem Wert von rund zehn Milliarden US-Dollar. Der Traumdeal steht jedoch vor dem Aus. Fast fünf Jahre sind vergangen - bisher wurde nicht ein Gramm Kupfer aus dem Fels gebrochen.

"Die schlechte Sicherheitslage ist der Grund für die Verzögerung", klagt der afghanische Bergbauminister Wahidullah Shahrani. Zudem liegen auf dem Berg die Ruinen mehrerer rund 1500 Jahre alter buddhistischer Tempel, die erst noch archäologisch gesichert werden müssten. Schnelle Gewinne sind also nicht zu erwarten: "Um ehrlich zu sein, scheint die MCC nicht sehr aktiv zu sein", meint Shahrani. Er will sich deshalb in nächster Zeit mit den Chinesen treffen, um die Zukunft der Kupfermine zu erörtern. Denn bisher hätten diese ihre Versprechen an die afghanische Regierung nicht eingelöst. Neben einer Gewinnbeteiligung regelt der Vertrag einen 808 Millionen Dollar-Bonus sowie den Bau einer Eisenbahn und eines 400-Megawatt-Kraftwerks.

Taliban wollen Schutzgeld

Zarghona Rassa von der internationalen "Extractive Industries Transparency Initiative" in Afghanistan vermutet daher, die afghanische Regierung werde den Vertrag neu bewerten, weil China seine Verpflichtungen nicht eingehalten habe. "Die Regierung ist mit der Verfahrensweise der Chinesen nicht glücklich". Rassa sagt, auch eine Kündigung des Vertrags sei nicht mehr ausgeschlossen. Jawed Noorani von der afghanischen NGO "Integrity Watch Afghanistan" sieht das ebenfalls so. Die Chinesen halten den Vertrag mit Afghanistan nicht mehr für profitabel. Die buddhistischen Schätze seien nur eine Ausrede, um mehr Zeit für Neuverhandlungen zu gewinnen. Mit den Taliban meldet sich nun auch noch eine dritte Partei zu Wort - mit unverhohlenen Schutzgeldforderungen. "Die Sicherheitslage hat sich extrem verschlechtert, die Taliban wollen Geld", sagt Noorani. Die Chinesen hätten schon zugestimmt, in die Eisenbahn, das Gas-Projekt und das Kraftwerk zu investieren und ihr Kupfer selbst abzubauen. "Nun wollen die Taliban auch noch ein Stück vom Kuchen und das ist den Chinesen doch zu viel", deshalb wollten sie neu verhandeln.

Buddhistische Statuen in einer Tempelruine in Mes Aynak (Foto: AP)
Buddhistische Statuen in einer Tempelruine in Mes AynakBild: AP

Die Sicherheit im Land und der Truppenabzug der ISAF sind auch für Wang Lian, Professor für Internationale Beziehungen mit Schwerpunkt China-Afghanistan an der Universität Peking die Hauptgründe für das mögliche Scheitern des Projekts. Die MCC sei verunsichert. "In Afghanistan kämpfen sämtliche politischen Kräfte um die Macht. Dass die MCC das Minenprojekt da nicht sehr aktiv vorantreibt, ist nachvollziehbar". Er ist sich sicher: "Sobald eine stabile Sicherheitslage in Afghanistan vorhanden ist, wird die MCC ihre Investitionsprojekte beschleunigen". Ein wirtschaftlich stärkeres Afghanistan sei auch im Interesse Chinas.

Zukunft des Bergbaus ist bedroht

Die Chinesen sind aber nicht allein: Bei der Vergabe der Schürfrechte an die Chinesen hatte es weitere internationale Interessenten gegeben. Kasachstan zum Beispiel lag gut im Rennen, wollte jedoch keine Eisenbahn bauen. Sollte Afghanistan "Mes Aynak" neu vergeben wollen, so würden die Afghanen aus einer viel schwächeren Position verhandeln müssen", gibt Stephen Carter von der internationalen Organisation "Global Witness" zu bedenken. "Scheitert der Vertrag, so ist unklar, ob eine andere Firma dieselben Bedingungen anbietet. Es wird schwierig, einen gleichwertigen neuen Deal zu ergattern". Carter ist um den afghanischen Bergbau besorgt. Afghanistan stehe jetzt an einem Scheidepunkt. Sollte das größte ausländische Projekt scheitern, könnte das enorme Folgen für neue Investitionen und somit auch für die Zukunft des Konfliktlandes haben.

Ein Mann trägt Kupferpfannen durch Afghanistans Hauptstadt Kabul (Foto:AP)
Kupfer ist ein wichtiger Rohstoff in AfghanistanBild: AP

Wirtschaftlicher Boom durch Rohstoffe

Bergbauminister Wahidullah Shahrani setzt daher weiterhin auf den Rohstoffabbau als Motor für einen wirtschaftlichen Aufschwung. "Unser Bemühen ist, dass bis Ende 2024 das Land auf eigenen Beinen steht kann". Dann sollte die Bergbauindustrie in der Lage sein, "jährlich 4 Milliarden Dollar" in den Staatshaushalt zu pumpen.

Afghanistans Bergbauminister Shahrani (li.) bei Verhandlungen mit einem chinesischen Unterhändler (Foto:DW)
Afghanistans Bergbauminister Shahrani (li.) bei Verhandlungen mit einem chinesischen UnterhändlerBild: DW

Derzeit ist Afghanistans Staatshaushalt noch zu 90 Prozent von ausländischen Hilfen abhängig. Laut afghanischen Behörden verfügt das Land am Hindukusch über Rohstoffvorkommen im Wert von mehreren Billionen Dollar; darunter auch wertvolle Ressourcen wie Seltene Erden, Lithium, Eisen, Wolfram, Kupfer, Blei oder Zink. Vor allem Lithium und die Seltenen Erden sind auch für den Industriestandort Deutschland relevant, beide werden beispielsweise in der Produktion von Magneten für Windräder verwendet. Der Bergbau ist eine willkommene Alternative zur lahmenden Wirtschaft des Landes. Ohne die Chinesen oder einen vergleichbar großen Investitionspartner könnte dieser Traum jedoch platzen.