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Neuordnung

24. Juli 2008

Gernot Erler, Staatsminister im Auswärtigen Amt, spricht im DW-Interview über eine mögliche Neuordnung der internationalen Präsenz im Kosovo, die Ergebnisse der Geberkonferenz und das deutsche Engagement vor Ort.

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Staatsminister Gernot Erler im Interview mit der Deutschen Welle (Juli 2008)Bild: Anila Shuka

DW Albanisch: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat vorgeschlagen, die internationale Präsenz im Kosovo neu zu ordnen. Die UNMIK soll Kompetenzen an die EU-Mission EULEX abgeben. Kann dies langfristig zu einer Teilung des Kosovo führen?

Gernot Erler: Nein. Es war ja klar, dass hier eine Aufgabendefinition stattfinden sollte, aber es ist ja eine horizontale Teilung und nicht eine regionale Teilung. Das heißt, es soll nur noch Residualaufgaben geben für die UNMIK, also Aspekte wie Berichterstattung, Beobachtung und natürlich die Information des UN-Sicherheitsrats. Die konkreten Aufgaben – Polizei, Justiz und Zoll – sollen eindeutig in die Verantwortung von EULEX übergehen, allerdings unter dem Schirm der UNMIK. Das ist also eine horizontale Arbeitsteilung. Es wird nicht so sein, dass es zum Beispiel im Nord-Kosovo Ausnahmen davon geben wird. Dort wird EULEX genau so schrittweise tätig werden wie in den übrigen Teilen des Landes.

Das Kosovo hat gerade Zusagen über 1,2 Milliarden Euro Finanzhilfe erhalten. Woran werden Sie in zwei Jahren den Erfolg der Verwendung dieser Gelder messen?

Zunächst einmal ist das Ergebnis dieser Geberkonferenz ein Erfolg. Es ist mehr, als erwartet worden ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Haushaltsabsicherung für zwei Jahre, einschließlich 2009, sichergestellt ist - ein großer Schritt nach vorne. Natürlich bedeutet das auch eine Selbstverpflichtung für den Kosovo. Wir haben bei der Geberkonferenz schon genau zugehört, was Ministerpräsident Thaci und andere da gesagt haben. Die haben ganz klare Ansagen gemacht, dass sie auf jeden Fall dafür sorgen werden, dass diese Gelder genau dafür ausgegeben worden, wofür sie vorgesehen sind. Der Kampf gegen die Korruption, gegen die Misswirtschaft, gegen die institutionelle Schwäche soll fortgesetzt werden. Wir hoffen natürlich, dass diesen Ankündigungen auch konkrete Taten folgen werden. Insgesamt ist das Ergebnis der Geberkonferenz eine Ermutigung für die kosovarische Politik insgesamt; aber auch für uns. Wir sollten die Stabilität der Region als wichtigstes Ziel haben.

Deutschland ist jetzt nicht mehr personell vertreten in Kosovo. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Ruprecht Polenz, hat vor kurzem angeregt, Deutschland solle sich um den Sitz des Leiters der OSZE-Mission in Kosovo bemühen. Was halten Sie von diesem Vorschlag?

Deutschland hat mit 2.700 von insgesamt 16.000 Soldaten eine große Beteiligung bei der KFOR. Auch sonst stehen wir, was Unterstützung angeht, in der vordersten Reihe. Da sollte es eigentlich auch eine Personalvertretung geben. In der Vergangenheit war das ja bekanntlich anders, manchmal waren wir da sogar auf mehreren Ebenen gleichzeitig gut vertreten. Aber ein Wechsel ist da normal. Wir sind aktuell nicht beunruhigt darüber. Mittelfristig ist es aber sinnvoll, dass es da im Kosovo eine personelle Vertretung von deutscher Seite gibt. Aber das ist kein vorrangiges Thema der deutschen Politik.

Ist das ein Zeichen dafür, dass der Balkan auf der Agenda der deutschen Außenpolitik nach unten gerückt ist?

Nein, das ist ein falscher Eindruck. Es ist eher so, dass im Kosovo die wichtigsten Entscheidungen in den vergangenen Wochen gefallen sind. Es gibt zurzeit auf der internationalen Agenda keine Beschlussnotwendigkeiten mehr. Deshalb steht die Balkanpolitik im Augenblick, was akuten Entscheidungsbedarf angeht, nicht im Vordergrund.

Das Interview führte Anila Shuka