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Politik

Behindertenbeauftragter: Wahlrecht für alle

3. Dezember 2018

Zehntausende Menschen mit Behinderung dürfen in Deutschland nicht wählen. Das müsse sich vor der nächsten Europawahl ändern, sagt der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung.

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Deutschland Bundestagswahl Stimmzettelschablone für Blinde
Bild: picture-alliance/dpa/M. Andi Weiland

Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am heutigen Montag fordert der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, eine kurzfristige Reform des deutschen Wahlrechts. Der Großteil der behinderten Menschen, die nicht wählen dürfen, werde zu Unrecht von Wahlen ausgeschlossen. "In Deutschland können derzeit ungefähr 85.000 Menschen nicht wählen, davon 81.000, die eine Betreuung in allen Angelegenheiten zur Seite gestellt bekommen habe", sagte Dusel.

Darunter fallen Personen, die Betreuung brauchen, um alltägliche Besorgungen erledigen zu können. Diese Menschen würden aber auch in Behindertenwerkstätten arbeiten und seien geschäftsfähig. "Es ist nicht akzeptabel, dass diese Menschen - ohne Prüfung des Einzelfalls - auf Bundesebene nicht wählen können", sagte Jürgen Dusel der "Rheinischen Post". Das zeige ein völlig unzeitgemäßes Menschenbild.

Veraltetes Menschenbild

Dusel fordert eine Reform des deutschen Wahlrechts noch vor der Europawahl im Mai 2019. In sieben Bundesländern können Menschen, denen eine Betreuung in allen Angelegenheiten zur Seite gestellt wird, bereits wählen. Auch die Bundesregierung aus CDU und SPD hatte sich im Koalitionsvertrag auf ein Ende des Verbots verständigt.

'Purple' baut Barrieren für Behinderte ab

Behinderte Menschen mit gesetzlichem Betreuer sind nicht die einzige Gruppe, die in Deutschland auf Bundesebene von Wahlen ausgeschlossen ist. Zusätzlich können Menschen nicht wählen, die sich im psychiatrischen Maßregelvollzug befinden, weil sie aufgrund einer Krankheit oder Behinderung schuldunfähig sind und krankheitsbedingt weitere Taten verüben könnten.

Reformbedarf auch bei privaten Unternehmen

Auch in der Privatwirtschaft sieht Dusel Reformbedarf. "Wir müssen auch private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, stärker dazu anhalten, ihre Angebote barrierefrei zu machen - das gilt vom Kino bis zur Arztpraxis", sagt der Behindertenbeauftragte.

Vorbild soll hier der öffentliche Raum sein, wo der hürdenlose Zugang bereits rechtlich geregelt ist. "Wenn wir das gesetzlich verankern, dann profitieren davon alle", so Dusel. Konkret würde das heißen, dass ein Kino nicht nur die Auflage habe, Brandschutz zu bieten, sondern auch Barrierefreiheit. Dies könne auch zum Standortvorteil werden in einer immer älter werdenden Gesellschaft, in der jeder Dritte über 65 Jahre mit einer Behinderung lebe.

dp (KNA, dpa, epd, afp)