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Deutsches "Düngemittel" für den Baseball

Heiko Oldörp
7. September 2019

In der Major League Baseball ist Max Kepler bei den Minnesota Twins auf dem Weg zum Star. Der Berliner spielt eine grandiose Saison. Das will die Liga nutzen. In seiner deutschen Heimat hingegen kennt ihn kaum jemand.

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USA Baseball Max Kepler
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Mone

Auf der Top-Ten-Liste der Homeruns in der Major League Baseball gibt es derzeit sechs US-Amerikaner, zwei Venezolaner und einen Kubaner - alles Spieler aus Baseball-Ländern also. Doch auf Position zehn ist mit Max Kepler jemand zu finden, dessen Nationalität nun irgendwie so gar nicht zu diesem Ranking passt. Denn er kommt aus Berlin. Und in Deutschland ist Baseball ein Nischensport. Der deutsche Olympische Sport-Bund (DOSB) führte den nationalen Baseball- und Softball-Verband im Vorjahr mit 22577 Mitgliedern an Position 44 - direkt hinter Fechten und einen Rang vor dem Motor-Sport-Bund. 

Dass dieser Max Kepler von den Minnesota Twins in dieser Saison trotzdem zu denen gehört, die den Baseball am besten aus Amerikas Arenen dreschen können, führt der 26-Jährige auf seine harte Arbeit zurück. Er sei, "immer am Schuften", wolle sich "immer verbessern", sagt Kepler. Aber, ergänzt er, es habe eben auch "sehr viel damit zu tun, ob man sich wohl fühlt in der Mannschaft und in der Liga." Kepler spielt seine vierte Saison in der MLB. "Zum Glück", sagt er, "habe ich jetzt schon zwei, drei Jahre mit denselben Mitspielern absolvieren dürfen. Es ist ein bisschen wie eine kleine Familie." Und eben deshalb habe man "Spaß zusammen". Und wenn man Spaß zusammen habe, dann sei alles einfacher. 

Braves Twins Baseball
Max Kepler: 36 Homeruns in der noch laufenden SaisonBild: picture-alliance/AP Photo/S. Bengs

"Schon außergewöhnlich"

In den vergangenen beiden Spielzeiten hat Kepler insgesamt 39 Homeruns geschlagen. In dieser Saison sind es bereits 36 - und es stehen noch 22 Vorrundenpartien aus. Der Mann mit der Rückennummer 26 muss ein wenig überlegen, um die richtigen Worte für seine Leistungssteigerung zu finden. Es sei "nicht schockierend", sagt er schließlich, für einen Deutschen aber "schon außergewöhnlich, als Power Hitter" in der Liga zu spielen. 

Kepler ist in der 116-jährigen Geschichte der MLB erst der zweite Deutsche. Vor ihm hatte es Donald Lutz 2013 in die Liga geschafft. Doch er konnte sich bei den Cincinnati Reds nie richtig durchsetzen. Kepler hingegen ist etabliert, nach Angaben von Twins-Trainer Rocco Baldelli "drauf und dran, ein Star zu werden" und hat im Frühjahr einen Fünf-Jahres-Vertrag über 35 Millionen Dollar unterschrieben. 

Tennis, Fußball, Baseball - Kepler kann alles

Maximilian Kepler-Rozycki wurde 1993 in Berlin geboren. Mutter Kathy, eine Texanerin, und Vater Marek, aus Polen, hatten sich in der Hauptstadt kennengelernt. Beide waren Balletttänzer an der Deutschen Oper. Ihr Sohn hatte viele Hobbys. Er spielte Tennis in der Steffi-Graf-Stiftung in Berlin-Zehlendorf. Er stand im Tor von Hertha BSC. Und er fand Gefallen am Baseball, der an der deutsch-amerikanischen John- F.-Kennedy-Schule angeboten wurde, die Kepler besuchte.

Im jungen Teenager-Alter musste er sich schließlich entscheiden und fokussierte sich fortan auf das Spiel mit dem Fanghandschuh, Schläger und dem kleinen, weißen Hartball. Kepler wechselte 2008 auf das Baseballinternat nach Regensburg. Und nur ein Jahr später unterschrieb der Berliner einen Vertrag bei den Minnesota Twins. Kepler war gerade 16 Jahre alt - und seine Unterschrift dem MLB-Klub 800.000 US Dollar wert. So viel hatte bis dahin noch kein Verein für einen Europäer gezahlt.

150 Meter Weitwurf bei den Bundesjugendspielen

Anschließend begann der harte, steinige Weg durch Amerikas Nachwuchsligen. Mit Aufstiegen und Rückschritten - und trotz allem immer dem festen Glauben, dass er es irgendwann nach ganz oben schaffen werde. Als Kepler 2015 erstmals in die MLB berufen wurde, war er für viele Mitspieler noch "The German". Jetzt hingegen spiele seine Nationalität kaum noch eine Rolle, sagt Kepler. "Ich bin einfach der Max."

USA Anaheim - Max Kepler bei Baseballspiel der Minnesota Twins gegen die Los Angeles Angeles
Früher für viele Mitspieler "The German", jetzt einfach "der Max"Bild: picture-alliance/AP Images/K. Gong

Er ist in der Offensive der erste der neun Spieler in der Schlagreihenfolge. Trainer Baldelli stellt seinen Profi mit den meisten Homeruns bewusst an den Anfang, will so von Beginn an Druck auf den Gegner ausüben. In der Verteidigung spielt Kepler als Right Fielder, also im rechten Außenfeld. Auf dieser Position braucht man vor allem einen starken Wurfarm - und den hat er. Bei den Bundesjugendspielen warf er einst 150 Meter weit.

"Nicht einen, sondern drei Schritte nach vorne gemacht"

Als im März die MLB-Saison begann, waren die Erwartungen und Ziele bei den Twins nicht sonderlich hoch, betont Kepler. "Spiele gewinnen, gesund bleiben, Spaß haben." Gesund sind sie nicht immer geblieben, Spiele haben sie trotzdem gewonnen und deshalb ist der Spaßfaktor extrem hoch. Nach 140 von 162 Vorrundenpartien ist Minnesota voll auf Playoff-Kurs, stellt die beste Offensive der Liga und hat bereits einen neuen MLB-Allzeitrekord für Homeruns aufgestellt.

Indians Twins Baseball
Aktuell der Poster-Boy der MLB: Max KeplerBild: picture-alliance/AP Images/J. Mone

Auf die Frage, ob der Saisonverlauf oder Keplers Entwicklung in den vergangenen Monaten überraschender sei, muss Tom Schreier kurz überlegen. Beides verlaufe parallel antwortet er. Schreier betreibt eine Baseball-Internetseite und begleitet die Twins das ganze Jahr über. Dass Kepler sich verbessern würde, sei zu erwarten gewesen, so Schreier - allerdings nicht in diesem Tempo. "Er hat nicht einen, sondern gleich drei Schritte nach vorne gemacht."

Personifizierter Poster-Boy

Mit seiner starken Saison ist Kepler zum Poster-Boy der MLB geworden. Die Liga will nach Europa expandieren. Und um auf dem alten Kontinent Interesse und Fans zu generieren, bedarf es eben Spieler von dort. Kepler ist dafür ideal. ESPN bezeichnete ihn bereits als "seltenen europäischen Star". Jim Small, MLB-Vizepräsident für Internationale Entwicklung, ging sogar noch weiter. Einen "Helden wie Max Kepler zu haben, ist riesig für uns", meinte Small. Er nannte den Deutschen das "Düngemittel, das uns helfen wird, damit der Sport" wachse.

Um Baseball in Deutschland populärer zu machen, will Kepler im November in Berlin, Frankfurt und Regensburg Trainingscamps für Kinder veranstalten. In Minnesota ist er auf dem Weg zum Star. Und in seiner Heimat? "Da kennt mich nur die Baseball-Community - und sonst niemand. Aber das ist sogar ganz angenehm."