1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Finanzspritze

13. Oktober 2011

Europa sucht mit Hochdruck einen Weg aus der Schuldenkrise. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will mit noch mehr Finanzspritzen Banken stärken.

https://p.dw.com/p/12r5I
EU-Kommissionspräsident Barroso bei einer Rede(Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Die Vorschläge von Kommissionspräsident José Manuel Barroso sind gleichzeitig ein Offenbarungseid. Erst Ende Juli hatten sich die EU-Regierungen bei einem Sondergipfel auf neue Maßnahmen verständigt, um die Euro-Krise einzudämmen. Doch noch bevor die Beschlüsse überhaupt in allen Ländern umgesetzt sind, ist klar, dass sie nicht ausreichen. Am Mittwoch (12.10. 2011) gab Barroso vor dem Europaparlament zu, dass "die Ansteckungsgefahr nicht eingedämmt" sei. Darum will er "die Brandmauer um den Euro verstärken".

Drastische Maßnahmen gesucht

Euro-Münzen auf EU-Flagge (Foto: dapd)
Muss der Rettungsfonds weiter aufgestockt werden?Bild: dapd

Auch wenn Barroso das bestreiten würde: Ein Schuldenschnitt Griechenlands gilt bei den meisten Experten als beschlossene Sache. Viele befürchten aber, dasselbe Schicksal könnte dann auch anderen Ländern drohen, selbst dem wirtschaftlich viel wichtigeren Italien. Doch bereits jetzt geraten europäische Banken durch mögliche Ausfälle in Gefahr.

Um sie zu retten, fordert Barroso Finanzspritzen in einem europäischen Rahmen, notfalls zwangsweise und mit staatlichen Mitteln. Doch auch der Rettungsfonds EFSF könnte bald zu klein sein, glaubt der Kommissionspräsident - obwohl gerade erst seine Ausweitung beschlossen wurde. Barroso nannte keine Zahlen; der Fraktionschef der Liberalen, Guy Verhofstadt, dagegen schon: "Die Wahrheit ist, wir müssen die Garantiesumme in der EFSF verdreifachen, mindestens verdreifachen. Sonst wird das die Finanzmärkte nicht überzeugen."

Mehr Kapital, mehr Kontrolle

Gebäude Deutsche Bank Frankfurt (Foto: picture alliance/dpa)
Mehr staatliche Kontrolle für große Banken?Bild: picture alliance/dpa

Schon jetzt ist klar, dass eine neue so drastische Erhöhung in vielen Ländern, gerade auch in Deutschland, politisch kaum durchsetzbar wäre. Und noch ringt ja das slowakische Parlament mit einer Zustimmung zum alten Beschluss, der schon jetzt als überholt gilt. Die Angst der Steuerzahler vor unkalkulierbaren Haftungsrisiken ist groß. Das gilt auch für eine neue Bankenrettungswelle. Sozialistenchef Martin Schulz schimpfte am Mittwoch (12.10.) in der Parlamentsdebatte, die Mitgliedsstaaten hätten nichts aus der ersten Krise gelernt: "Wir sind in einer Situation, dass wir drei Jahre nach der schwersten Bankenkrise wieder die Banken rekapitalisieren müssen, ohne dass in der Zwischenzeit die notwendigen Regelungen geschaffen worden wären."

Noch drastischer sieht es Rebecca Harms von den Grünen. Beim Sondergipfel am 21. Juli hätten die anwesenden Bankenvertreter wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann mehr staatlichen Einfluss verhindert, und darum müssten die Banken künftig weitestgehend kontrolliert werden. Wen die EU die Banken rekapitalisieren helfe, "dann muss die Party für diejenigen, die im Bankenbereich das Geld verdienen, vorbei sein", so Harms.

Unmut in allen politischen Lagern

Im Parlament machte sich viel parteiübergreifende Wut über außer Kontrolle geratene Finanzmärkte Luft. Doch Barrosos Rezept einer großen europäischen Antwort auf die Krise akzeptieren die meisten Parlamentarier - ihnen geht es nur um das Wie. Aber es gibt auch Kritiker. Nigel Farage von der UK Independence Party gehört zu einer wachsenden Gruppe euroskeptischer Abgeordneter, denen die ganze Richtung nicht passt. Farage hält die Währungsunion insgesamt für einen großen Fehler. Kommissionschef Barroso klagte er an: "Leute wie Sie, die die Architekten dieses Fehlschlags sind, die Architekten des Elends, das Millionen befallen hat, wollen mehr Macht."

Barroso will seine Vorschläge den Staats- und Regierungschefs beim kommenden Gipfel am 23. Oktober vorlegen. Der wurde um eine knappe Woche verschoben, um mehr Zeit für Reformüberlegungen zu haben. Doch eine Woche ist im derzeitigen Stadium der Euro-Krise eine lange Zeit.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Beate Hinrichs