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Bald Zwangspause vor dem lukrativen Job

4. Februar 2015

Vom Kanzleramt zum Autobauer, aus dem Gesundheitsministerium zum Versicherungskonzern: Künftig soll es nicht mehr ganz so schnell gehen, wenn sich Politiker Jobs in der Wirtschaft suchen. Zweifel bleiben.

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Ex-Kabinettsmitglieder Ronald Pofalla und Dirk Niebel (Archiv: Getty Images)
Bild: Getty Images/A. Berry

Beim Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft sollen Mitglieder der Bundesregierung bei möglichen Interessenkonflikten künftig eine Sperrzeit von mehreren Monaten abwarten. Das Bundeskabinett brachte dazu am Mittwoch eine Gesetzesänderung auf den Weg, die Kritikern allerdings immer noch nicht weit genug geht.

Wer innerhalb von 18 Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Amt einen Posten außerhalb des öffentlichen Dienstes annehmen will, muss dies der Bundesregierung schriftlich melden. Sieht die Regierung problematische Überschneidungen mit den bisherigen Aufgaben des Ministers oder Staatssekretärs, kann sie den Jobwechsel untersagen - in der Regel für eine Dauer von bis zu einem Jahr. In Ausnahmefällen ist auch eine sogenannte Karenzzeit von bis zu 18 Monaten vorgesehen. Die Regierung soll in diesen Fällen auf Empfehlung eines beratenden Gremiums entscheiden, das mit drei anerkannten Persönlichkeiten besetzt ist.

Alles geregelt?

Ein Regierungsmitglied muss einen möglichen Seitenwechsel schon zu einem frühen Zeitpunkt melden - sobald die Vorbereitungen dafür beginnen oder ihm ein solcher Job "in Aussicht gestellt wird". Die Vorgaben gelten für amtierende wie ehemalige Regierungsmitglieder, ebenso für Parlamentarische Staatssekretäre. Union und SPD hatten sich im Oktober nach langen und zähen Diskussionen auf diese Regeln geeinigt.

Der Seitenwechsel verschiedener Kabinettsmitglieder in Top-Posten der Wirtschaft war oft mit einem faden Beigeschmack belastet. Mehrfach schlugen die Wellen der Empörung hoch. Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (Artikelbild l.) ging zur Deutschen Bahn. Der ehemalige Entwicklungsminister Dirk Niebel (Bild r.) von der FDP sicherte sich passenderweise einen Job beim Rüstungskonzern Rheinmetall. Der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) heuerte ausgerechnet beim Versicherungskonzern Allianz an. Der ehemalige Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), ließ sich vom Autokonzern Daimler als Lobbyist anwerben.

Katharina Reiche, CDU- Abgeordnete (Archiv: dpa)
Wechselt noch ohne Auflagen in die Wirtschaft: CDU-Politikerin Reiche aus BrandenburgBild: picture-alliance/dpa

Perfektes Timing?

Und just an dem Tag des Kabinettsbeschlusses sorgte ein weiterer Fall für Aufsehen: Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Katherina Reiche (CDU), wurde vom einflussreichen Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) zur neuen Hauptgeschäftsführerin gewählt. Kritiker hielten den Wechsel für fragwürdig bis schamlos. Spötter meinten, der Absprung sei perfekt getimt.

Frist von drei Jahren gefordert

Der Organisation LobbyControl und Transparency International geht die geplante Regelung nicht weit genug. Sie fordern eine Sperrzeit von drei Jahren. Politikern müsse die Möglichkeit genommen werden, in ihrem Regierungsamt Entscheidungen im Sinne des späteren Arbeitgebers zu treffen und nach ihrem Ausscheiden mit einem hoch bezahlten Posten dafür belohnt zu werden, sagte die Transparency-Vorsitzende Edda Müller im ZDF.

SC/kle (afp, dpa, rtr)