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Nach dem Kampf kommt die Beratung

Christoph Hasselbach10. Oktober 2012

Die Angriffe afghanischer Soldaten auf ihre ISAF-Kameraden häufen sich. Und die Kampfmission nähert sich ihrem Ende. Gerade deshalb will die NATO einen kühlen Kopf behalten.

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Schulter eines Soldaten mit deutschem ISAF-Aufnäher und Gewehrkolben Photo: picture alliance / dpa
Bild: picture alliance / dpa

Es wird in Afghanistan kein Rennen zum Ausgang geben, hat NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen immer wieder gesagt. Doch vielen Ländern, die an der internationalen ISAF-Mission in Afghanistan teilnehmen, kann es mit dem Abzug ihrer Truppen gar nicht schnell genug gehen. Bis Ende 2014 sollen die Kampftruppen Afghanistan verlassen haben. Schon jetzt drücken zahlreiche Regierungen aufs Tempo. Rasmussen sprach am Mittwoch (10.10.2012) in Brüssel vom Abzug als einem "sorgfältigen und koordinierten Prozess, bei der alle ISAF-Regierungen und die afghanische Regierungen mitwirken." Es klang allerdings eher wie eine Beschwörung denn eine Feststellung. Auch der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière warnte vor einem hastigen Abzug jeder für sich. Man müsse "die Zahl der Soldaten bis 2014 abgestimmt und verantwortungsvoll zurückführen." Dabei schauten viele "auf uns als Führungsnation". Deutschland hat im Norden Afghanistans das Oberkommando und koordiniert die Kontingente von 17 Staaten.

Taliban-Taktik darf nicht aufgehen

Der Druck vieler Regierungen, ihre Truppen möglichst schnell abzuziehen, kommt auch durch die sich in letzter Zeit häufenden Angriffe afghanischer Soldaten auf die eigenen Ausbilder und Partner aus ISAF-Nationen. De Maizière nannte diese Angriffe "empörend und besorgniserregend". Er vermutet eine gezielte Taktik der Taliban dahinter, um das gegenseitige Vertrauen zu untergraben. Doch das wird laut Rasmussen nicht funktionieren: "Niemand kann einen Keil zwischen die ISAF und unsere afganischen Partner treiben." Und der amerikanische Verteidigungsminister Leon Panetta fügte hinzu: "Wir werden uns davon nicht von unserer Mission abhalten lassen. Wir sind zu weit gekommen, wir haben zu viele Schlachten geschlagen, wir haben zuviel Blut vergossen, die Aufgabe unerledigt zu lassen."

Paneta und Rasmussen stehen zusammen Photo: Reuters
Panetta, Rasmussen: gemeinsam viel Blut vergossenBild: Reuters

Nach 2014 keine Kampfmission mehr

Nach dem Ende der Kampfmission Ende 2014 will die NATO mit einer neuen Mission im Land bleiben. Sie soll die Abkürzung ITAM (International Training and Assistance Mission) tragen. Es geht also um eine Ausbildungs- und Beratungsmission. Allerdings sollen die Berater und Ausbilder militärisch geschützt werden, möglicherweise gemeinsam und nicht nach Nationen getrennt, wie das bereits heute etwa für die ärztliche Versorgung und manchen logistische Aufgaben geschieht. De Maizière sagte, "selbstverständlich" brauche die NATO für diese Mission eine Einladung der afghanischen Regierung. Man strebe außerdem ein Mandat des Weltsicherheitsrates dazu an.

Deutsche Truppen im Kosovo fühlen sich überlastet

Ein Thema, das speziell die deutsche Regierung auf die Tagesordnung gesetzt hat, ist die Lage für die NATO-Mission im Kosovo, KFOR. De Maizière hält die dort stationierten deutschen, österreichischen und italienischen Soldaten für ständig überlastet und auf Reservekräfte angewiesen. Das sei "nicht in Ordnung". Er schlug vor, Soldaten aus dem stärker befriedeten Süden des Kosovo in den unruhigen Norden zu verlegen. Dazu ist aber ein besonderer Beschluss notwendig. Er beklagte außerdem, "dass die NATO-Soldaten von der Rolle des Drittverantwortlichen in die Rolle des praktisch Erstverantwortlichen bei allen Problemen geraten sind." Als erste seien eigentlich die kosovarische Polizei, dann die europäische Polizeimission EULEX und erst in dritter Linie die NATO-Truppe gefragt. De Maizière scheint mit seinen Beschwerden Erfolg zu haben. Rasmussen sagte zu, eine Umgruppierung von Truppen im Kosovo zu prüfen.

Militär-Geländewagen mit KFOR-Schriftzug Photo: dapd
KFOR-Stützpunkt Prizren: ständig überlastetBild: dapd