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Axel Schulz: "Kinder von der Straße holen!"

Peter Wozny22. Oktober 2012

In den 1990er Jahren war Axel Schulz erfolgreichster deutscher Schwergewichts-Boxer, heute kämpft der 43-Jährige für benachteiligte Jugendliche. Über sein Engagement spricht der Ex-Profi im DW-Interview.

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Der ehemalige Berufsboxer Axel Schulz. (Foto: Jens Wolf)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Axel Schulz, früher hast Du im Boxring gekämpft, heute hilfst Du benachteiligten Jugendlichen. Wie sieht Deine Arbeit als Laureus-Botschafter aus?

Axel Schulz: Wir versuchen, Kinder von der Straße zu holen, indem wir sie begeistern, Sport zu machen und sich im normalen Leben zu bewegen. Das kann man nicht wirklich als Arbeit bezeichnen, sondern das macht wahnsinnig viel Spaß. Das ist natürlich immer ein zeitlicher Aufwand. Aber alle, die es machen, machen es gerne und mit Herzblut.

Was ist denn die Botschaft, die Du als ehemaliger Boxer rüberbringen kannst?

Die Botschaft heißt einfach: Bewegt euch, macht Sport. Geht in Sportvereine, denn es ist ganz wichtig, dass man sich als Jugendlicher daran gewöhnt, dass es im Leben ein paar Regeln gibt. Der Sport definiert klare Regeln, das heißt: Wenn ich im Fußball jemanden foule, gibt es eine Rote Karte, wenn ich im Boxen jemanden auf den Hinterkopf schlage, werde ich angemahnt und beim zweiten Mal werde ich disqualifiziert. Wir machen den Kids klar, dass im echten Leben die Konsequenzen härter sind: Wenn Du jemanden auf der Straße zusammenschlägst, gehst du in den Knast.

Ist der Boxsport denn jetzt prädestiniert für so eine Arbeit?

Boxen ist eine Einzelsportart. Man muss sich da durchsetzen. Man muss aber trotzdem nach Regeln kämpfen. Unsere Kritiker sagen: Ihr schürt ja gerade, dass die Leute Boxen lernen. Aber da sagen wir: Unsere Kids gehen dadurch mit den Fäusten um. Wir hatten einen 13-jährigen Jungen, der sich ständig auf der Straße geprügelt hatte. Seit er in einem unserer Projekte ist, prügelt er sich überhaupt nicht mehr. Er geht eben lieber zum Boxen. Hat jetzt elf Kämpfe geboxt und alle gewonnen und ist total happy.

Axel Schulz besucht das Berliner Laureus Sport for Good Projekt KICK im Boxring. (Foto: dpa)
Axel Schulz besucht das Berliner Laureus Sport for Good Projekt KICK im BoxringBild: picture-alliance/dpa

"Ohne Laureus nicht geschafft"

Gibt es denn noch mehr Geschichten, die Dich beeindruckt haben?

Etliche. Ein kleines Mädchen kam zu uns, als sie elf Jahre alt war. Ihre Familie war sozial benachteiligt und konnte ihr kein großes Vorbild sein. Sie wurde dann von den Jugendlichen im Projekt geleitet. Jetzt ist die selbst eine Führungsspielerin bei uns im Team. Und sie macht gerade Abitur und will studieren. Sie sagt: Ohne Laureus hätte sie das nicht geschafft, dann wäre sie jetzt auf der Straße.

Gibt es ein Lieblingsprojekt?

Ein Lieblingsprojekt habe ich nicht, aber Lieblingskinder und -jugendliche. Bei manchen staune ich nur, wie die sich entwickelt haben. Oft war ich erst skeptisch und dann erstaunt, was aus den Kids dann doch noch geworden ist. Erst will man sie nur von der Straße holen und dann werden sie am Ende noch gute Boxer und Vorbilder für andere.

Wenn Du jetzt so ein Projekt besuchst, ziehst Du dann selbst nochmal die Boxhandschuhe an?

Manchmal ziehe ich die Handschuhe noch an, um vor einen Sandsack zu boxen. Da bekomme ich dann auch wieder Lust. Aber ich sollte das in meinem Alter sein lassen.

"Nach Niederlagen wieder aufstehen"

Was ziehst Du für Dich persönlich aus dieser Charity-Arbeit?

Dass so was einfach ganz toll ist. Bei mir sagen viele Leute: Ja der Schulz, die Pfeife, hat ein paar Kämpfe verloren. Aber ich sage, gerade nach Niederlagen wieder aufzustehen ist ganz wichtig. Das ist nur Sport. Wichtiger ist es, im Leben durchzukommen. Deswegen sag ich: Wenn es im Leben mal nicht so läuft, steh auf, guck nach vorne und mach weiter.

Ringrichter Joachim Jacobsen (l.) bricht den Boxkampf des deutschen Schwergewichtsboxers Axel Schulz gegen den US-amerikanischen Boxer Minto am 25.11.2006 im Gerry Weber Stadion in Halle/Westfalen ab. Schulz unterlag bei seinem Comeback nach über sieben Jahren Pause in der sechsten Runde durch technischen K.O. (Foto: dpa)
Schulz (r.) verliert 2006 nach sieben Jahren Pause seinen Comeback-Kampf gegen den US-Amerikaner MintoBild: picture-alliance/dpa

Du trittst häufig in Kochsendungen auf und hast auch schon ein Kochbuch veröffentlicht. Du bist ein Botschafter für gesundes Essen. Warum?

Weil auf dem Gebiet viel Bedarf besteht. Wir müssen daran arbeiten, dass gutes Essen nicht teuer sein darf. Wenn Du alles frisch machst, ist es ja doch ein wenig teurer, als Fastfood zu futtern. Insofern bin ich dafür, gesundes Essen zu subventionieren.

"Klitschkos dominieren alles"

Wie schätzt Du die aktuelle Situation im Profiboxen, speziell im Schwergewicht ein?

Die Klitschkos dominieren natürlich im Moment alles. Da die passenden Gegner zu finden, ist schwierig, weil der Boxnachwuchs sich anders entwickelt hat. Die Kids wandern zum Basketball oder zum Fußball ab, in den USA zum Rugby. Jetzt fehlen da ein paar, die sich durchbeißen können. Boxen ist ein Einzelsport und ehe Du wirklich oben bist, brauchst Du eine Weile und du brauchst ein gutes Management. Man kann den Klitschkos jetzt keine Vorwürfe machen. Die boxen alles, was da ist. Aber im Moment ist nichts da. Wladimir hat jetzt endlich mal wieder einen ganz guten Kampf gegen Mariusz Wach aus Polen. Der ist 2,02 Meter groß, also ein bisschen größer als Wladimir und schwerer. Außerdem ist Wach noch jung. Der hat Biss, das wird ein ganz spannender Kampf.

Jetzt sind die Klitschkos nicht mehr so jung, siehst Du in Zukunft wieder etwas mehr Abwechslung beim Schwergewicht?

Die Klitschkos vertreten das Schwergewicht wirklich sehr gut, das muss man auch mal sagen. Aber es ist einfach kein dauerhafter Rivale da. Das ist schade. Aber wir haben ja noch andere Gewichtsklassen und da ist richtig was los.

Wird es denn in absehbarer Zeit mal wieder einen deutschen Champion im Schwergewicht geben?

Ich würde die Daumen drücken und wenn ich einen kennen würde, würde ich ihn motivieren. Aber im Moment sehe ich keinen Schwergewichtler, der was reißen könnte.